Lupe legt Fokus auf DNA-Bestandteil.© Andrii Yalanskyi / iStock / Getty Images Plus
Der Besitz zweier Kopien der Genvariante rs2549794 hat die Überlebenswahrscheinlichkeit um bis zu 40 Prozent erhöht.

Selektion

BESONDERE GENE SCHÜTZTEN VOR DER PEST

Es war das schlimmste Sterbeereignis der Geschichte: Zwischen 1346 und 1350 tötete das Bakterium Yersinia pestis die Hälfte der europäischen Bevölkerung. Nun fanden Forscher heraus: Menschen, die aufgrund ihrer Gene die Krankheit bevorzugt überlebten, haben heute eine besondere Anfälligkeit für Autoimmunerkrankungen.

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In nur fünf Jahren hatte der „Schwarze Tod“, wie die Pest auch genannt wurde, 50 Prozent der Bevölkerung dahingerafft, nachdem sie sich über den Nahen Osten und Nordafrika nach Europa ausbreitete. Diese hohe Sterblichkeit deutet darauf hin, dass das Immunsystem der Menschen damals nur wenig Widerstandskraft gegen die Infektionskrankheit hatte.

Anders war es dann bei den Pestausbrüchen, die in Wellen über die nächsten 400 Jahre passierten. Da ging nämlich die Sterblichkeitsrate deutlich zurück. Warum war das so? Es könnte auf eine genetische Anpassung der Menschen, eine Art Selektion zurückzuführen sein.

Natürlich ist das schwierig zu beweisen, denn die Menschen zwischen heute und damals waren ja auch noch anderen Ausleseprozessen ausgesetzt. Aber dennoch: Luis Barreiro und seine Kollegen von der McMaster University in Hamilton schauten sich das einmal genauer an.

Wissenschaftler extrahierten 674 Jahre alte DNA

Dazu analysierten sie 516 DNA-Proben von Menschen, die vor, während oder kurz nach dem Ausbruch der Pest in London und Dänemark gestorben waren. Das war durch Zuordnungen von historischen Auszeichnungen und Datierungen möglich. Und die Proben umfassten dabei auch Menschen, die genau zwischen 1348 und 1349 der Krankheit erlagen – also genau während ihres Höhepunktes.

Dabei waren besonders die genetischen Varianten für die Forscher wichtig, deren Häufigkeit durch den Selektionsdruck der Pest erhöht wurde – und mit einer verstärkten Überlebenswahrscheinlichkeit verbunden war. Vier Gene erfuhren dabei besondere Betrachtung. Sie hatten entweder eine erhöhte Anfälligkeit oder aber eine besondere Widerstandskraft gegen den Pesterreger.

Das Gen ERAP2 spielte dabei eine Rolle bei der Erkennung von Krankheitserregern durch das Immunsystem. Menschen, die zwei Kopien einer bestimmten genetischen Variante von ERAP2 mit der Bezeichnung rs2549794 besitzen, können vergleichsweise viel des Proteins produzieren, das diese Funktion vermittelt.

rs254794: Doppelt hält besser

„Wenn ein Makrophage auf ein Bakterium stößt, zerkleinert er es in Stücke, um sie anderen Immunzellen zu präsentieren und damit zu signalisieren, dass eine Infektion vorliegt“, erklärte Barreiro. „Der Besitz der produktiven Version des Gens scheint einen Vorteil zu schaffen, wahrscheinlich durch die Verbesserung unseres Immunsystems, den eindringenden Erreger zu erkennen.“

Anders ausgedrückt: Der Besitz von zwei Kopien der Variante rs2549794 hat die Wahrscheinlichkeit, den Schwarzen Tod zu überleben, um 40 Prozent erhöht.

Leider aber machte die Genvariante das Immunsystem anscheinend hyperaktiv. Was im Mittelalter eine Supersache war – denn so konnten zahlreiche Krankheitserreger eliminiert werden, „ist unter den heutigen Bedingungen vielleicht nicht mehr so hilfreich“, sagt Co-Autor Hendrik Poinar von der McMaster University. Denn so richtet sich das Immunsystem gegen sich selbst, weil es wegen der heutigen Hygienebedingungen nicht mehr so viel gegen äußere Feinde tun muss.

Die Forschung formuliert das so: „Wie sich zeigt, sind Einblicke darin möglich, wie vergangene Pandemien - wie die Pest - zu unserer heutigen Krankheitsanfälligkeit beitragen.“ Die Wissenschaftler bleiben weiterhin auf ihrer Spur, möchten nun nachweisen, welche Signalwege und Gene betroffen waren. Denn das könne zum Verständnis beitragen, wie Menschen sich im Laufe der Zeit anpassten und noch heute existieren.

Quelle: https://www.wissenschaft.de/gesundheit-medizin/die-pest-hat-unser-erbgut-gepraegt/#

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