Geschälte Erdnüsse in Reihe auf weißem Hintergrund © Garrett Aitken / iStock / Getty Images Plus
Das Asthmamittel Omalizumab verringert offenbar das Risiko lebensbedrohlicher anaphylaktischer Reaktionen auf Erdnüsse.

Antikörper

DURCHBRUCH BEI ERDNUSSALLERGIEN?

Eine Erdnussallergie betrifft mittlerweile jedes zehnte Kind in Deutschland, Tendenz steigend. Bereits kleinste Mengen können lebensbedrohliche anaphylaktische Reaktionen auslösen. Doch das könnte sich bald ändern.

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Die Erdnussallergie ist der häufigste Auslöser einer Anaphylaxie bei Kindern. Sie entwickelt sich teils schon im Säuglingsalter und besteht ein Leben lang. Bereits bei einer Aufnahme von wenigen Mikrogramm kann es lebensgefährlich werden.

Dann stabilisiert ein Notfallset aus Epinephrin-Pen, Glucocorticoid und Antihistaminikum den Kreislauf und erleichtert die Atmung, bis der Rettungsdienst eintrifft. Die einzige vorbeugende Behandlung bisher besteht darin, alles zu meiden, worin Erdnüsse auch nur in Spuren enthalten sein könnten. Ein Asthmamedikament könnte Betroffenen aber in Zukunft helfen – auch gegen andere Nahrungsmittelallergien.

Antikörper bremst Lebensmittel-Allergie

An der Johns Hopkins University in Baltimore, USA, forscht Professor Dr. Robert A. Wood zum Thema Nahrungsmittelallergien. In einer aktuellen Studie hat er mit seinem Team 177 Kinder zwischen einem und 17 Jahren und drei Erwachsene untersucht. Alle litten an schwerer Erdnussallergie sowie zusätzlich an Allergien gegen mindestens zwei weitere Lebensmittel wie Cashew, Milch, Ei, Walnuss, Weizen oder Haselnuss. Zu Studienbeginn reagierten sie schon bei kleinsten Mengen von maximal 100 Milligram (mg) allergisch auf Erdnussprotein und bei den beiden anderen Allergenen auf Mengen unter 300 mg.

Omalizumab
…ist unter anderem zugelassen gegen allergisches Asthma. Der Antikörper hemmt gezielt Immunglobulin E (IgE). Dieses bindet an Rezeptoren auf Mastzellen und sorgt so für eine Histaminfreisetzung. Betroffene leiden dann unter anderem unter starken Schleimhautschwellungen, auch anaphylaktische Reaktionen bis zum Kreislaufzusammenbruch können auftreten. Omalizumab kann diese Kaskade bremsen.

Olamizumab lässt Allergiker höhere Mengen tolerieren

Die Teilnehmer der Studie wurden in zwei Gruppen aufgeteilt, von denen eine den monoklonalen Antikörper Omalizumab (Xolair®), die andere Placebo erhielt. Alle zwei bis vier Wochen erhielten die Probanden der Verum-Gruppe eine nach Körpergewicht und IgE-Spiegel dosierte Injektion des Antikörpers. Nach 16 bis 20 Wochen führten die Forscher dann einen Provokationstest durch, um die Empfindlichkeit der Probanden gegen die Allergene erneut zu messen.

Die Ergebnisse waren eindeutig: In der Omalizumab-Gruppe konnten 67 Prozent der Teilnehmer nach der Behandlung mindestens 600 mg Erdnussprotein verzehren, ohne schwere Symptome zu erleiden. In der Placebo-Gruppe waren es nur sieben Prozent. Auch für die anderen Allergene steigerte sich die Verträglichkeit.

  • 41 Prozent der Probanden konnten 1000 mg und mehr Cashewnüsse tolerieren, verglichen mit 3 Prozent unter Placebo.
  • Für Milch betrug das Verhältnis 66 Prozent unter Omalizumab zu 10 Prozent unter Placebo,
  • für Ei sogar 67 Prozent zu 0 Prozent.

Als unerwünschte Nebeneffekte wurden in der Verum-Gruppe lediglich mehr Reaktionen an der Einstichstelle beobachtet.

Allergie bleibt bestehen

Wichtig für die Einordnung der Ergebnisse: Die Allergie wird nicht beseitigt! Die Betroffenen reagieren nur weniger empfindlich und sind somit im Alltag besser gegen schwere, mitunter lebensgefährliche Reaktionen geschützt. Meiden müssen sie die Auslöser ihrer Allergie trotzdem lebenslang.

Die Forscher werten die Ergebnisse dennoch als Durchbruch, denn Erdnüsse werden in der Lebensmittelindustrie immer häufiger verwendet. Für Allergiker ist das ein großes Problem. Nicht nur im Lebensmittel selbst können Erdnüsse zum Beispiel in Form von Öl, Extrakt oder Pulver verarbeitet sein, sondern auch durch Produktions- oder Verpackungsanlagen auf andere Produkte übertragen werden.

Rund zehn Prozent aller Kinder in Deutschland zeigen bei Bluttests eine allergische Reaktion gegen Erdnüsse. Diese muss jedoch nicht so schwer ausgeprägt sein, dass Lebensgefahr besteht. Auch Erwachsene können noch eine Erdnussallergie entwickeln, oftmals als Kreuzallergie bei bestehendem Heuschnupfen.

Noch bessere Allergie-Therapie in Aussicht?

Omalizumab ist nicht der erste Antikörper, der gegen Erdnussallergie getestet wird. Bisher schaffte es aber kein Produkt zur Marktreife. Ein Nachteil von Omalizumab ist, dass er sämtliche IgE-vermittelten Reaktionen im Körper bremst, auch solche, die zum Beispiel beim Schutz gegen Parasiten oder Krebs wichtig sind. Anders ein besonderer, sogenannter kovalenter heterobivalenter Inhibitor (cHBI), der bei Erdnussallergie die IgE-Antwort antigenspezifisch abschalten soll. Er wird gerade im Tierversuch getestet.

Quellen:
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/omalizumab-reduziert-risiko-fuer-schwere-reaktionen-145844
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/neuer-ansatz-bei-erdnussallergie-138563/
https://www.daab.de/ernaehrung/nahrungsmittel-allergien/ausloeser/uebersicht/erdnuesse
https://www.gpau.de/fileadmin/user_upload/GPA/dateien_indiziert/Elternratgeber/ER_Erdnussallergie.pdf

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