Muskelzittern
ELEKTRODEN-IMPLANTATE GEBEN TREMOR-PATIENTEN HOFFNUNG
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Menschen mit neuromuskulären Erkrankungen leiden oft an Muskelzittern, das auf Fehlimpulse der Nervenzellen zurückgeht. Die Fraunhofer-Gesellschaft für angewandte Forschung hat eine vielseitig einsetzbare Plattform neuronaler Schnittstellen entwickelt. Sie ist Teil des von der EU geförderten Verbundprojekts EXTEND.
Ein kompakter Controller am Gürtel oder unter der Jacke, ein paar unauffällige Textilelektroden an Armen und Beinen, drei Zentimeter lange und knapp einen Millimeter dünne Elektroden, die im Muskel platziert werden – mehr ist nicht nötig, um Menschen mit Tremorerkrankungen in Zukunft zu helfen, sagen die Wissenschaftler.
Wie Implantate einen Tremor beruhigen
Immer, wenn das Muskelzittern einsetzt, sendet das System elektrische Signale an die Elektroden in den Muskeln. Sie stimulieren die Muskulatur, was vom Nervensystem registriert wird. Dieses schickt dann keine Störsignale mehr in die Muskeln – woraufhin sie sich wieder beruhigen.
„In Versuchen mit Patientinnen und Patienten ist es uns gelungen, das Muskelzittern deutlich zu reduzieren“, erklärt Andreas Schneider-Ickert, Projektleiter für Aktive Implantate und Innovationsmanager.
Intelligente Computer senden Stimuli via drahtloser Kommunikation
Zentral geht es um die Implantate. Stimuli mittels Implantaten gibt es zwar schon, doch sind sie bisher mit komplexen chirurgischen Eingriffen verbunden, die für die Patienten eine erhebliche Belastung bedeuten. Die Implantate hier werden aus biokompatiblem Platin-Iridium und Silikon gefertigt und über einen Katheter in den Muskel injiziert.
Das ganze Konstrukt ist drei Zentimeter lang und einen Millimeter dick – und es verfügt an beiden Enden über eine Elektrode, die jeweils sowohl als Sensor als auch als Aktor funktionieren kann. „Innovativ ist nicht nur das intelligente Zusammenspiel zwischen Steuerelektronik, Sensoren und Aktoren, sondern auch das Prinzip, den Wechselstrom zu modulieren, um Daten zu übermitteln“, sagt Schneider-Ickert.
Das Besondere: Sogar Menschen mit Rückenmarksverletzungen könnten davon profitieren. Denn die Technik dahinter verknüpft die implantierten Elektroden mittels externer Computer zu einem intelligenten Netzwerk. Die Komponenten kommunizieren drahtlos miteinander, tauschen Daten aus und senden gezielt Stimuli in die Muskulatur.
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Warum die Muskeln durch die Implantate aufhören zu zittern
Schon beim ersten Anzeichen von Muskelzittern reagieren die Sensoren und geben die Informationen an die externen Komponenten weiter. Dann erfolgt das Feedback; über einen Regelkreis wird dem Tremor mittels Stimulation entgegengewirkt. Das Nervensystem registriert diese Stimulation im Muskelgewebe und reagiert darauf, indem es die Befehle einstellt, die das Muskelzittern auslösen.
Die Methode funktioniere in klinischen Versuchen erstaunlich gut, sagt Schneider-Ickert. Meistens reicht es schon, die Patienten für ein oder zwei Stunden mit Stimuli zu versorgen, um die Tremor-Symptome für einen längeren Zeitraum zu reduzieren. Da die Symptome oftmals an beiden Armen und Beinen auftreten, kann über die Elektroden ein verteiltes Sensorik-Netzwerk erstellt werden, das in Echtzeit reagiert – der Mensch nimmt keine Verzögerung wahr; das System ist somit alltagstauglich.
Intelligente Exoskelette für Menschen mit Lähmungen
Nach diesen ersten erfolgreichen Tests will das Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik das in EXTEND entstandene Know-how weiter ausbauen. Große Hoffnungen auf die Technologie-Plattform setzen die Wissenschaftler auch bei Menschen mit Rückenmarksverletzungen. Ihnen kann durch motorisierte Exoskelette geholfen werden.
Das ist deshalb möglich, weil die Nervenstränge bei Lähmungen oftmals nicht vollständig gekappt sind – sie leiten immer noch schwache Signale an das Gehirn. Die Sensoren in den Muskeln registrieren die Aktivität und leiten sie an den Controller weiter. Der schließt dann aus den empfangenen Daten, welche Bewegung der Mensch ausführen will, woraufhin er die entsprechenden Prothesen aktiviert.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft