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Die internationalen Freinamen (INN oder international nonproprietary names) sind von der WHO empfohlene Namen für Wirkstoffe. Sie sind im Gegensatz zu Handelsnamen, die von Land zu Land variieren können, nicht geschützt und damit allgemein zugänglich. 1950 wurde das INN-System etabliert, um weltweit einheitliche Bezeichnungen für Arzneistoffe zu schaffen und damit die Arzneimittelsicherheit zu erhöhen. Die INN sollen bei Generika, in den Arzneibüchern, bei der Beschriftung von Arzneimitteln neben dem Markennamen und in der wissenschaftlichen Literatur verwendet werden. Hersteller einer neuen Substanz können bei der WHO einen Namensvorschlag nach vorgegebenen Richtlinien einreichen, über den dann mit den nationalen Nomenklaturbehörden abgestimmt wird.
Präfixe, Infixe und Suffixe Das Herzstück der internationalen Freinamen sind die von der WHO festgelegten Kennsilben (common stems). Dies sind Silben, die pharmakologisch oder chemisch verwandte Gruppen charakterisieren. Die Kennsilben können am Wortanfang (Präfix), mitten im Wort (Infix) oder am Wortende (Suffix) verwendet werden. Klassische Beispiele sind „Cef“ als Präfix für Cephalosporine, „cort“ als Infix für natürliche Glucocorticoide sowie „cillin“ und „cyclin“ als Suffix für Penicilline und Tetracycline. Weitere Vorsilben sind beispielsweise „Sulfa“ für antibakteriell wirksame Sulfonamide sowie „Ni“ oder „Nitr“ für Nitroverbindungen.
In diesem Falle geben sie keinen Hinweis auf ihre pharmakologische Wirkung, sondern auf ein chemisches Merkmal. Beispiele sind Nitrofurantoin und Nitrazepam. Manche Kennsilben können sowohl als Präfix, Infix oder Suffix eingesetzt werden. Diese Regelung findet man zum Beispiel bei hormonell wirksamen Stoffen. So kann die Kennsilbe „estr“ in Estradiol am Anfang und in Fosfestrol in der Mitte stehen. Auch die Kennsilbe „barb“, für Barbitursäurederivate, kann wie in Barbital am Anfang oder wie in Cyclobarbital in der Mitte stehen. Die Kennsilbe „vir“ deutet ganz allgemein auf antiviral wirksame Stoffe. Sie hat durch die Entwicklung spezieller Virustatika aber eine Verfeinerung erfahren. So steht das erweiterte Suffix „ciclovir“ für Guanin-Derivate wie Aciclovir oder Penciclovir und „amivir“ für Neuraminidasehemmer, wie Oseltamivir.
Reine Suffixe Die größte Bedeutung haben jene Kennsilben, die als Endungen verwendet werden. Bekannte Beispiele sind „azepam“ für Benzodiazepine, „cain“ für Lokalanästhetika, „coxib“ für Cyclooxygenase-2-Inhibitoren, „fibrat“ für Lipidsenker vom ClofibrinsäureTyp, „olol“ für Betablocker, „oxacin“ für Fluorchinolone, „statin“ für HMG-CoA-Reduktase-Hemmer oder „sartan“ für Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten. Auch die Endung „triptan“ für 5HT1-Rezeptor-Agonisten, die bei Migräne eingesetzt werden, ist geläufig. Die letzten drei sind sogar viel bekannter unter ihren Suffix-Namen Statine, Sartane und Triptane. Bei monoklonalen Antikörpern, wie Infliximab, steht die Endung „mab“ für monoclonal antibody. Die Buchstaben vor der Endung geben jeweils Auskunft über die Herkunft beziehungsweise Art des Antikörpers: Maus (-omab), humanisiert (-zumab), Primat (-imab), Chimäre (-ximab) oder vollhumaner, rekombinanter monoklonaler Antikörper (-umab).
Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 01/2022 ab Seite 100.
Sabine Breuer, Apothekerin/Chefredaktion