Aufgeschlagenes Impfbuch auf der Seite mit der Masernimpfung© Astrid860 / iStock / Getty Images Plus
In der EU greift das Masernvirus um sich. Um das Virus einzudämmen, empfiehlt die EU-Gesundheitsbehörde ECDC den europäischen Ländern unter anderem, hohe Impfquoten zu erreichen oder beizubehalten und die Impf-Akzeptanz in der Bevölkerung zu fördern.

Kinderkrankheiten

MEHR MASERNFÄLLE IN DER EU BEFÜRCHTET

Nach einer Pandemie-Verschnaufpause greift das Masernvirus wieder stärker um sich. EU-weit hat es im Januar und Februar mindestens sieben Todesfälle verursacht. Wie sieht die Lage in Deutschland aus?

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Die Zahl neuer Maserninfektionen in der EU wird in den kommenden Monaten vermutlich weiter steigen. Das geht aus einem Bericht hervor, den die EU-Gesundheitsbehörde ECDC veröffentlichte. Nach mehreren Jahren mit wenigen Fällen habe es 2023 wieder mehr Masern-Meldungen gegeben.

Die Gründe für den erwarteten weiteren Anstieg sind laut ECDC unzureichende Impfquoten in einigen Ländern, aber auch saisonal bedingte Trends sowie die Einschleppung von Fällen aus Drittländern.

Masern-Ausbreitung in der EU eindämmen

Im Januar und Februar 2024 seien bereits sieben vom Masernvirus verursachte Todesfälle in der EU gemeldet worden – sechs in Rumänien und einer in Irland, berichtete das ECDC. Um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, empfiehlt die Gesundheitsbehörde den europäischen Ländern unter anderem, hohe Impfquoten zu erreichen oder beizubehalten und die Impf-Akzeptanz in der Bevölkerung zu fördern.

Seit 2023 war ein Anstieg an Masernfällen in Europa beobachtet worden – wenn auch deutlich unter dem Niveau einiger früherer Jahre. Unter anderem Rumänien, Österreich und Frankreich meldeten vermehrt Ausbrüche. Insgesamt wurden 2361 Fälle registriert. 

Auch hierzulande vermehrt Fälle – Inzidenz bleibt aber niedrig

In Deutschland wurden 2023 insgesamt 80 Fälle gemeldet. Im noch jungen laufenden Jahr sind es bereits 51 Nachweise (Datenstand 15. Februar), wie aus einer Datenbank des Robert Koch-Instituts (RKI) hervorgeht. In den Pandemie-Jahren 2020 bis 2022 war die Zahl der Masern-Meldungen sehr niedrig gewesen. Die Inzidenz blieb laut RKI unter der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) geforderten Inzidenz von einem Fall pro einer Million Einwohner. Als Grund gelten die international getroffenen Maßnahmen gegen das Coronavirus, die auch die Verbreitung einiger weiterer Infektionskrankheiten hemmten.

Die aktuelle Entwicklung ist in etwa vergleichbar mit den Jahren vor der Pandemie. Stella Kyriakides, EU-Kommissarin für Gesundheit, nannte den erneuten Anstieg von Masernfällen in Europa „besorgniserregend“ und fügte hinzu:

„Die gute Nachricht ist, dass es sich um eine Krankheit handelt, die durch Impfungen verhindert werden kann und dass in der EU viele sichere und effektive Impfstoffe erhältlich sind.“

So ansteckend wie kaum eine andere Krankheit

Masern sind laut RKI eine der ansteckendsten Krankheiten beim Menschen überhaupt. Übertragen wird diese unter anderem über Tröpfchen und Aerosole, die etwa beim Sprechen, Husten und Niesen entstehen. Ist man ungeschützt, kann es für eine Infektion ausreichen, sich im gleichen Raum wie ein Erkrankter aufzuhalten. Ein direkter Kontakt sei nicht nötig, schreibt das RKI. Das Virus wird oft für eine harmlose Kinderkrankheit gehalten, dieser Ansicht widersprechen Fachleute aber deutlich.

Der rötlich-braune Hautausschlag, der als charakteristisch für Masern gilt, tritt erst in der zweiten Krankheitsphase auf. Zuvor haben Betroffene in der Regel Symptome wie Fieber, Husten, Schnupfen, Hals- und Kopfschmerzen. Nach durchgemachter Erkrankung ist man in der Regel ein Leben lang immun. Allerdings können Masern noch nach Abklingen der akuten Symptome Folgen haben, etwa eine Anfälligkeit für andere Infektionen, da das Immunsystem längere Zeit geschwächt bleiben kann.

Zu den möglichen Komplikationen nach einer Maserninfektion zählen etwa Gehirnentzündungen, die laut RKI etwa eine von 1000 erkrankten Personen treffen. Noch seltener, aber in der Regel tödlich ist eine erst Jahre nach der Maserninfektion auftretende schwere Gehirnentzündung (SSPE). Das Risiko dafür ist abhängig vom Alter, in dem man Masern bekommen hat: Bei Erkrankung im ersten Lebensjahr werden laut RKI 170 SSPE-Fälle pro 100 000 Masernfälle geschätzt, insgesamt im Schnitt vier bis elf pro 100 000. 

Herdenschutz durch hohe Impfquote

Generell werden Kinderimpfungen in Deutschland laut RKI oft zu spät oder nicht vollständig durchgeführt. Das Ziel, dass 95 Prozent der Kinder zum Schuleingang zweifach gegen Masern geimpft sind, wurde laut einem RKI-Bericht im Jahr 2020 nur in vier deutschen Bundesländern erreicht. Seit März 2020 gilt eine Masern-Impfpflicht, die bei Kitas und Schulen ansetzt. „Die Durchimpfungsraten sind über die Jahre besser geworden. Die Masernimpfung wird inzwischen gut angenommen“, sagte der Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Jakob Maske.

„Wir hoffen, dass die Impfpflicht Wirkung zeigt und es eher nur zu Einzelfällen oder kleineren Ausbrüchen kommt, wenn überhaupt.“  

Bei Masern wird die Ausrottung angestrebt. Hinter den hochgesteckten Impfzielen steht auch der Gedanke des Herdenschutzes: Damit sollen Menschen indirekt geschützt werden, die selbst zum Beispiel (noch) nicht geimpft werden können, wie etwa Säuglinge. Diese können eine Masernimpfung in der Regel ab dem elften Lebensmonat bekommen. Allen Kindern hierzulande werden zwei Dosen im Mindestabstand von vier Wochen empfohlen. Die Impfung ist laut RKI mit 98 bis 99 Prozent so effektiv, dass nach der Zweitimpfung fast alle Geimpften geschützt sind.

Quelle: dpa

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