Arthrose
PTA-Fortbildung

Arthrose: Knorpel unter Druck

Gelenkbeschwerden zählen zu den häufigsten Beratungsfällen in der Apotheke. Sie können viele Gründe haben. Bei alten Menschen werden Schmerzen in den Gelenken meist durch degenerative Prozesse, also Arthrose, verursacht. Kann man den Gelenkverschleiß aufhalten oder zumindest verzögern?

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NSAR als Mittel der Wahl

Zur medikamentösen Behandlung von Arthroseschmerzen werden vor allem nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAR) wie Ibuprofen, Diclofenac oder Naproxen eingesetzt. Denn sie wirken schmerzlindernd und entzündungshemmend zugleich. Der antientzündliche Effekt soll in den Teufelskreis von Knorpelabbau und Entzündungsreaktion positiv eingreifen, um Gelenkveränderungen aufzuhalten oder vielmehr akute Phasen abzumildern und zu verkürzen. Damit NSAR ihre entzündungshemmende Wirkkomponente voll entfalten können, sind allerdings verschreibungspflichtige Dosierungen erforderlich.

NSAR sollten prinzipiell nicht als Dauerbehandlung zur Anwendung kommen, sondern nur befristet während der Schmerzepisoden und bis zum Rückgang der Entzündungssymptome.

Die unterschiedlichen Wirkeigenschaften der NSAR beruhen auf der Hemmung der Cyclooxygenase (COX), einem Enzym, das die Umwandlung von Arachidonsäure in Prostaglandine katalysiert. COX besteht aus den Isoenzymen COX-1 und COX-2. Während COX-1 überwiegend Prostaglandine bildet, die physiologische Effekte wie den Schutz der Magenschleimhaut und die Plättchen-Aggregation vermittelt, ist COX-2 an der Bildung von Prostaglandinen beteiligt, welche die Schmerzrezeptoren reizen. Für die analgetische und antiphlogistische Wirkung ist immer die Hemmung der COX-2 notwendig. Nebenwirkungen erklären sich vor allem durch die Blockade der COX-1.

NSAR wie Ibuprofen, Diclofenac und Naproxen hemmen sowohl die COX-1 als auch die COX-2, allerdings in unterschiedlichem Ausmaß. Prinzipiell ist die analgetische Wirksamkeit umso größer, je stärker die Affinität der Substanz zur COX-2 ist. Je geringer die COX-1-Affinität ist, desto besser ist die Verträglichkeit. Während Diclofenac eine leichte Präferenz für COX-2 aufweist, sind Naproxen und Ibuprofen mit einer ausgesprochenen Affinität zur COX-1 gekennzeichnet.

In der Praxis haben sich zur Arthrosebehandlung vor allem Diclofenac und Ibuprofen durchgesetzt. Zu beachten ist, dass ihre analgetische und antiphlogistische Wirkung bei den Betroffenen unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann. Zudem bestimmen auch individuelle Gegebenheiten des Anwenders (z. B. Alter, Vorerkrankungen) die Entscheidung für oder gegen einen Wirkstoff.

Umweltbelastung durch Diclofenac vermeiden

Da in den letzten Jahren auffallend hohe Konzentrationen von Diclofenac im Trinkwasser nachgewiesen werden konnten, hat die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) eine Empfehlung zum verantwortungsbewussten Umgang mit Diclofenac-Präparaten herausgegeben.

Darin wird der Anwender angehalten, grundsätzlich nur die zur einzelnen Anwendung nötige Menge zu entnehmen und aufzutragen. Danach sollte er seine Hände zuerst mit einem Tuch abwischen, das anschließend im Restmüll entsorgt wird. Erst im Anschluss sollten die Hände mit Wasser gereinigt werden.

Ein Waschen der Hautpartie, auf der das Gel angewendet wurde, sollte erst nach ausreichender Einwirkzeit erfolgen. Restmengen des Arzneimittels dürfen keinesfalls über Toilette oder Spüle entfernt werden. Wenn Ihre Apotheke keine Altarzneimittel annimmt, verweisen Sie Ihre Kunden auf Schadstoffsammelstellen oder -mobile. In bestimmten Fällen ist auch eine Entsorgung über den Hausmüll erlaubt.

Langzeitanwendung: Vorsicht vor Nebenwirkungen

Bei einer Langzeittherapie steigt unter NSAR-Einnahme das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse wie Herzinfarkt und Schlaganfall (Ausnahme: Naproxen). Diclofenac hat unter den NSAR das höchste kardiovaskuläre Risiko. Deshalb sollten Menschen, die an einer Herz- oder Gefäßkrankheit erkrankt sind, möglichst kein Diclofenac einnehmen. Auch Personen, die Risikofaktoren für die Bildung von Blutgerinnseln aufweisen, sollten auf diese Substanzen besser verzichten.

Große Erwartungen wurden in die COX-2-Hemmer, die Coxibe wie Celecoxib und Etoricoxib, gesetzt. Aufgrund eines hohen kardiovaskulären Risikos werden sie aber nur sehr zurückhaltend verordnet.

Ebenso ist das Risiko für gastrointestinale Beschwerden substanzabhängig und steigt vor allem bei längerer Anwendung, hoher Dosierung und höherem Lebensalter (über 60 Jahre). Ibuprofen scheint unter den NSAR das günstigste gastrointestinale Risikoprofil aufzuweisen. Auch die COX-2-Hemmer verfügen über eine bessere gastrointestinale Verträglichkeit.

Um Magen-Darm-Komplikationen wie Blutungen oder Geschwüre zu vermeiden, werden NSAR häufig mit einem Protonenpumpeninhibitor (PPI) wie Pantoprazol oder Omeprazol kombiniert. Beide sind in niedrigen Dosierungen und kleinen Packungsgrößen rezeptfrei erhältlich. PPI hemmen in den Parietalzellen des Magens die Protonenpumpe, wodurch die Bildung von Magensäure reduziert wird.

Nicht zu unterschätzen sind auch die renalen Nebenwirkungen der NSAR, vor allem im höheren Lebensalter. Da NSAR hauptsächlich über die Niere ausgeschieden werden, sind sie für Ältere mit einer eingeschränkten Nierenfunktion nicht mehr Mittel der Wahl.

Bei einer stark fortgeschrittenen Arthrose werden auch Opioid-Analgetika (z. B. Tramadol, Tilidin) verschrieben, ebenso wie der Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer Duloxetin.

Cortison bei Arthrose

Bei aktivierten Arthrosen kommen auch kurzfristig Glucocorticoide systemisch zum Einsatz. Neben der oralen Gabe werden sie intraartikulär injiziert, wobei die Injektionen nicht öfter als viermal im Jahr aufgrund möglicher knorpelschädigender Effekte erfolgen sollten.

Topika als Alternative

Die bessere Wahl ist in diesen Fällen die topische Anwendung von NSAR (z. B. Diclofenac, Ibuprofen). NSAR durchdringen gut die Haut und erzielen somit wirksame Konzentrationen am Wirkort, also in Subcutis, Sehne, Muskulatur, Gelenkkapsel und Gelenkflüssigkeit.

Topisch appliziert erreichen NSAR gleiche oder sogar höhere Gewebekonzentrationen als oral eingenommen. Beispielsweise haben in Untersuchungen äußerlich aufgetragene NSAR bei einer Gonarthrose eine überlegene Wirksamkeit gezeigt. Bei der Coxarthrose ließ sich eine vergleichbare Wirkstärke belegen. Dabei sind bei topischer Applikation die Plasmaspiegelkonzentrationen wesentlich niedriger, wodurch unerwünschte Wirkungen wie beispielsweise Beschwerden im Gastrointestinaltrakt sowie kardiovaskuläre und renale Nebenwirkungen seltener auftreten.

Für eine optimale Wirkung werden die Zubereitungen zwei- bis dreimal täglich aufgetragen. Empfehlenswert ist ein Einmassieren, damit der Wirkstoff besser durch die Haut ins Zielgewebe eindringt. Zudem sorgen ausreichend große Mengen (ein circa drei- bis fünf Zentimeter langer Gel- oder Cremestrang) für ein Depot in der Haut, aus dem der Wirkstoff über Stunden hinweg kontinuierlich freigesetzt werden kann.

Eine Alternative sind wirkstoffhaltige Pflaster (z. B. mit Diclofenac). Bei diesen sind allerdings allergische Hautreaktionen als unerwünschte Wirkung möglich.

Eine schnelle und effektive Schmerzlinderung ermöglichen auch Topika mit Beinwell (Symphytum officinale), zumal diese noch abschwellende und entzündungshemmende Effekte aufweisen. Es stehen entweder Zubereitungen mit einem Beinwellkonzentrat aus Blüten und Blättern oder mit Beinwellwurzelextrakt zur Verfügung. Auch wenn für die Präparate meist speziell Pyrrolizidin-freie Sorten kultiviert werden, sollten diese nur auf intakter Haut aufgetragen werden, um potenzielle lebertoxische Nebenwirkungen zu vermeiden.

Eine Entzündungshemmung lässt sich auch durch Auftragen von Johanniskrautöl (Synonym: Rotöl) erzielen. Dabei handelt es sich um eine Zubereitung aus frischen, zerquetschten Johanniskrautblüten, die mit Olivenöl (1:4) übergossen und in einem hellen Glasbehälter unter häufigem Umschütteln über sechs Wochen an einem warmen und sonnigen Ort extrahiert werden. Da sich dabei das Öl durch das aus den Blüten extra­hierten roten Hypericinen dunkelrot färbt, wird die ölige Hypericum-Zubereitung auch Rotöl genannt. Die antiphlogistische Wirkung geht auf Hyperforin und Flavonoide zurück.

Homöopathie

Weitere Alternative sind homöopathische Topika. Beispielsweise hat sich eine Creme mit 14 optimal aufeinander abgestimmten Inhaltsstoffen bewährt. Sie hat sich in Studien bei Schmerzen von Muskeln und Gelenken ebenso wirksam wie NSAR-Zubereitungen präsentieren können. Zudem steht das Komplexmittel in Tablettenform zur Verfügung, wobei vor allem eine kombinierte Anwendung empfehlenswert ist.

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