In zwei Martinigläsern befindet sich ein roter Drink, garniert mit Cranberries oder roten Johannisbeeren und Tannenzweigen. Die Beeren und Zweige liegen auch auf dem Tisch, im Hintergrund steht ein Cocktailshaker.© Lilechka75 / iStock / Getty Images Plus
James Bond trinkt seinen Martini lieber geschüttelt als gerührt, damit der Drink im Shaker möglichst lang mit den Eiswürfeln in Kontakt kommt und abkühlt. Bei einer Omeprazol-Suspension dient das Schütteln hingegen der gleichmäßigen Durchmischung.

Rezeptur – Mischen possible

GESCHÜTTELT, NICHT GERÜHRT – OMEPRAZOL-SAFT FÜR KINDER

Neben dem Beratungsgespräch im Handverkauf gehört die Rezeptur für PTA zum wichtigsten pharmazeutischen Handwerkszeug. Lea Brachwitz leitet das Rezeptur-Team der Engel Apotheke in Darmstadt. In unserer Serie „Rezeptur – Mischen possible“ gibt sie Tipps, wie Sie mit schwierigen Rezepturen umgehen können.

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Der Blick in den Kalender bestätigt: Das Jahr neigt sich dem Ende zu, es ist Dezember. Für viele beginnt eine der schönsten Zeiten, die aber durchaus auch mit ziemlich viel Stress verbunden sein kann. Diskutieren, ob ein Weihnachtsbaum noch tragbar ist, wo mit wem gefeiert wird, ob jeder noch Geschenke bekommt, wenn ja, für welchen Betrag, und die Frage aller Fragen: Was gibt es zu essen?

Essen und Trinken wird es definitiv geben, meistens sogar von allem zu viel: zu fettig, zu süß, zu viel Alkohol und im Gegenzug zu wenig Schlaf und Bewegung. Dann dauert es meistens nicht lange und unser Magen meldet sich mit Krämpfen, Sodbrennen und Völlegefühl zu Wort. Dankenswerterweise müssen wir nicht zu Kannen voller Kamillen- oder Pfefferminztee greifen, sondern können aus einem reichen Vorrat an Arzneimittel, pflanzlichen wie synthetischen Ursprungs, schöpfen. Zu letzteren gehören auch Pantoprazol oder Omeprazol. Diesen so genannten Säureblockern, auch Magenschutz oder besser Protonenpumpeninhibitoren (PPI) genannt, möchte ich heute besondere Aufmerksamkeit schenken.

Protonenpumpeninhibitoren als Magenschutz

Seit ein paar Jahren nun sind unter anderem diese beiden Wirkstoffe mit zwanzig Milligramm (mg) pro Kapsel oder Tablette und bis zu einer Stückzahl von vierzehn Stück pro Abpackung rezeptfrei in der Apotheke zu erwerben. Ideal für alle, die mal essenstechnisch über die Stränge geschlagen haben oder die zwischen den Jahren keinen Termin beim Arzt bekommen haben und diese Zeit überbrücken müssen, bevor sie ihre Beschwerden untersuchen lassen können. Es geht aber auch immer mehr die Empfehlung dazu, bei langer Schmerzmittelverwendung einen PPI zu verwenden. Ob das immer sinnvoll ist, kann man diskutieren, darum soll es heute aber nicht gehen.

Vielmehr um einen Personenkreis, der mit überschießender Magensäureproduktion zu kämpfen hat, die nicht auf übermäßigen Genuss von Zucker, Fett oder Alkohol zurückzuführen ist. Dieser Personenkreis führt auch (noch) keinen stressigen Lebenswandel. Schon gar nicht kann man diesen Personen sagen, mach doch mal das oder lass jenes, um deine Beschwerden zu lindern. Es geht um Kinder und Babys mit teilweise angeborenem Reflux und den daraus resultierenden Folgeerkrankungen.

Reflux bei Kindern: immer ein Fall für den Arzt

Kinder gehören mit diesen Beschwerden natürlich immer unter ärztliche Beobachtung. Äußern Eltern in der Apotheke den Verdacht, dass ihr Kind unter Reflux leidet,  ist das auf keinen Fall etwas, was zur Selbstmedikation gehört. Der Kinderarzt muss die Ursachen abklären und kann entsprechend Arzneimittel verordnen.

Keine PPI-Fertigarzneimittel für Kinder

Doch was nun? Wie bekommt man denn jetzt einen passenden Wirkstoff in den kindlichen Organismus? Omeprazol ist zum Beispiel erst ab dem vollendetem zwölften Lebensmonat zu gelassen und bei einem bestimmten Körpergewicht. Die nächste Schwierigkeit ist die Applikationsart: PPI gibt es als Kapseln oder Tabletten. Spätestens jetzt ist jedem klar, wir haben ein Problem. Der Patientenkreis ist so klein, dass sich noch kein pharmazeutisches Unternehmen an kindgerechte Versionen von PPI herangemacht hat, nichtsdestotrotz muss Abhilfe geschaffen werden.

Achtung, nicht jedes Fertigarzneimittel kann man öffnen, mörsern oder auflösen!

Sind die Kinder groß genug und sonst körperlich und geistig gesund, besteht bei manchen Präparaten die Möglichkeit, die Kapsel zu öffnen oder die Tablette aufzulösen. Diese Variante hat jedoch auch ihre Haken. Wer mal kleine Kinder beobachtet hat, weiß, wie sensibel siee auf Essen reagieren können – sind zu viele Krümel drin, wird es ausgespuckt. Und was ist auch mit Kindern, die nicht nur unter Reflux leiden, sondern auch andere Einschränkungen haben, zum Beispiel Schluckstörungen oder Spasmen, und die ihre Nahrung über eine Magensonde erhalten? Nicht alle Kapseln dürfen geöffnet, nicht alle Tabletten aufgelöst. Das liegt häufig daran, dass der Durchmesser der Sonde zu klein ist, die Partikel der Arzneistoffe zu groß, es zu  Verklebung kommen könnte oder nicht mit ausreichen Flüssigkeit nachgespült werden kann.

Gerade bei Omeprazol, ob über eine Sonde oder peroral eingenommen, kommt hinzu, dass der Wirkstoff selbst sehr säureempfindlich ist und vor dem Magensaft geschützt werden muss. Hier haben wir auch mal wieder eine Kostenfrage, denn PPI dürfen nur in besonderen Arzneiformen aufgelöst werden, den sogenannten MUPS, also Multi Unit Pellet Systemen. Bei diesen ist die Galenik so, dass der Wirkstoff selbst noch einmal in viele winzige Untereinheiten verkapselt ist und so vor Magensäure geschützt ist. Nachteil: Sie sind so teuer, dass selbst für Kinder eine zum Teil hohe Eigenbeteiligung unumgänglich ist.

Omeprazol-Rezeptur aus dem NRF

Zum Glück hat sich schon mal jemand den Kopf darüber zerbrochen und hat für solche Fälle eine Omeprazol- Suspension entwickelt, die allerdings in ihrer Ursprungsrezeptur schon lange nicht mehr benutzt wird, sondern weiter entwickelt wurde. Trotz allem möchte ich ihre Vor- und Nachteile beleuchten, schließlich findet sie sich im Neuen Rezeptur-Formularium (NRF) beziehungsweise im Deutschen Arzneimittel-Codex (DAC) wieder. Auffällig ist jedoch, dass sie keine NRF-Nummerierung hat. Kommen wir zur Zusammensetzung:

Omeprazol-Suspension 2 mg/ml zum Einnehmen und für Magensonden:
Omeprazol 0,2 g
Natriumhydrogencarbonat 8,4 g
gereinigtes Wasser zu 100 ml

Lagerungsort ist der Kühlschrank und die Haltbarkeit ist auf zwei Wochen festgelegt. Das enthaltene Carbonat soll als Puffer fungieren und dem Omeprazol die Chance geben verstoffwechselt zu werden und nicht direkt komplett zersetzt zu werden.

Jetzt zeigt sich wieder, dass PPI als Substanzen selbst vor der Magensäure geschützt werden müssen. Das unangenehme an dieser Rezeptur ist ihr durchaus bitterer und salziger Geschmack, der auch nicht gut zu kaschieren ist, was die Einnahme deutlich erschwert. Selbst wenn der Name der Rezeptur behauptet, die Anwendung mit einer Sonde sei möglich, sind das Sondenmaterial  und Carbonate nicht immer kompatibel. Vor allem bei sehr jungen Kindern und Babys besteht die Schwierigkeit, dass zuviel Flüssigkeit zum Spülen der Sonden notwendig ist und das Verdauungssystem überlastet werden kann.

Rezeptur mit Suspensions-Pulver

Da wir nur in den seltensten Fällen die Krankengeschichten unsere jüngsten Kunden und Kundinnen kennen, sind wir in unserem Team mit der Filialleitung und der leitenden Rezepturapothekerin übereingekommen, Omeprazol-Suspensionen immer nach einer anderen Vorgehensweise herzustellen. Bei dieser Zusammensetzung ist eine orale wie auch eine Gabe über eine Sonde ohne weiteres möglich. Wir haben diese Rezeptur natürlich nicht selbst entwickelt, aber dankenswerterweise hat sich die Firma Fagron da Gedanken gemacht und stellt den Apotheken ein komplettes Herstellungsset, bestehend aus einer bestimmten Menge Omeprazol und SyrSpend® SF Alka Pulver, zur Verfügung – inklusive Herstellungsanweisung und Applikationshilfen für den Anwender.

SyrSpend®SF Alka enthält vorverkleisterte Stärke um die Viskosität zu erhöhen und Calciumcarbonat, welches der Suspension einen pH-Wert von über 7 verleiht. Die gesamte Suspension ist recht geschmacksneutral. Wenn regelmäßig große Mengen hergestellt werden, ist es jedoch kostengünstiger, die Bestandteile einzeln und in größerer Menge zu bestellen, nicht als Set.

Einfach zusammenschütte(l)n

Die Herstellung ist eine der leichtesten, die wir in der Apotheke haben: einwiegen, suspendieren durch Schütteln, kontrollieren, ob keine Pulvernester übrig geblieben sind, und fertig. Keine Sorge, ich erkläre es natürlich trotzdem gerne, denn ich denke nicht, das alle Apotheken es so häufig herstellen wie wir. Wir versorgen nämlich unter anderem eine Einrichtung, die Eltern mit schwerstbehinderten Kindern unterstütz. Wir stellen für diese Kinder in der Regel zwei Stärken her, Omeprazol-Suspension mi zwei Milligramm pro Milliliter (mg/ml) und mit 5mg/ml, wobei die letztere die häufigere ist.

Für die Kinder, die betreut werden, wird die fertige Suspension in Braunglasflaschen abgefüllt und ohne Applikationshilfen abgegeben, denn die Pflegenden haben ihre eigenen Applikatoren oder Systeme. Alle anderen bekommen einen, an die jeweilige Dosis angepassten, Spritzeneinsatz und passende Spritzen dazu. Pro 50 ml geben wir in der Regel eine Spritze mit, mit dem Hinweis, dass die Spritze regelmäßig gründlich gereinigt und nach 50 ml ausgetauscht werden soll.

Herstellung der Omeprazol-Suspension Schritt für Schritt

Kommen wir jetzt zur Suspensions-Herstellung. Als erstes müssen wir uns um das Wasser kümmern, verwendet wird Aqua purificata. Wir bestellen es beim Großhandel und kochen es noch einmal ab. Dann muss es natürlich auf Raumtemperatur abgekühlt sein, denn zu viel Hitze verträgt das Omeprazol nicht.

Dann nehmen wir uns entweder das Herstellungsset beziehungsweise die Wirk- und Hilfsstoffe zur Hand, also Omeprazol, SyrSpend® SF Alka Pulver und das abgekühlte gereinigte Wasser. Wir stellen jetzt folgende Zusammensetzung her:

Omeprazol-Suspension 5 mg/ml nach Fagron
Omeprazol 0,5 g (Korrekturfaktor nicht vergessen)
SyrSpend® SF Alka Pulver 6,3 g
gereinigtes Wasser zu 100 ml, das entspricht 95,41g

Bei uns hat sich folgende Herstellung eingebürgert: Die Pulver werden jeweils auf ein Kartenblatt aus Papier eingewogen, dann wird eine 100 ml-Braunglasflasche auf die Waage gestellt und tariert. Wird zum Überführen der Pulver in die Flasche ein Trichter verwendet, muss das natürlich berücksichtigt werden. Als erstes kommt das SyrSpend® in die Flasche, dann folgt das Omeprazol; jetzt kann schon mal etwas geschüttelt werden, um die Pulver zu mischen. Portionsweise wird jetzt das Wasser zugegeben und zwischendurch muss kräftig geschüttelt werden. Mit Hilfe eines dünnen Glasstabes kann der Flaschenboden auf Pulvernester untersucht und diese aufgelöst werden. Das restliche Wasser wird ergänzt und das letzte Mal kräftig geschüttelt.

Je nach Kunde bekommt die Flasche den entsprechenden Aufsatz oder eben nicht. Schließlich wird etikettiert und dokumentiert, fertig ist Omeprazol-Suspension 5 mg/ml. Omeprazol-Suspension mit 2 mg/ml wird nach gleichem System hergestellt, nur mit 0,2g Omeprazol.

Zwei Wochen im Kühlschrank

Bis zur Abholung wird die Suspension im Kühlschrank aufbewahrt, das sollten die Kunden genauso handhaben Bekommt ein Kunde größere Mengen, füllen wir diese, wenn gewünscht, in mehrere kleine Flaschen ab, um mit der Haltbarkeit zu verbessern: Auf Nachfrage bei Fagron und dem NRF haben wir uns auf eine Aufbrauchsfrist von zwei Wochen nach Anbruch geeinigt, bei kontinuierlicher Lagerung im Kühlschrank. Bitte den Kunden daran erinnern, vor der Applikation zu schütteln!

Omeprazol-Suspension: die pharmazeutische Schneekugel für zu Hause.

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