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Krankheiten im Kindesalter

IMMER SELTENER

Im Gegensatz zu Masern gelten Röteln in Deutschland nicht mehr als endemisch. Das heißt, das WHO-Ziel der Ausrottung wurde erreicht. Damit das so bleibt, gilt es, die hohe Impfrate aufrecht zu erhalten.

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Die Anzahl der gemeldeten Röteln-Erkrankungen geht bereits seit Jahren zurück: Nach 159 Fällen im Jahr 2014 waren es 2019 hierzulande noch 58 Fälle. Wie bei allen Infektionskrankheiten zeigten die Corona-Schutzmaßnahmen im Jahr 2020 auch bei den Röteln Wirkung – dem Robert Koch-Institut wurden lediglich noch 18 Fälle gemeldet. Seit April dieses Jahres ist es nun offiziell: Die Infektionszahlen liegen seit mehr als 3 Jahren unterhalb der von der Weltgesundheitsorganisation definierten Grenze. Damit gelten die Röteln in Deutschland als eliminiert.

Erreger Ausgelöst werden sie vom Rötelnvirus, das zur Familie der Togaviridae und zum Genus Rubivirus gehört. Es wird durch Tröpfcheninfektion übertragen, dringt über die Schleimhaut der oberen Atemwege in den Körper ein, vermehrt sich überwiegend in lymphatischem Gewebe und lässt sich schließlich in großen Mengen im Blut nachweisen. Betroffene sind je eine Woche vor und nach Ausbruch des Exanthems ansteckend. Nach einer durchgemachten Infektion besteht lebenslange Immunität.

Verlauf meist mild Steckt sich ein Kind mit Röteln an, ist das für das Kind selbst in den meisten Fällen kein Problem. Viele Erkrankungen verlaufen völlig asymptomatisch. Entwickeln sich doch Symptome, so sind sie meist mild: Etwa zwei bis drei Wochen nach der Ansteckung können eine geringfügig erhöhte Temperatur, erkältungsähnliche Symptome und möglicherweise eine Bindehautentzündung auftreten. Im Anschluss breitet sich das namengebende – rötliche – Exanthem vom Kopf über den Körper bis zu den Füßen aus und verschwindet nach ein bis drei Tagen wieder. Während bei jüngeren Kindern das Exanthem im Vordergrund steht, sind es bei Jugendlichen und Erwachsenen eher die Prodromalsymptome. Insbesondere Frauen klagen zudem häufiger über Gelenkentzündungen und -schmerzen.

Zu möglichen Komplikationen zählen Bronchitis, Mittelohrentzündung, Myokarditis, Perikarditis sowie Thrombozytopenie und Enzephalitis. Sie sind insgesamt selten, nehmen allerdings mit dem Alter zu. Lange galten Röteln als klassische Kinderkrankheit, da sie so ansteckend sind, dass sich in der Vergangenheit sehr viele Menschen bereits in der Kindheit damit infiziert haben. Wie bei vielen Kinderkrankheiten änderte sich das durch den Erfolg der Schutzimpfung auch bei den Röteln. Seit die Fallzahlen nach Einführung der Impfung im Jahr 1974 abnehmen, wird das Risiko sich anzustecken immer geringer – und die Menschen werden immer älter, falls es sie schließlich doch erwischt.

Problem: CRS CRS steht für Congenital Rubella Syndrome, auf Deutsch konnatale Röteln-Embryopathie. Damit ist gemeint, dass das Virus bei einer Ansteckung einer werdenden Mutter während der Schwangerschaft auch den Embryo befallen und schwer schädigen kann. Insbesondere wenn sich eine Frau innerhalb der ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft – also während der Entwicklung der Organe – ansteckt, liegt das Risiko dafür bei über 90 Prozent. Danach nimmt es ab. Zu den Schäden, die ein Embryo davontragen kann, gehören angeborene Herzfehler, eine Schädigung der Augen, Schwerhörigkeit bis hin zu Taubheit und Entwicklungsverzögerungen. Fehl- und Totgeburten sind möglich, insgesamt beträgt die Sterblichkeit infolge eines CRS 15 bis 20 Prozent.

Diagnose, Behandlung und Schutzimpfung Die Diagnose einer Rötelnerkrankung bei einem Kind (oder auch einem Erwachsenen) ist nicht trivial, weil die Symptomatik oft nicht eindeutig ist. So können Fieber und Exantheme auch von anderen Viren verursacht werden wie beispielsweise Masern, Ringelröteln oder Herpesviren. Deshalb wird bei Verdacht auf Röteln dringend eine Laboruntersuchung empfohlen, bei der der Erreger beziehungsweise Antikörper gegen den Erreger nachgewiesen werden.

Eine ursächliche Therapie bei Röteln gibt es nicht. Bei Bedarf wird symptomatisch behandelt, also zum Beispiel das Fieber gesenkt. Der Hauptgrund, warum es in fast allen Ländern der Welt eine Impfempfehlung für Röteln gibt, ist das CRS. Denn weltweit sind die Röteln laut WHO mit schätzungsweise 100 000 Fällen pro Jahr der häufigste infektiöse Grund für angeborene Schädigungen. Vor Einführung der Impfung waren im Schnitt etwa ein bis zwei von 10 000 Lebendgeborenen davon betroffen. Zum Vergleich: Allein in Deutschland wären demnach bei gut 773 000 Geburten im vergangenen Jahr zwischen 75 und 150 Kinder mit Schädigungen auf die Welt gekommen. Während Röteln-Epidemien lagen die Zahlen auch deutlich darüber. Vor allem diese angeborenen Schäden soll die Schutzimpfung verhindern. Die Strategie besteht also darin, dass Frauen, wenn sie das gebärfähige Alter erreichen, idealerweise selbst immun sind.

Da dies nie zu 100 Prozent gelingt, sollen sie sich auch in ihrem Umfeld nicht anstecken können – vor allem deswegen werden auch Jungs geimpft. Mit Erfolg: Im Jahr 2018 waren laut RKI bei der Schuleingangsuntersuchung 97 Prozent der Kinder einmalig gegen Röteln geimpft, 93 Prozent hatten auch die zweite Impfung erhalten. Die letzte konnatale Rötelninfektion wurde in Deutschland 2015 verzeichnet. Gebannt ist die Gefahr damit allerdings nicht: Da die Impfraten zu Beginn des Jahrtausends noch deutlich geringer ausfielen, liegt die Immunität gegen Röteln bei jungen Erwachsenen noch unter 90 Prozent. Da viele Infektionen asymptomatisch verlaufen, ist zudem von einer gewissen Dunkelziffer auszugehen. Damit ist die Gefahr einer Ansteckung weiterhin gegeben. Um den Erfolg der Elimination der Röteln und damit auch des CRS nicht zu gefährden, muss die Impfquote langfristig in allen Altersgruppen über 95 Prozent liegen.

Eingedampft
Eine Röteln-Erkrankung verursacht nur selten Komplikationen.
Steckt sich jedoch eine Schwangere an, können die Viren den Embryo schwer schädigen.
In den letzten Jahren waren die Fallzahlen so gering, dass die Röteln seit April dieses Jahres in Deutschland offiziell als eliminiert gelten. Damit das so bleibt, ist eine Impfrate von mindestens 95 Prozent nötig.

Impfempfehlungen Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Röteln-Impfung für alle Kinder, wobei für den vollständigen Impfschutz zwei Impfungen nötig sind. In Deutschland verfügbar sind Kombinationsimpfstoffe mit Masern und Mumps (MMR) sowie Masern, Mumps und Varizellen (MMRV). Dabei handelt es sich um abgeschwächte Lebendimpfstoffe. Kinder sollen die erste Impfung im Alter von 11 bis 14 Monaten und die zweite Impfung im Alter von 15 bis 23 Monaten erhalten.

Besucht ein Kind schon früher eine Kindertageseinrichtung, kann die erste Impfung bereits im Alter von 9 Monaten erfolgen. Frauen im gebärfähigen Alter sollten zwei Impfungen erhalten haben. Während der Schwangerschaft ist eine Impfung nicht möglich. Außerdem wird eine Impfung für Erwachsene mit beruflicher Exposition empfohlen.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 10/2021 ab Seite 100.

Dr. rer. nat. Anne Benckendorff, Medizinjournalistin

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