Giftkäfer
SCHWARZBLAUER ÖLKÄFER AUF SPIELPLÄTZEN GESICHTET
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Im Frühling hat der Ölkäfer Hochsaison. Ob im heimischen Garten oder in einem lichten Wäldchen – wer im Mai an der frischen Luft unterwegs ist, läuft durchaus Gefahr, einem Exemplar des Ölkäfers zu begegnen. So geschehen dieser Tage unter anderem auf einem Spielplatz in Willmenrod. Dort führte der Fund zweier Ölkäfer-Weibchen gleich zur Sperrung des gesamten Geländes.
Der Bürgermeister der Ortsgemeinde im Westerwaldkreis hat nicht ohne Grund mit diesem drastischen Mittel auf das Auffinden der Insekten reagiert: Der Ölkäfer ist nämlich giftig – auch für den Menschen.
Wie gefährlich ist der Ölkäfer?
Während in Mitteleuropa insgesamt 20 Arten aus der Familie der Ölkäfer leben, ist in Deutschland zumeist der Schwarzblaue Ölkäfer (Meloe proscarabaeus) anzutreffen. Weibliche Tiere dieser Gattung werden bis zu dreieinhalb Zentimeter lang, Männchen dagegen nur etwa einen Zentimeter.
Allen Arten gemein ist, dass sie ein körpereigenes Reizgift produzieren, welches sie zur Verteidigung gegen Fressfeinde nutzen. Fühlen sich die Käfer bedroht, sondern sie das ölartige Gift in kleinen Tröpfchen über ihre Beingelenke ab. Es besteht zu großen Teilen aus Cantharidin, welches vor allem für Warmblüter gefährlich werden kann. Für einen erwachsenen Menschen beträgt die Dosis, bei der die Hälfte der Betroffenen sterben, 0,05 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht. Laut Senckenberg Institut für Insektenkunde enthält bereits ein Ölkäfer eine für einen Menschen tödliche Dosis.
Ein Gegengift gibt es nicht.
Der NABU gibt allerdings Entwarnung: Der Verzehr beziehungsweise das Verschlucken eines einzigen Schwarzblauen Ölkäfers sei nicht tödlich. Denn nur ein Bruchteil des im Käfer enthaltenen Giftes findet über den Magen den Weg in den Organismus. Der NABU betont außerdem, dass in Deutschland bislang keine gefährlichen Vergiftungen von Menschen oder Haustieren bekannt seien. Nach einem unbeabsichtigten Kontakt mit dem Ölkäfer sollten die Hände gründlich gewaschen werden.
Was ist Cantharidin?
Cantharidin ist ein starkes Reiz- und Nervengift. Bei Hautkontakt löst es Blasen und teilweise tiefe Nekrosen aus. Bei oraler Einnahme schädigt es Nieren und Leber.
Im antiken Griechenland wurde Cantharidin zur Vollstreckung von Todesurteilen verwendet. Traditionell wurde es auch bei der Hautreiztherapie und als Mittel gegen Warzen. Auch galt Cantharidin in geringen Dosen als Aphrodisiakum und Potenzmittel. Es ist allerdings umstritten, weil es schwer zu dosieren ist und eine schmerzhafte Dauererektion auslösen kann.
Heute dient es beim sogenannten Blister-Versuch dazu, die Penetrationsfähigkeit von Stoffen durch die Haut zu bestimmen und so deren Pharmakokinetik zu verstehen. Das Cantharidin erzeugt eine große, flüssigkeitsgefüllte Blase auf der Haut. Beobachtet wird, wie viel der untersuchten Substanz in der Flüssigkeit im Inneren der Blase vorliegt.
Auch der Ölkäfer ist bedroht
Und zwar vom Aussterben. Schuld daran sind der schwindende Lebensraum, Trittverluste durch Fußgänger und der zunehmende Straßenverkehr. Auch die komplizierte Vermehrungsweise der Ölkäfer trägt nicht gerade zu deren Arterhalt bei. Das hat zur Folge, dass das kleine Insekt in Deutschland auf der Roten Liste als gefährdet geführt wird.
Der Ölkäfer steht auf der Roten Liste gefährdeter Tierarten.
Weil der Bestand zusehends abnimmt, steht das schwarz schimmernde Krabbeltier unter einem besonderen Schutz. Das ist auch der Grund, weswegen dem Insekt nicht direkt mit professionellen Schädlingsbekämpfern zu Leibe gerückt wird, sondern die Spielplätze großflächig gesperrt und die gefundenen Exemplare gefangen und anschließend andernorts ausgesetzt werden.
In sicherer Entfernung irgendwo am Wegesrand oder in einem Wäldchen kann sich der Ölkäfer dann weiterhin seines Lebens erfreuen und für die dringend benötigten Nachkommen sorgen.
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Der Ölkäfer vermehrt sich reichlich
Nicht etwa das Paarungsverhalten oder die Reproduktionsrate des Ölkäfers verstärkt seine Gefährdung, sondern vielmehr die Entwicklung der Käferlarven. Diese ist nämlich hochgradig störanfällig. Experten schätzen, dass nur jede tausendste Larve zum Ölkäfer wird. Entsprechend gewaltig ist die Eiablage: Ein einziges Ölkäfer-Weibchen ist im Stande, fünf- bis sechsmal hintereinander jeweils im Abstand von ein bis zwei Wochen zwischen 3000 und 9500 Eier in den Boden abzulegen.
Nur jede tausendste Larve wird zum Ölkäfer.
Die sich daraus entwickelnden Larven sammeln sich zügig nach dem Schlüpfen auf nahe gelegenen Blüten und warten dort auf eine Transportgelegenheit. Genau hierin liegt die erste Hürde, welche die Ölkäfer-Nachkommen beim Heranwachsen zu meistern haben. Denn als Transportwirt dient eine ganz bestimmte Wildbienenart, zu deren Nest die Larven gelangen müssen. Erwischen die Larven einen der vielen anderen Blütenbesucher oder fallen sie auf der Reise zum Bienennest herab, verenden sie.
Vorausgesetzt, die Larven gelangen an die richtige Biene und letztendlich in das rettende Nest, stehen ihre Chancen gut, sich zu Ölkäfern weiterzuentwickeln. Bevor dies eintritt, machen sich die Larven im Nest erst über die Eier und dann über die Vorräte der Bienen her. Nach dreifachem Häuten und erfolgreicher Überwinterung erblicken die Larven als Ölkäfer zwischen März und Mai das Licht der Welt. Sie haben anschließend eine relativ kurze Lebensdauer von einen Monat.
Quellen:
https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/insekten-und-spinnen/kaefer/27315.html
https://www.chemie.de/lexikon/Cantharidin.html
https://www.biologie-seite.de/Biologie/Hautblasenversuch