Rezepturbereich einer Apotheke: In einer Fantaschale aus Glas wird eine Creme gerührt. Daneben liegt eine offene Unguator-Kruke zur Abfüllung bereit. © enriscapes/iStock/Getty Images Plus
Ob eine Creme im automatischen Rührsystem oder per Hand angefertigt wird, kann die Konsistenz verändern – deshalb gehört jedes Detail in die Herstellungsanweisung.

Dokumentation

HERSTELLUNGSANWEISUNG IN DER APOTHEKEN-REZEPTUR

Die Herstellungsanweisung ist neben der Plausibilitätsprüfung der wichtigste Schritt in der Vorbereitung zu einer Individualrezeptur. Die Herstellungsanweisung einer Individualrezeptur beinhaltet neben der genauen Beschreibung der Herstellung noch viele weitere Informationen rund um die Individualrezeptur.

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In der Offizin einer Apotheke wurde von einem Kunden eine ärztliche Verordnung über eine Individualrezeptur abgegeben. Der Kunde hat im Beratungsgespräch erfahren, dass dieses Medikament für ihn persönlich hergestellt wird. Ein Abholtermin wurde vereinbart. Wie geht es weiter? Im ersten Schritt wurde vom Apotheker oder der Apothekerin die Plausibilität überprüft und dokumentiert. Als nächster Arbeitsschritt muss die dazugehörige Herstellungsanweisung erstellt und dokumentiert werden.

In der Herstellungsanweisung werden alle nötigen Arbeitsschritte sowie benötigte Arbeitsmittel und -materialien genau benannt, beschrieben und festgelegt. Was ist bei der Erstellung und Dokumentation einer Herstellungsanweisung zu beachten? Was sollte sie unbedingt beinhalten? Das erfahren Sie in diesem Artikel.

Was steht noch mal in der Herstellungsanweisung?

Die Herstellungsanweisung wird meistens von PTA erstellt und dokumentiert. Der verantwortliche Apotheker beziehungsweise die Apothekerin muss das entsprechende Dokument freigeben. In einer Herstellungsanweisung sollten Sie festlegen:

Diese und einige weitere Punkte dokumentieren Sie in der Herstellungsanweisung.

Was schreibt die Apothekenbetriebsordnung für Individualrezepturen vor?

In Paragraf 7 Absatz 1a der Apothekenbetriebsordnung heißt es: „Ein Rezepturarzneimittel ist nach einer vorher erstellten schriftlichen Herstellungsanweisung herzustellen […]. Die Herstellungsanweisung muss mindestens Festlegungen treffen

  1. zur Herstellung der jeweiligen Darreichungsform einschließlich der Herstellungstechnik und der Ausrüstungsgegenstände,
  2. zur Plausibilitätsprüfung nach Absatz 1b,
  3. zu primären Verpackungsmaterialien und zur Kennzeichnung,
  4. zu Inprozesskontrollen, soweit diese durchführbar sind,
  5. zur Vorbereitung des Arbeitsplatzes sowie
  6. zur Freigabe und Dokumentation.

Soweit es sich um standardisierte und allgemeine Herstellungsanweisungen Dritter handelt, sind sie auf den jeweiligen Apothekenbetrieb anzupassen.“

In der Apothekenbetriebsordnung ist also sehr allgemein und kurz beschrieben, welche grundlegenden Aspekte Sie beim Erstellen der Herstellungsanweisung bedenken und festlegen müssen. In der Praxis ist eine erstellte Herstellungsanweisung ein Dokument, welches meist mehr als eine A4-Seite umfasst.

Warum ist eine Herstellungsanweisung nötig?

Das Ziel der Herstellungsanweisung einer Individualrezeptur ist es, bei jeder gleichen Verordnung und Herstellung einer Individualrezeptur ein pharmazeutisch einwandfreies Medikament herzustellen und für den Kunden sicher anwendbar zu machen. Das bedeutet, wenn in einem Apotheken-Labor mehrere Mitarbeiter die gleiche Individualrezepturen herstellen, sollte bei jedem Mitarbeiter das hergestellte Medikament auch identisch beschaffen sein.

Am Beispiel einer Creme mit Basiscreme DAC als Salbengrundlage: Im automatischen Rührsystem mit hoher Umdrehungsgeschwindigkeit kann die Konsistenz deutlich erniedrigt sein – im Gegensatz zur Herstellung in der Fantaschale, dort bleibt die Konsistenz mittelfest. Deshalb schreibt die Herstellungsanweisung auch vor, mit welcher Technik und welchen Ausrüstungsgegenständen eine Rezeptur zuzubereiten ist.

Wie ist eine Herstellungsanweisung einer Rezeptur aufgebaut?

Als erstes sollten Sie die Formalia zu Ihrer Herstellungsanweisung eintragen. Dann folgen die Zusammensetzung, Packmittel, Art der Herstellung, Kontrollen und letztlich die Kennzeichnung.

Auf welche Formalia sollten Sie achten?

Zunächst bestimmen Sie für jede Individualrezeptur eine Rezeptur-Bezeichnung. In der Apothekenpraxis hat sich bewährt, die Wirkstoffe und gegebenenfalls die Grundlage in abgekürzter Form zu nutzen. So können Sie in der Zukunft sicher eine bereits dokumentierte Rezeptur wieder finden. Gemeinsam können Sie im Rezeptur-Team interne Festlegungen treffen, um eine gleichmäßige Bezeichnung zu gewährleisten.

Als Beispiel könnte eine Zubereitung aus 0,05 g Triamcinolonacetonid, 1 g Miconazolnitrat und Basiscreme DAC zu 100 g wie folgt abgekürzt und zur internen Rezepturbezeichnung genutzt werden: „BAS, Triam. 0,05 %, Mico.nitr. 1 %“. Die ersten drei Buchstaben „BAS“ ist die Bezeichnung der Salbengrundlage, an zweiter und dritter Stelle der abgekürzten Rezeptur sind die jeweiligen Wirkstoffe und deren Konzentration genannt.

Jede Herstellungsanweisung einer Individualrezeptur, welche Sie erstellen, bekommt eine individuelle Dokumentennummer. Die Dokumentennummer notieren Sie später auch im Herstellungsprotokoll einer Individualrezeptur, sodass jederzeit im Nachgang die Zuordnung zur entsprechenden Herstellungsanweisung eindeutig erkennbar ist.

Das Erstellungsdatum, also ab wann diese Herstellungsanweisung für eine Individualrezeptur gültig ist, macht sofort ersichtlich, ob eine Überprüfung oder Erneuerung nötig ist. So wie bei einer Plausibilitätsprüfung sollten Sie darauf achten, dass die Herstellungsanweisung einer Individualrezeptur stets auf dem neusten wissenschaftlichen Stand ist.

Die vorher erstellte Plausibilitätsprüfung einer Individualrezeptur wird mit der entsprechenden Dokumentennummer notiert. Sie muss, wie später auch das Herstellungsprotokoll, eindeutig zugeordnet werden können.

Zusammensetzung, Packmittel, Herstellungstechnik

Im nächsten Punkt der Herstellungsanweisung einer Individualrezeptur dokumentieren Sie die genaue Zusammensetzung der Rezeptur. Hier nennen Sie alle benötigten Ausgangsstoffe. Das bedeutet, jeder Wirkstoff, Hilfsstoff, jede Grundlage und alle anderen Stoffe, welche zur Herstellung der Individualrezeptur benötigt werden, müssen hier aufgelistet sein.

  • Notieren Sie die entsprechende Soll-Menge
  • und die entsprechende Waage, welche zur korrekten Wägung verwendet werden soll.
  • Hier sollten Sie auch einen Hinweis auf etwaige Korrekturfaktoren aufgrund von schwankendem Wirkstoffgehalt einpflegen.
  • Danach können Sie festlegen, ob ein Produktionszuschlag sinnvoll ist und mit wie viel Prozent Mehreinwaage dieser beachtet werden soll. (Auch in unterschiedlichen standardisierten Rezeptur-Vorschlägen werden meist Hinweise zu empfohlenen Produktionszuschlägen gegeben.)

Die Angabe des zu verwendenden Primärpackmittels für die jeweilige Rezeptur in der Herstellungsanweisung ist maßgeblich dafür, dass der Kunde sein verordnetes Medikament ohne Probleme und sicher anwenden kann. Auch entsprechende Dosierhilfen oder Einsätze sollten Sie hierbei benennen. So kann bei einer Lösung, welche mit einer Dosierspitze abgemessen wird, die Angabe des Primärpackmittels zum Beispiel lauten: Glasflasche GL18 50 ml, kindersicherer Verschluss mit Konusspritzeneinsatz GL18 und Konus-Dosierspritze 1 mL.

Vorbereitung des Arbeitsplatzes und Arbeitsschutzmaßnahmen werden in der Herstellungsanweisung einer Individualrezeptur festgelegt und dokumentiert. Neben der hygienischen Vorbereitung des Arbeitsplatzes ist der Arbeitsschutz ein wichtiger Punkt in der Herstellungsanweisung einer Rezeptur. Betriebsinterne Vorschriften zur Qualitätssicherung, wie zum Beispiel das Hygienemanagement, sollten Sie nennen und beschreiben.

In der Herstellungsanweisung einer Rezeptur ist die kurze Nennung derHerstellungstechnik, wie zum Beispiel Herstellung in der Fantaschale oder Herstellung im automatischen Rührsystem, eine Überleitung zur Schritt-für-Schritt Beschreibung der Herstellung. Bevor die detaillierten Herstellungsschritte beschrieben werden, sollten Sie alle zur Herstellung benötigten Ausrüstungsgegenstände und Geräte dokumentieren.

Herstellungsparameter und Herstellungsschritte

Als nächstes beschreiben Sie in der Herstellungsanweisung einer Individualrezeptur genau, wann welcher Schritt während der Herstellung gemacht werden soll und gegebenenfalls, was beachtet werden muss.

Hier könnten Sie beispielsweise Hinweise zur Verarbeitung mit einem Anreibemittel notieren. So bei Prednicarbat: Dieses wird unter mehrmaligem Abschaben in der Fantaschale mit mittelkettigen Triglyceriden angerieben. In der Zusammensetzung der standardisierten Rezeptur NRF 11.145. wurde der Bestandteil mittelkettige Triglyceride lediglich mit der Abkürzung q.s. dokumentiert. Die lateinische Abkürzung quantum satis bedeutet „so viel wie nötig“.

Im Fall von Prednicarbat ist in der standardisierten Herstellungsanweisung der Rezeptur NRF 11.145. der Hinweis beigefügt, dass bei einer Wirkstoff-Menge unter 100 Milligramm ein Teil Prednicarbat mit zehn Teilen mittelkettigen Triglyceriden angerieben werden soll. Ist die Wirkstoff-Menge von Prednicarbat größer oder gleich 100 Milligramm, wird ein Teil Prednicarbat mit zwei Teilen mittelkettigen Triglyceriden angerieben und mit weiteren zwei Teilen mittelkettigen Triglyceriden verdünnt. In Ihrer Herstellungsanweisung gehen Sie also darauf ein, welche Wirkstoff-Menge bei Ihrer Individualrezeptur zutrifft und mit welchen Mengen entsprechend gearbeitet wird.

Inprozesskontrollen in die Herstellungsanweisung aufnehmen

Wurden alle Herstellungsschritte und -parameter der Herstellungsanweisung einer Rezeptur dokumentiert, sollten Sie Inprozesskontrollen festlegen. Inprozesskontrollen in überprüfen die Qualität der Individualrezeptur während der Herstellung und im Endprodukt.

  • Sinnvoll ist hier zum Beispiel die Rückwägung der Wägeunterlage des Wirkstoffes, um einen entsprechenden Wirkstoff-Verlust zu ermitteln.
  • Bei wasserhaltigen Salben könnte der pH-Wert eine sinnvolle Überprüfung sein, um die optimale Wirkung der Wirkstoffe auf der Haut zu gewährleisten.
  • Charakteristische Farbgebungen oder Gerüche der hergestellten Individualrezeptur können Sie als Soll-Ergebnis der organoleptischen Prüfung des Endproduktes festlegen.

Die individuelle Festlegung eines Soll-Ergebnisses der organoleptischen Prüfung des Endproduktes ist ein Freigabekriterium für die Herstellungsanweisung einer Individualrezeptur.

Kennzeichnungen und besondere Hinweise

Am Ende der Herstellungsanweisung können Sie Besonderheiten zur Kennzeichnung der Individualrezeptur zusammenfassen und festlegen. Zum Beispiel, dass die Rezeptur im Kühlschrank aufbewahrt werden muss oder nicht in Kontakt mit Augen oder Schleimhaut gebracht werden sollte, sind mögliche Hinweise, welche Sie berücksichtigen, festlegen und dokumentieren sollten.

Fazit

Die Herstellungsanweisung gehört zu den ersten Schritten bei der Bearbeitung einer Individualrezeptur. Sie sollten diese mit höchster Konzentration und Genauigkeit erstellen. So stellen Sie sicher, dass ein Medikament mit pharmazeutischer Qualität nach den neusten anerkannten wissenschaftlichen Kenntnissen hergestellt wird. Fragen Sie sich dabei immer wieder:

Wenn meine Kollegin oder mein Kollege sich exakt nach der Herstellungsanweisung richtet, erhält der Kunde dann das identische Produkt wie von mir?

Quellen:
https://www.gesetze-im-internet.de/apobetro_1987/__7.html 
www.abda.de/fileadmin/user_upload/assets/praktische_hilfen/leitlinien/rezeptur_defektur/LL_rezeptur_defektur 

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