Die Coloradokröte hat ledrige Haut, einen grünen Rücken und einen gelben Bauch.© Kris Hoobaer/iStock/Getty Images Plus
Am Gift der Coloradokröte konnten Forscher zeigen, dass Halluzinogene über zwei verschiedene Rezeptoren wirken – das könnte die Therapie psychischer Erkrankungen verbessern.

Halluzinogene

KRÖTENGIFT GEGEN DEPRESSIONEN

Forscher aus den USA haben im Gift der Coloradokröte therapeutisches Potenzial entdeckt. Das Besondere: Ihre Forschung legt nahe, dass man bei Psychedelika die halluzinogene Wirkung umgehen und nur die antidepressive Wirkung nutzen kann. Ein Durchbruch?

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5-HT2A heißt der Serotoninrezeptor im Gehirn, den wir als Andockstelle für LSD und das Psilocybin (den Wirkstoff in Magic Mushrooms) kennen. Ganz ähnlich wirkt das Gift der Coloradokröte aus dem Südwesten der USA. Mit diesem speziellen Gift wehrt sie Fressfeinde ab – beim Menschen löst es Halluzinationen und spirituelle Erfahrungen aus.

Rauschdrogen stehen schon länger im Fokus der Psychotherapeutika-Forschung. New Yorker Wissenschaftler haben nun herausgefunden, dass das Gift der Coloradokröte womöglich gegen Depressionen und weitere psychische Erkrankungen helfen könnte. Anders als erwartet kommt die Wirkung aber nicht allein über 5-HT2A zustande.

Verändertes Krötengift funktioniert wie zugelassene Antidepressiva

„Für die Effekte der Halluzinogene scheint jedoch auch ein weiterer, verwandter Rezeptor eine Rolle zu spielen, der Serotoninrezeptor 5-HT1A“, berichtet das Team um Audrey Warren. Unter dem Elektronenmikroskop betrachteten sie die Bindung zwischen dem Krötengift und den beiden Rezeptoren. An welchen Subtyp das Gift bindet, bestimmt die Struktur des Gifts.

Also veränderten die Forscher die Struktur so des Krötengifts so, dass es 800-mal stärker an 5-HT1A bindet als an5-HT2A. Und siehe da: So verändert ähnelte die Bindung zwischen Gift und Rezeptor der von bereits zugelassenen Antidepressiva.

Depressive Mäuse waren wieder gut drauf

Im nächsten Schritt testeten die Forscher das modifizierte Krötengift bei Mäusen . Die Tiere wurden dazu so lange sozialem Stress ausgesetzt, bis sie depressionsartige Symptome zeigten. Die Mäuse saßen häufiger zurückgezogen in einer Ecke, interagierten weniger mit ihren Artgenossen und tranken weniger von einer angebotenen leckeren Zuckerlösung. Nach einer Behandlung mit dem modifizierten Krötengift verhielten sie sich hingegen wieder ähnlich wie Artgenossen, bei denen zuvor keine depressiven Symptome ausgelöst worden waren.

Das Interessante dabei: Die behandelten Tiere zeigten keinerlei Anzeichen, die auf Halluzinationen oder Wahrnehmungsveränderungen schließen ließen – dabei war das vorher eine typische Wirkung des Giftes. Die antidepressive Wirkung des Krötengiftes war in den Versuchen trotzdem ähnlich stark wie bei LSD und bereits zugelassenen Antidepressiva.

Psychedelika umdenken

„Bisher ging man davon aus, dass der 5-HT2A-Rezeptor, der für die Wahrnehmungsveränderungen durch klassische Psychedelika verantwortlich ist, auch ihre therapeutische Wirkung vermittelt“, erklärt das Forscherteam. „Unsere Ergebnisse zeigen jedoch, dass Substanzen, die selektiv an 5-HT1A binden, dennoch therapeutische Wirkung zeigen, ohne dabei Anzeichen einer halluzinogenen Wirkung zu zeigen.“ Es ist sozusagen die gute Wirkung ohne die schlechte Nebenwirkung.

Die Forschung setzt nun große Hoffnung in diese Erkenntnisse: Womöglich können die Versuche dazu beitragen, neue Medikamente für psychische Erkrankungen wie Depressionen zu entwickeln.

Quelle: wissenschaft.de

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