Resistenzen
AKUTE ATEMWEGSINFEKTE - ABWARTEN STATT ANTIBIOTIKA?
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Eine aktualisierte Übersicht über verschiedene Studien zum Antibiotikaeinsatz bei Atemwegsinfekten könnte Hinweise geben, wie Antibiotika sinnvoller zum Einsatz kommen könnten. Gerade in der aktuellen angespannten Liefersituation sind das gute Nachrichten.
Australische Wissenschaftler haben in der aktuellen Cochrane Review zwölf Studien mit insgesamt über 3700 Teilnehmern einbezogen und stießen auf Überraschendes.
Abwarten und Tee trinken?
Die Studien untersuchten, ob eine sofortige Einnahme eines Antibiotikums gegenüber einer um 48 Stunden verzögerten oder diese gegenüber gar keiner Anwendung Vorteile hat. Grob zusammengefasst: Bei den meisten Erkrankungen machte ein Antibiotikum keinen nennenswerten Unterschied. Viele Atemwegserkrankungen besserten sich auch von selbst wieder.
Ein Punkt fiel besonders auf. Stellten die Ärzte ein Rezept über ein Antibiotikum aus mit dem Hinweis, es erst nach 48 Stunden einzunehmen, sollten sich die Beschwerden nicht bessern, begonnen nur 29 Prozent die Antibiose. Ohne den Hinweis lösten die Betroffenen das Rezept zu 93 Prozent ein. Auf die Patientenzufriedenheit hatte der Einnahmezeitpunkt des Antibiotikums aber keinen großen Einfluss: 88 Prozent waren mit ihrer verzögerten Therapie zufrieden, 90 Prozent mit der sofortigen.
Antibiotikum nicht immer besser
Erstaunlich: In einigen Studien fanden sich zwar leichte Vorteile der sofortigen Einnahme in Bezug auf schnellere Fieber- oder Schmerzfreiheit, in vielen machte es aber gar keinen Unterschied. Bei Husten beispielsweise zeigten vier Studien keinen positiven Einfluss einer Antibiotikatherapie auf Krankheitsdauer und Symptome. Bei einem grippalen Infekt verkürzte eine verzögerte Gabe eines Antibiotikums häufiger Hustendauer, Schmerzen und Fieber. Die sofortige Anwendung brachte aber keinen Zusatznutzen.
Bei Halsschmerzen und Mittelohrentzündung gehen die Studienergebnisse etwas auseinander. Von den vier berücksichtigten Untersuchungen fanden zwei leichte Vorteile, wenn ein Antibiotikum eingenommen wurde, eine davon stützt sogar die sofortige Gabe. Die anderen beiden Studien konnten keine Vorteile einer antibiotischen Therapie feststellen.
Bei Halsentzündungen allerdings scheint eine schnelle Behandlung mit Antibiotika am ehesten gerechtfertigt, denn hier sind die Betroffenen häufig eher schmerzfrei als unter verzögerter oder gar keiner Antibiose.
Kompromiss gegen Resistenzen
Die Autoren finden in Anbetracht der zunehmenden Resistenzen gegen gängige Antibiotika einen Kompromiss sinnvoll. Dem Vorschlag nach sollen Ärzte ihre Patienten zunächst ohne eine Verordnung nach Hause schicken mit der Bitte, bei Fortbestehen der Beschwerden nach zwei Tagen wiederzukommen.
In den Fällen, in denen der Betroffene auf einem Rezept besteht, ist der Hinweis angebracht, erst nach 48 Stunden mit der Therapie zu beginnen. Das spart Antibiotika und könnte kurzfristig den bestehenden Lieferengpässen sowie langfristig der Entstehung von Resistenzen entgegenwirken.
Quellen:
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/abwarten-spart-antibiotika-ein-143453/
Geoffrey KP Spurling, Liz Dooley, Justin Clark, Deborah A Askew: “Immediate versus delayed versus no antibiotics for respiratory infections”, Cochrane Database of Systematic Reviews, 4. Oktober 2023. https://www.cochranelibrary.com/cdsr/doi/10.1002/14651858.CD004417.pub6/full
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2023/10/10/bei-atemwegsinfekten-antibiotikum-gleich-spaeter-oder-gar-nicht