Glas wird auf Tisch verschoben© Astrid860 / iStock / Getty Images

Morbus Parkinson

DIE BERATUNG AN ERSTER STELLE

Kunden mit der Parkinson-Erkrankung leiden unter einem ganzen Bündel von Symptomen. Neben individuellen Empfehlungen steht die Beratung über die verschiedenen Parkinson-Arzneimittel im Vordergrund. Das erleichtert das Leben im Alltag.

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Neben Morbus Alzheimer ist das Parkinson-Syndrom die häufigste neurologische Krankheit im Alter. Pro Jahr erkranken rund 20 000 Menschen neu an Parkinson, die meisten nach dem 60. Lebensjahr. Verursacht wird die Erkrankung durch das Absterben der dopaminbildenden Nervenzellen in der Substantia nigra des Gehirns. Dadurch gerät das Gleichgewicht der Botenstoffe durcheinander. Es kommt zu neurologischen Störungen, die sich auf die Steuerung der Körperbewegungen auswirken, aber auch auf psychische, sensorische und vegetative Funktionen. Typische Symptome sind Zittern (Tremor), Muskelsteifheit (Rigor), Bewegungsarmut (Akinese) sowie Gang- und Standstörungen.

Im Gesicht verändern unbewegliche Muskelpartien die Mimik und stören die Artikulation. Mit diesen Barrieren sind Hilfen im Alltag wichtig. Für das sichere Gehen und Stehen sind stabile Stöcke nötig. Spezielle Anziehhilfen unterstützen beim Anlegen von Strümpfen, Schuhen und Kleidung. Schlüsselaufsätze helfen, den Schlüssel auch mit zittrigen Fingern ins Schloss zu führen. Ein Stabilisationsbesteck aus dickem Edelstahl liegt gut in der Hand, gleicht das Zittern aus und ermöglicht das selbständige Essen.

Die nicht-motorischen Symptome werden dagegen oft übersehen. Dazu gehören vegetative Störungen wie eine erhöhte Talgproduktion (Seborrhoe), Störungen der Blasenfunktion, der Thermoregulation oder der Magenentleerung und Obstipation. Diese Anzeichen können den motorischen Beschwerden um viele Jahre vorausgehen, wenn noch niemand an Parkinson denkt. Dass auch die Psyche betroffen ist, zeigt sich an Schlafstörungen, depressiven Episoden, verlangsamtem Denken bis zur Demenz.

Gezielt beraten Parkinson-Patienten sind eine besondere Zielgruppe, denn sie sind älter und benötigen viele verschiedene Medikamente. Damit treten auch häufig arzneimittelbezogene Probleme auf. Das Parkinson-Syndrom wird mit sechs Stoffklassen behandelt, von denen die dopaminerg wirkenden Substanzen am wichtigsten sind: Levodopa in Kombination mit Decarboxylasehemmern, Dopaminantagonisten, Monoaminooxidase-B (MAO-B)-Hemmer sowie Catechol-O-Methyltransferase (COMT)-Hemmer. Sie gleichen auf unterschiedliche Art das Dopamindefizit im Gehirn aus. Nicht auf Dopamin wirken N-Methyl-D-Aspartat (NMDA)-Antagonisten und Anticholinergika.

Nebenwirkungen ansprechen Bei einer dopaminergen Therapie können sich die krankheitstypischen Störungen der Blutdruckregulation, der Magenentleerung und des Schlaf-Wach-Rhythmus verschlechtern. Anticholinergika schränken oft die Sexualfunktion männlicher Kunden ein, verschlimmern Sehprobleme oder fördern eine Obstipation. Alle Parkinson-Medikamente können in jedem Krankheitsstadium psychotische Symptome verursachen. Das sind Störungen im Ich-Erleben wie lebhafte Träume und optische Halluzinationen, später auch schwere Verwirrtheit. Bei einem Verdacht auf eine Psychose sollte der Kunde unverzüglich zum Arzt geschickt werden.

Mahlzeiten berücksichtigen Wird Levodopa verordnet, leiden zu Therapiebeginn ungefähr 30 Prozent der Anwender unter Übelkeit und Erbrechen. Hier hilft der Rat, die Tablette oder Kapsel mit einem Keks oder Zwieback einzunehmen, zu Beginn der Therapie auch gemeinsam mit den Mahlzeiten. Einige Wochen später wird Levodopa dann nüchtern eingenommen, das heißt 30 Minuten vor oder 90 Minuten nach einer Mahlzeit. Der Abstand verbessert die Aufnahme des Wirkstoffs. Auch wichtig: eiweißreiche Hauptmahlzeiten meiden, denn die Aminosäuren aus Fisch, Fleisch oder Quark konkurrieren mit Levodopa um den Übertritt durch die Blut-Hirn-Schranke.

Verdauungstrakt umgehen Wenn orale Kombinationen nicht mehr ausreichen, kann Levodopa über eine Pumpe verabreicht werden. Der Wirkstoff ist auch in einer neuen Gelformulierung in Kombination mit Carbidopa-Monohydrat und Entacapon erhältlich und wird über eine Dünndarmsonde verabreicht. Die programmierbare Pumpe kann zu Hause gewechselt werden und ist leicht, leise und unauffällig. Soll der Dopaminantagonist Rotigotin als Transdermales Therapeutisches System (TTS) angewandt werden, gilt es folgendes zu beachten: Das Pflaster soll täglich zur gleichen Zeit auf nicht behaarte Hautstellen aufgeklebt und nach 24 Stunden abgezogen werden.

Dann wird ein neues Pflaster appliziert, wobei die verwendete Stelle zwei Wochen lang ausgelassen wird. Bei 35 Prozent der Anwender löst dass TTS Hautreaktionen an der Applikationsstelle aus. Meist sind diese Reaktionen nur leicht bis mittelschwer, sie können jedoch mehrere Tage anhalten und sich weiter ausbreiten. Dann hilft es, die Sonne zu meiden, bis die Haut abgeheilt ist.

Zusatzempfehlungen
Erhöhte Talgproduktion im GesichtGesichtsreinigung mit Salicylsäure, Triclosan, Panthenol und Allantoin
Erhöhte Talgproduktion der KopfhautShampoo mit Selendisulfid
Übermäßiges SchwitzenAntitranspiranzien mit Aluminiumchlorid, Methenamin-Salbe
BlasenfunktionsstörungenInkontinenz-Vorlagen, Windeln oder Pants
ObstipationMacrogol 3500 oder 4000
SchlafstörungenBaldrian, Hopfen, Melisse, Passionsblume
Depressionen und AngstzuständeLavendelöl

Beschwerden lindern Zur Gesichtsreinigung bei erhöhter Talgproduktion eignen sich alkoholfreie Tücher oder ein Schaum mit Salicylsäure, Triclosan, Panthenol und Allantoin. Hat sich die Seborrhoe auf die Kopfhaut ausgedehnt, sind Mittel mit Selendisulfid empfehlenswert. Ein Problem der übermäßigen Talgbildung: Sie fördert Entzündungen. In leichten Fällen ist eine kurzfristige Therapie mit rezeptfreien Hydrocortison-Cremes vertretbar. Bei übermäßigem Schwitzen helfen salbeihaltige Präparate und Antitranspiranzien mit Aluminiumchlorid.

Dieses gibt es auch als Lösung oder Salbe, oder Sie empfehlen Methenamin-Salbe, die zweimal täglich in dünner Schicht aufgetragen wird. Kühlende Geleinlagen unterstützen bei übermäßigem Schwitzen unter den Fußsohlen. Sechs von zehn Parkinson-Patienten leiden unter Blasenfunktionsstörungen, in der Regel unter einer Dranginkontinenz, die nachts auftritt (Nykturie). Hier sind Inkontinenzprodukte für Männer und Frauen geeignet, die es in vielen Stärken als Vorlage, Windel oder Pants gibt.

Nach Bedarf empfehlen Zwei Drittel der Betroffenen leiden unter einer Obstipation. Hier empfiehlt sich Macrogol. Die Polymere mit der Molekülmasse 3350 und 4000 wirken osmotisch, ohne selbst resorbiert zu werden. Macrogol wird mit ausreichend Flüssigkeit eingenommen, sodass nach 12 bis 48 Stunden ein weicher Stuhl abgesetzt wird. Flüssigkeit unterstützt generell die Verdauung, ebenso eine ballaststoffreiche Ernährung mit Weizenkleie sowie körperliche Aktivität. Aus der Phytotherapie eignen sich Melissenblätter als Karminativa.

Melisse wirkt auch sedierend, Sie können sie bei leichten Schlafstörungen in Kombination mit Baldrian, Hopfen und Passionsblume empfehlen. Beruhigend wirkt auch das ätherische Öl von Lavendel, das sich zudem leicht antidepressiv und angstlindernd auswirkt. Schließlich Coenzym Q10, eine vitaminähnliche Substanz, die bei der Energiegewinnung in den Mitochondrien eine Rolle spielt. Gemeinsam mit Vitamin C regeneriert das Q10 verbrauchtes Vitamin E. Dass Coenzym Q10 auch bei der Parkinson-Erkrankung unterstützend wirken kann, deutete eine Studie an.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 10/2021 ab Seite 84.

Dr. rer. nat. Christine Reinecke, Diplom-Biologin

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