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Pflanzliche Inhaltsstoffe

ZIEMLICH LANGE KETTEN

Auch bei Phytopharmaka sollte das Wissen um den Wirkmechanismus der pflanzlichen Inhaltsstoffe stets aktuell sein, um auch dem anspruchsvollen Kunden gerecht zu werden. Wir beginnen diese Serie mit der Gruppe der Kohlenhydrate.

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Pflanzliche Therapiemöglichkeiten erfreuen sich nach wie vor hoher Beliebtheit. Nicht erst seit dem Internet diskutieren Hobbybiologen mit Ihnen im Handverkauf über den traditionellen Einsatz von Teezubereitungen, Mazeraten und anderen Phytopharmaka. Da kommen auch die erfahrensten Apothekenmitarbeiter hin und wieder ins Schwitzen. Wir möchten Ihnen mit dieser Serie jeden Monat eine Gruppe ausgesuchter, pflanzlicher Inhaltsstoffe vorstellen. So können Sie Ihr Wissen aus der Ausbildung wieder auffrischen und das Beratungsgespräch auf dem neusten Stand halten. Da sich viele Inhaltsstoffe ähneln, kann das Wissen auf verschiedenen Pflanzen angewandt werden.

Primärer und sekundärer Stoffwechsel Die Fotosynthese bildet die Grundlage des pflanzlichen Stoffwechsels. Kohlenstoff wird mit Hilfe der Energie des Sonnenlichts vom anorganischen Kohlenstoffdioxid in eine energiereiche organische Zuckerverbindung überführt. Diese wird auch als Kohlenhydrat oder Monosaccharid bezeichnet. Monosaccharide werden für den Primärstoffwechsel als Energielieferant benötigt. Verknüpft die Pflanze einzelne Monosaccharide untereinander, entstehen erst Disaccharide und dann bei weiteren Verknüpfungen Polysaccharide, die entweder gespeichert oder als strukturgebende Einheiten in die Zellen eingebaut werden. Dieser primäre Grundstoffwechsel ist für das Wachstum, die Reproduktion und die Entwicklung der Pflanze unentbehrlich und findet in jeder einzelnen Zelle statt.

Der für die Pharmazie interessantere Sekundärstoffwechsel hingegen findet nur in bestimmten Organen oder Entwicklungsstadien der jeweiligen Pflanze statt. Hier entstehen die typischen Substanzen, die mit dem Begriff Phytopharmakon in Verbindung gebracht werden. Unter anderem ätherische Öle, Alkaloide oder Glykoside werden hier meist in kleineren aber für die Pflanze ausreichenden Mengen produziert. Die Grundsubstanzen für die Biosynthese werden dem primären Stoffwechsel entnommen. Auch wenn die Pflanze grundsätzlich ohne diese Substanzen überleben könnte, spielen sie doch eine elementare Rolle für das Überleben und das Fortbestehen.

Fraßschutz, Abwehr von Erregern, Schutz vor Verdunstung und UV-Strahlung sind nur einige Aufgaben, die Substanzen aus dem Sekundärstoffwechsel übernehmen. Je nach Eigenschaft des Sekundärstoffes haben Pflanzen Mechanismen entwickelt, um sich selbst vor der Wirkung zu schützen. Die Sekundärstoffe werden beispielsweise in besonderen Zellen oder Vakuolen gespeichert. Auch die Bildung und Speicherung von nichttoxischen Vorstufen hat sich durchgesetzt. So entstehen die Toxine erst bei mechanischer Zerstörung von Zellen, wie es bei der Zwiebel der Fall ist.

Spezielle Kohlenhydrate Doch auch im Primärstoffwechsel werden pharmazeutisch interessante Sub- stanzen gebildet. Insbesondere Beschwerden des Magen-Darm-Trakts stellen gute Einsatzmöglichkeiten für bestimmte Polysaccharide dar, deren eigentliche Aufgabe darin besteht, der Pflanze ihre endgültige Form zu geben. Die Ketten aus Monosacchariden, die der menschliche Körper nur sehr schwer oder gar nicht verwerten kann, unterstützen als Ballaststoffe die Funktionen der Verdauung. Wichtig ist, dass die Polysaccharide wasserlöslich sind. In diese Gruppe gehören beispielsweise Pektine, Methylcellulose oder schleimartige Polysaccharide. Im Magen binden die löslichen Ballaststoffe Wasser und quellen auf. Es setzt ein längeres Sättigungsgefühl ein.

Wichtige pflanzliche Kohlenhydrate
Alginate aus der Braunalge Pektine aus Äpfeln oder Zitronenschale Polysaccharide aus Flohsamenschalen und Leinsamen Polysaccharide aus der Aloe, Eibisch und Malve

Im Dünndarm sorgt das große Volumen für mehr Widerstand und bewirkt so eine längere Durchgangszeit. Auch auf den Blutzuckerspiegel können lösliche Ballaststoffe eine positive Wirkung haben. Indem sie eine Art Gel im Darm bilden, werden einfache Kohlenhydrate langsamer aufgenommen. Der Blutzuckerspiegel steigt folglich langsamer an und Blutzuckerspitzen können vermieden werden. Im Dickdarm regulieren Ballaststoffe die Stuhlmenge. Durch das große Volumen wird die Peristaltik angeregt und eine erleichterte Defäkation ermöglicht.

Diese Eigenschaften machen lösliche Ballaststoffe zu einer guten Therapieoption sowohl bei Obstipation als auch bei Diarrhö. Pektine können schon ab dem Säuglingsalter bei Durchfallerkrankungen eingesetzt werden. Aufgrund ihrer hohen Wasserbindungsfähigkeit wirken sie dem vermehrten Wasserausfluss entgegen und normalisieren den Stuhlgang. In Form geriebener Äpfel können Pektine fast immer als Begleittherapie empfohlen werden, wenn der Wunsch nach einem Loperamid-Präparat besteht.

Ebenfalls bietet Sodbrennen eine Indikation für den Einsatz bestimmter Polysaccharide. Aus Braunalgen gewonnen wird die Alginsäure zusammen mit Calciumcarbonat und Kaliumhydrogencarbonat eingesetzt. Diese Kombination lässt einen zähen Schaum entstehen, der nicht verstoffwechselt werden kann und so eine Barriere zwischen der Magensäure und der Speiseröhre bildet. Auch der Einsatz von Polysacchariden als Lutschtablette hat sich bei Reflux etabliert. Sie legen sich auf die geschädigte Schleimhaut und erneuern so die körpereigene Barriere gegen die Magensäure.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 08/2021 ab Seite 26.

Manuel Lüke, Apotheker und PTA-Lehrer

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