Eine junge Frau pipettiert eine bunte Flüssigkeit aus einem Erlenmeyerkolben. Sie trägt einen langärmligen Laborkittel, eine Schutzbrille, einen Mundschutz und blaue Einmalhandschuhe.© Jose Manuel Veiga del Pino/iStock/Getty Images Plus
Welche Handschuhe brauchen PTA in der Rezeptur? Und wann eine Schutzbrille oder einen Atemschutz? Das liegt an der Art des Gefahrstoffs – und auf welche Weise Sie mit ihm arbeiten.

Sicherheit

PERSÖNLICHE SCHUTZAUSRÜSTUNG IN DER REZEPTUR: WELCHE PSA BEI WELCHEM GEFAHRSTOFF?

Bei welchen Rezepturen müssen PTA eigentlich einen Atemschutz tragen, und welchen? Und wie sollten sie sich sonst noch vor Gefahrstoffen schützen? Eins ist klar: Der Kittel ist Pflicht. Alles andere erfahren Sie hier.

Seite 1/1 14 Minuten

Seite 1/1 14 Minuten

Gefahrstoffe und Rezeptur gehen Hand in Hand. Die persönliche Schutzausrüstung (PSA) während der Herstellung einer Individualrezeptur ist ebenso wichtig wie alle weiteren Arbeitsschritte und Dokumentationen in der Apotheken eigenen Rezeptur.

In Apotheken werden alle Gefahrstoffe nach dem global harmonisierten System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien (GHS) gelagert und gekennzeichnet. Diese Einstufung nach dem GHS und das Farbkodiersystem der Bundesapothekerkammer (BAK) geben allen Mitarbeitern in der Rezeptur die nötige Hilfestellung zur Verwendung der richtigen persönlichen Schutzausrüstung zum Schutz vor Gefahrstoffen.

Persönliche Schutzausrüstung in der Rezeptur

Zur PSA, der persönlichen Schutzausrüstung in der Rezeptur, gehören zum Beispiel

  • Laborkittel
  • Atemschutzmaske
  • Schutzbrille
  • Schutzhandschuhe

Woher wissen Sie, welche Schutzausrüstung Sie für welche Rezeptur brauchen? Das Tragen eines geschlossenen, langärmligen Laborkittels ist bei jeder Tätigkeit in der Rezeptur vorgeschrieben, nicht nur beim Umgang mit Gefahrstoffen. Das Tragen von Schutzhandschuhen, Schutzbrille und Atemschutzmaske ist abhängig vom individuellen Gefahrenpotenzial der verwendeten einzelnen Gefahrstoffen.

Welche persönliche Schutzausrüstung bei welchem Gefahrstoff? Gefährdungsbeurteilung 

Am Anfang der Arbeit mit Gefahrstoffen in der Rezeptur steht die Gefährdungsbeurteilung. Eine Gefährdungsbeurteilung wird nach Gefahrstoffverordnung vom Apothekenleiter oder vom Gefahrstoffbeauftragten durchgeführt und regelmäßig auf seine Wirksamkeit überprüft. Dies ist ein fortwährender Prozess und hat zum Ziel, alle Beschäftigten im nötigen Umgang mit den Gefahrstoffen zu schützen und über zu erwartende Gefahren aufzuklären.

In der Handlungsbeschreibung der Berufsgenossenschaft für Gesundheit wird eine durchzuführende Gefährdungsbeurteilung in folgenden sieben Schritten durchgeführt:

  1. Arbeitsbereiche und Tätigkeiten festlegen
  2. Gefährdungen ermitteln
  3. Gefährdungen beurteilen
  4. Maßnahmen festlegen
  5. Maßnahmen durchführen
  6. Wirksamkeit überprüfen
  7. Gefährdungsbeurteilung fortschreiben

Vereinfachte Kennzeichnung von Gefahrstoffen

Die Bundesapothekerkammer veröffentlichte in Bezug auf die persönliche Schutzausrüstung die „Empfehlung zu Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen in der Rezeptur“. In dieser Empfehlung ist die vereinfachte Kennzeichnung von Standgefäßen in der Rezeptur benannt und mittels technischer Regeln mit Gefahrstoffen (TRGS) 201 genau definiert.

So wird zum Beispiel der vorhandene Gefahrstoff bei einer vereinfachten Kennzeichnung mindestens beschriftet mit

  • der korrekten Bezeichnung des Stoffes oder Gemisches und
  • ausgewählten Gefahrenpiktogrammen unter Berücksichtigung der Art der Gefahr (physikalische Gefahren, Gesundheitsgefahren, Umweltgefahren).

H-Sätze, P-Sätze und EUH-Sätze

Die CLP-Verordnung ist die EU-Chemikalienverordnung, die das GHS in der EU umsetzt. CLP steht dabei für Classification, Labelling und Packaging. Bei der Einstufung und Kennzeichnung der Gefahren nach CLP-Verordnung lassen sich anhand der H-Sätze entsprechende Gefahrenhinweise ableiten, außerdem die erforderlichen Arbeitsschutzmaßnahmen – also auch die Art der persönlichen Schutzausrüstung.

P-Sätze, H-Sätze und EUH-Sätze sind standardisierte Kennzeichnungen von Gefahrstoffen und ein weiterer Bestandteil des GHS zur Einstufung und Kennzeichnung von Gefahrstoffen, auch in der Rezeptur in der Apotheke.

  • Gefahrenhinweise sind in verschiedenen H–Sätzen sowie den ergänzenden EUH-Sätzen zusammengefasst.
  • Sicherheitshinweise, P–Sätze, beschreiben genaue Anweisungen, die der Sicherheit dienen, zum Beispiel: „Darf nicht in die Hände von Kindern gelangen!“.

Das H der H-Sätze steht für „Hazard“ – also Gefahr. Das P steht für „Precaution“ – also Vorsicht.

Bundeseinheitliche Farbkodierung von Rezeptur-Gefahrstoffen

Neben der oben beschriebenen vereinfachten Kennzeichnung von Gefahrstoffen empfiehlt die Bundesapothekerkammer in der Rezeptur die Kennzeichnung der H–Sätze der 300er-Reihe sowie die bundeseinheitliche farbige Markierung der empfohlenen persönlichen Schutzausrüstung.

H–Sätze sind in verschiedene Untergruppen kategorisiert. H–Sätze der 300er-Reihe geben Gefahrenhinweise für Gesundheitsgefahren im Umgang mit Gefahrstoffen wieder. Somit sind sie die Grundlage zur Kennzeichnung der bundeseinheitlichen Farbkodierung aller Gefahrstoffen in der Rezeptur.

Die bundeseinheitliche Farbkodierung weist Gefahrstoffen in der Rezeptur anhand der Gefahrenhinweise eine bestimmte persönliche Schutzausrüstung zu.

Tätigkeiten mit Stoffen, die nicht zu den CMR-Stoffen der Kategorien 1A und 1B gehören:

Gelb

Gefahr durch Hautkontakt

Schutzhandschuhe

Orange

Gefahr durch Einatmen

Atemschutzmaske

Hellblau

Gefahr für die Augen

Schutzbrille

Tätigkeiten mit CMR-Stoffen der Kategorien 1A und 1B

Rot

Gefahr durch Kontakt

Schutzhandschuhe
Atemschutzmaske
Schutzbrille

CMR–Stoffe sind Stoffe und Stoffgemische, die eingestuft werden als

  • krebserzeugend (cancerogen),
  • ergutverändernd (mutagen) und
  • fruchtbarkeitsgefährdend (reproduktionstoxisch)

Eingedeutscht wird auch häufig die Bezeichnung KMR–Stoff verwendet, das K steht dann für karzinogen.

CMR-Stoffe werden unterschiedlich kategorisiert: Es gibt die Kategorien 1A und 1B. In Gruppe 1A sind alle Stoffe gelistet, die nachweislich zu Schäden führen. In der Gruppe 1B befinden sich Stoffe, bei denen eine mögliche Schädigung angenommen wird, ein sogenannter Verdachtsstoff.

CMR-Stoffe in der Rezeptur:
Welche persönliche Schutzausrüstung?

CMR Stoffe sind eindeutig gekennzeichnet mit den H – Sätzen

  • H340
  • H350, H350i
  • H360

Sie erhalten die bundeseinheitliche rote Farbkodierung und erfordern im Rahmen einer Rezeptur alle möglichen Arbeitsschutzmaßnahmen:

  • Schutzhandschuhe,
  • Atemschutzmaske und
  • Schutzbrille

Wo steht, welcher Gefahrstoff in der Rezeptur welche Schutzausrüstung erfordert?

Welche Gefahrstoffe in Rezepturen welche persönliche Schutzausrüstung notwendig machen, können Sie zum Beispiel dem Sicherheitsdatenblatt oder den Rezepturstandards der Bundesapothekerkammer entnehmen.

Das Sicherheitsdatenblatt

Jeder Gefahrstoff muss beim Inverkehrbringen ein Sicherheitsdatenblatt haben. Der Produzent und Hersteller eines Gefahrstoffs ist, nach REACH–Verordnung Artikel 31, verpflichtet ein solches Sicherheitsdatenblatt bereitzustellen. Das Sicherheitsdatenblatt ist im Aufbau genormt und enthält alle Informationen zum Gefahrstoff. Jeden Gefahrstoff aus Ihrer Rezeptur können Sie mittels Produktidentifikationsnummer eineindeutig zuordnen..

Das Sicherheitsdatenblatt ist in folgenden vorgeschriebenen Abschnitten aufgebaut:

Abschnitt

Titel

1

Bezeichnung des Stoffes bzw. des Gemisches, Firmenbezeichnung

2

Mögliche Gefahren

3

Zusammensetzung / Angaben zu Bestandteilen

4

Erste-Hilfe-Maßnahmen

5

Maßnahmen zur Brandbekämpfung

6

Maßnahmen bei unbeabsichtigter Freisetzung

7

Handhabung und Lagerung

8

Begrenzung und Überwachung der Exposition/Persönliche Schutzausrüstungen

9

Physikalische und chemische Eigenschaften

10

Stabilität und Reaktivität

11

Toxikologische Angaben

12

Umweltbezogene Angaben

13

Hinweise zur Entsorgung

14

Angaben zum Transport

15

Rechtsvorschriften

16

Sonstige Angaben

 

In den Sicherheitsdatenblättern sind alle nötigen Informationen enthalten, welche zur vorgeschriebenen Kennzeichnung von Gefahrstoffen verwendet werden müssen. Auch die zu verwendende persönliche Schutzausrüstung beim Umgang mit Gefahrstoffen in Abschnitt 8 zu finden.

Jede Apotheke ist verpflichtet, alle Sicherheitsdatenblätter von vorhandenen Gefahrstoffen zu sammeln und ein Gefahrstoffbuch zu führen. Darin werden alle in der Apotheke befindlichen Gefahrstoffe in Art und Menge gelistet, stets aktualisiert und regelmäßig überprüft. So erhalten Sie auf einen Blick die Übersicht aller Gefahrstoffe in der Rezeptur.

Rezepturstandard zur persönlichen Schutzausrüstung

Rezepturstandards sind Empfehlungen zu Arbeitsschutzmaßnahmen im Umgang mit Gefahrstoffen, welche von der Bundesapothekerkammer erstellt wurden. Im entsprechenden Dokument werden alle nötigen Arbeitsschutzmaßnahmen des Gefahrstoffs zusammengefasst, auch die persönliche Schutzausrüstung. Die Rezepturstandards liefern auch Informationen zu einem etwaigen Beschäftigungsverbot nach Mutterschutzgesetz sowie Einschränkungen nach Jugendarbeitsschutzgesetz im Zusammenhang mit Gefahrstoffen.

Die Sammlung der Rezepturstandards ist dabei in zwölf Tätigkeitsbereiche der Rezeptur eingeteilt. Die Einteilung der Tätigkeitsbereiche richtet sich danach, bei welchen Tätigkeiten in der Rezeptur welche CMR-Stoffe und anderen Gefahrstoffe involviert sind.

Anforderungen an die Schutzausrüstung in der Rezeptur

Schutzhandschuhe

unsterile medizinische Schutzhandschuhe

  • Bestehen aus Nitril oder Vinyl
  • schützen i.d.R. Nicht vor Gefahrstoffen

Chemikalienfeste Schutzhandschuhe

  • Bestehen aus Nitrilkautschuk
  • sind meistens mehrfach verwendbar
  • haben lange Stulpen

Atemschutzmaske

Medizinischer Mund-Nasen-Schutz

  • Fremdschutz, kein Eigenschutz
  • Minderung der Tröpfchenfreisetzung

FFP1 – Maske

  • Eigenschutz im Arbeitsprozess
  • Basisschutz vor ungiftigen Stäuben und Aerosolen
  • Tragedauer lt. Hersteller beachten

FFP2 – Maske

  • Eigenschutz im Arbeitsprozess
  • ohne Ausatemventil Fremdschutz
  • erhöhter Schutz vor giftigen Stäuben und Aerosolen sowie CMR-Stoffen
  • Tragedauer lt. Hersteller beachten

FFP3 – Maske

  • Eigenschutz im Arbeitsprozess
  • ohne Ausatemventil Fremdschutz
  • erhöhter Schutz vor giftigen Stäuben und Aerosolen sowie CMR-Stoffen
  • Tragedauer lt. Hersteller beachten

Schutzbrille

 

  • Schutzbrille mit Seitenschutz
  • Eigenschutz der Augen

Laborkittel

  • Eigenschutz vor Chemikalien
  • hygienischer Fremdschutz
  • langärmlig
  • geschlossen zu tragen
  • bei jeder Tätigkeit im Labor

Bei allen Tätigkeiten in der Rezeptur sollte der Arbeitsschutz stets das höchste Gebot sein. Denn nicht nur für eine hygienische, einwandfreie Individualrezeptur sind die Arbeitsschutzmaßnahmen erforderlich. Die eigene Gesundheit bei der Arbeit und im Umgang mit Gefahrstoffen in der Rezeptur hat höchste Priorität!

Quellen:
https://www.abda.de/fileadmin/user_upload/assets/Praktische_Hilfen/Arbeitsschutz/Gefahrstoffkennzeichnung/Farbkonzept_Standgefaesse_10_09_08.pdf
https://www.abda.de/fileadmin/user_upload/assets/Praktische_Hilfen/Arbeitsschutz/Empfehlungen_der_BAK/Rezepturherstellung_Standards
https://www.bgw-online.de/resource/blob/20052/0def13dba6b7483f322d9ba48b57de9/bgw04-05-050-gefaehrdungsbeurteilung-in-apotheken.data.pdf
https://www.dguv.de/ifa/fachinfos/reach/sicherheitsdatenblatt/sbd-abschnitte-und-unterabschnitte/index.jsp
https://www.baua.de/DE/Angebote/Regelwerk/TRGS/pdf/TRGS-201?__blob=publikationFile&v=1
https://www.gesetze-im-internet.de/gefstoffv_2010/index.html#BJNR64400010BJNE000901301
https://www.baua.de/DE/Themen/Arbeitsgestaltung/sichere-produkte//Persoenliche-Schutzausruestungen/pdf/Schutzmasken.pdf?__blob=publicationFile&v=3

×