Über Schläuche läuft eine Infusion in den Arm einer Person. Ein Gerät steuert die Dosierung und zeigt auf einem Monitor Werte an.© BrianAJackson / iStock / Getty Images Plus
Je nachdem, welches Chemotherapeutikum Krebspatient*innen erhalten, ist die Nebenwirkung Übelkeit mäßig bis sehr stark ausgeprägt.

Antiemetikum

ONDANSETRON BLEIBT UNVERZICHTBAR IN DER KREBSTHERAPIE

Aus der Krebsbehandlung ist Ondansetron nicht mehr wegzudenken. Das Antiemetikum aus der Gruppe der Setrone lindert die belastenden Nebenwirkungen Übelkeit und Erbrechen seit 1991. Ist es auch bei anderen Formen schwerer Übelkeit einsetzbar? Ein Steckbrief.

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Eine Chemotherapie belastet den Körper immens. Oft reagiert der Magen, als wolle er einen Giftstoff loswerden: mit Übelkeit und Erbrechen. Je nach Wirkstoff leiden mehr als 90 von 100 Patienten nach der Chemotherapie an starker Übelkeit.

Als erster Vertreter seiner Wirkstoffklasse ist Ondansetron hier nach wie vor Goldstandard. Indiziert ist es zur Prophylaxe und Therapie von Übelkeit und Erbrechen nach Zytostatika- und Strahlenbehandlungen, außerdem bei Narkose-bedingter Übelkeit nach Operationen. Wie wirkt die Substanz und was muss beachtet werden?

Wirkmechanismus: Antagonist am Serotonin-Rezeptor

Ondansetron ist ein kompetitiver, selektiver Antagonist am 5-HT3-Rezeptor, einem von insgesamt sieben Serotoninrezeptoren im menschlichen Körper. Zytostatika und Strahlenbehandlungen setzen im Dünndarm Serotonin frei, welches an peripheren und zentralen 5-HT3-Rezeptoren Übelkeit und Erbrechen auslöst. Ondansetron ähnelt chemisch dem Serotonin, bindet an die Rezeptoren und verhindert so, dass Serotonin andocken kann. So wird der Brechreiz zuverlässig unterdrückt.

Ondansetron-Dosierung bei Chemo-Therapie

Die Substanz kommt bei Erwachsenen in der Regel mit einer Einzeldosis von acht Milligramm (mg) zum Einsatz, entweder peroral ein bis zwei Stunden vor Beginn der Chemo- oder Strahlentherapie oder unmittelbar davor als Injektion oder Infusion. Bei hochemetogenen Zytostatika wie Cisplatin können bis zu 24 mg gegeben werden, auch in Kombination mit Dexamethason. Anschließend setzt man die Behandlung über maximal fünf Tage fort. In der Regel bedeutet das alle zwölf Stunden 8 mg.

Zur Prophylaxe postoperativer Übelkeit gibt man 16 mg eine Stunde vor der Operation peroral oder bei der Narkoseeinleitung 4 mg als Injektion. Wenn das Erbrechen nach der Operation länger fortbesteht, können Einzeldosen von jeweils 4 mg injiziert werden.

Für Kinder berechnet sich die erforderliche Dosierung nach der Körperoberfläche beziehungsweise dem Körpergewicht. Bei Nierenfunktionsstörungen muss die Dosis nicht angepasst werden, bei mittlerer bis schwerer Funktionseinschränkung der Leber sollte die Tageshöchstdosis 8 mg nicht überschreiten.

Achtung, Arrhythmien! Nebenwirkungen und Kontraindikationen

Als Nebenwirkungen kommen sehr häufig Kopfschmerzen und Wärmegefühl in der Haut vor. Häufig bedingt die durch den Wirkstoff verlängerte Dickdarmpassage auch eine Verstopfung. Gelegentlich wurden Herzrhythmusstörungen, Hypotonie und ein Anstieg der Leberenzyme beobachtet, selten eine Verlängerung der QT-Zeit am Herzen und Überempfindlichkeitsreaktionen. In sehr seltenen Fällen verursacht Ondansetron toxische Hautreaktionen.

Bei bekannter Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff darf er nicht eingesetzt werden, genau wie bei Patienten, die bekanntermaßen eine verlängerte QT-Zeit am Herzen aufweisen.

Die Kombination mit Apomorphin ist wegen des Risikos von Blutdruckabfällen bis zum Bewusstseinsverlust ebenfalls kontraindiziert. QT-Zeit-verlängernde Arzneimittel wie manche Antibiotika, Antidepressiva, Blutdrucksenker oder Antihistaminika sollten nur mit Vorsicht mit Ondansetron kombiniert werden. Kardiotoxische Wirkstoffe wie Anthracycline erhöhen das Risiko für Arrhythmien, während Induktoren von CYP3A4 (Carbamazepin, Rifampicin, Phenytoin) die Blutspiegel von Ondansetron verringern.

Die Leberfunktion sollte bei Kindern und Jugendlichen, die gleichzeitig eine hepatotoxische Chemotherapie erhalten, engmaschig kontrolliert werden.

In der Schwangerschaft besser meiden

Ondansetron kommt gelegentlich off-label bei schweren Formen der Schwangerschaftsübelkeit zum Einsatz. Das Pharmakovigilanz-Zentrum der Berliner Charité, bekannt unter Embryotox, rät allerdings zu besser erforschten Wirkstoffen wie Dimenhydrinat, Doxylamin und Meclozin.

Ondansetron passiert die Plazenta und gelangt möglicherweise auch in die Muttermilch. Stillende Mütter sollten ihre Säuglinge genau beobachten, Schwangere den Wirkstoff nur dann erhalten, wenn andere Substanzen nicht wirken und ihre Symptome schwerwiegend sind.

Im Jahr 2019 informierte ein Rote-Hand-Brief über mögliche Gaumenspalten und Herzfehlbildungen bei Babys, deren Mütter im ersten Schwangerschaftsdrittel Ondansetron erhalten hatten. Die Studienlage dazu ist allerdings nicht eindeutig. Sicherheitshalber sollte der Wirkstoff aber nicht eingesetzt werden.

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