Rheumatischer Formenkreis
RHEUMA – MEHR ALS GELENKSCHMERZ
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Unter Rheuma stellen sich die meisten eine Erkrankung vor, die sich mit schmerzenden Gelenken äußert. Doch Rheuma ist weitaus mehr. Hinter dem Begriff verbergen sich über 100 verschiedene Krankheitsbilder, die sich nicht nur auf den Bewegungsapparat beschränken. Es handelt sich vielmehr meist um Systemerkrankungen, bei denen nahezu alle Organe betroffen sein können. Mediziner sprechen daher korrekterweise von Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises.
Es werden entzündliche (z. B. rheumatoide Arthritis, Spondylarthritis, Kollagenosen, Vaskulitiden), degenerative (z. B. Arthrose) und extraartikuläre Rheumaformen (auch Weichteilrheuma genannt) unterschieden. Letztere sind schmerzhafte, chronisch entzündliche oder degenerativ-mechanische Veränderungen, die nicht von den Gelenken ausgehen (artikulär = ein Gelenk betreffend), sondern von den Weichteilen des Bewegungsapparates. Beispielsweise Schleimbeutelentzündung (Bursitis), Sehnenscheidenentzündung (Tendovaginitis), schmerzhafte Muskelverhärtungen oder das Fibromyalgie-Syndrom.
Rheumatoide Arthritis
Die wohl bekannteste Erkrankung des rheumatischen Formenkreises ist die rheumatoide Arthritis (RA, früher als chronische Polyarthritis bezeichnet). Zugleich stellt sie die häufigste entzündlich-rheumatische Erkrankung dar. Circa ein Prozent der Bevölkerung ist von einer RA betroffen, wobei Frauen etwa dreimal häufiger als Männer erkranken.
Die Erkrankung kann in jedem Alter auftreten. Meist wird sie aber erst nach dem 50. Lebensjahr diagnostiziert. Es können jedoch schon Kinder und Jugendliche an einer RA leiden. Dann spricht man von der juvenilen idiopathischen Arthritis (Arthritis im Kindesalter).
Chronische Entzündung
Die RA beruht wie fast alle entzündlich-rheumatischen Erkrankungen auf einer Störung des Immunsystems. Dadurch werden Autoimmunreaktionen im gesamten Körper in Gang gesetzt, die Entzündungsprozesse zur Folge haben. Bei der RA wird die Gelenkinnenhaut (Synovialis) angegriffen, die sich durch die Autoimmunreaktion stark verdickt. Außerdem produziert sie zu viel und veränderte Gelenkflüssigkeit.
Dadurch schwillt das Gelenk schmerzhaft an und dehnt sowohl die Gelenkkapsel als auch die Bänder. Weil das Gelenk sich immer wieder entzündet und anschwillt, verliert es zunehmend an Stabilität. Zudem greift die Entzündung der Synovialis im Laufe der Jahre auf den Gelenkknorpel und Knochen über, was schließlich das gesamte Gelenk irreversibel zerstört.
Darüber hinaus kann die RA neben den Gelenken nahezu alle Organe (vor allem Herz und Lunge) in Mitleidenschaft ziehen. Typische Anzeichen dafür sind Symptome wie
- Müdigkeit,
- Leistungsschwäche,
- Schlafstörungen,
- Fieber,
- Nachtschweiß und
- Gewichtsverlust.
Zudem haben die Patienten ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse wie Herzinfarkt oder Schlaganfall sowie für psychische Erkrankungen wie Depression oder Angststörungen.
Spezifische Entzündungsmarker
Meistens lassen sich die entzündlichen Prozesse anhand von Entzündungswerten im Blut diagnostizieren. Bei der rheumatoiden Arthritis spielen bestimmte Auto-Antikörper eine Rolle, vor allem anti-citrullinierte-Protein-Antikörper (ACPA, auch CCP-Antikörper genannt) und Rheumafaktoren. Letztere zeigen sich allerdings nicht zwangsläufig bei jedem RA-Patienten und können auch bei anderen Erkrankungen und Gesunden vorkommen.
Außerdem sind bei einer RA entzündungsfördernde Botenstoffe (Zytokine) im Blut nachweisbar, die die Entzündungsreaktionen unterhalten, beispielsweise Tumornekrosefaktor-alpha (TNF-alpha) sowie Interleukin-1(IL-1) und 6 (IL-6).
Schubweise und fortschreitend
Warum sich der Körper gegen sich selbst richtet, ist nicht genau bekannt. Man geht aber davon aus, dass eine genetische Disposition und Umweltfaktoren (z. B. Allergie, Infektionen, Rauchen) relevant sind.
Der Beginn der Erkrankung ist meist schleichend. Anfangs manifestieren sich die Entzündungen oftmals an den kleinen Finger- und Zehengelenken. Später greifen die Entzündungsprozesse auf größere Gelenke über. Die Gelenke schwellen an, schmerzen und werden steif.
In der Regel zeigen sich die Symptome vor allem morgens. Die Morgensteifigkeit kann schließlich bis zu fünf Stunden andauern und ist mit einer zunehmenden Bewegungseinschränkung sowie Gelenkdeformierung verbunden. Der Krankheitsverlauf ist schubweise, wobei ein einzelner Schub mehrere Wochen oder Monate andauern kann.
Erste Hinweise auf eine RA sind
- weiche Gelenkschwellungen in mehr als zwei Gelenken für sechs Wochen und länger,
- eine symmetrische Verteilung der befallenen Gelenke auf beiden Körperhälften sowie
- eine 60 Minuten und länger anhaltende Morgensteifigkeit (z. B. ist es dann nicht möglich, die Hände zur Faust zu schließen).
Weitere entzündliche-rheumatische Erkrankungen
Spondylarthritiden – Hier sind die Wirbel der Wirbelsäule entzündet. Sind die kaudale (fußwärtige) Wirbelsäule oder die Iliosakralgelenke (ISG) betroffen, liegt eine Spondylitis ankylosans vor, die auch unter der Bezeichnung Morbus Bechterew bekannt ist. Sie ist im Frühstadium mit Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule verbunden und kann in schweren Fällen zu einer vollständigen knöchernen Versteifung der Wirbelsäule und der stammnahen Gelenke führen. Außerdem zählt die Psoriasis-Arthritis zu den Spondylarthritiden. Diese Form der Arthritis tritt im Zusammenhang mit einer Schuppenflechte (Psoriasis) auf, in der Regel einige Jahre nach den ersten Hauterscheinungen. Grundsätzlich könne alle Gelenke betroffen sein, wobei sich meist sämtliche Gelenke eines Strahls (z. B. Fingers) entzünden. Typischerweise findet sich bei den Betroffenen oft die Trias aus Schuppenflechte, Nagelveränderungen und Arthritis. Langfristig besteht wie bei der RA das Risiko ausgeprägter Gelenkdeformationen.
Kollagenosen – Hierbei handelt es sich um Bindegewebserkrankungen, bei denen aufgrund der Beteiligung innerer Organe sowie der Gefäße schwere, mitunter lebensbedrohliche Krankheitsverläufe auftreten können. Zu den Kollagenosen gehören unter anderem der systemische Lupus erythematodes (SLE), die Systemische Sklerodermie, die Polymyositis sowie das Sjögren-Syndrom. Häufig dienen organunspezifische Auto-Antikörper gegen Zellkernmaterial (antinukleäre Antikörper, ANA) sowie Antikörper gegen doppelsträngige DNA (anti-dsDNA) zur Diagnosesicherung.
Vaskulitiden – Dazu gehören die eher im höheren Alter vorkommende Muskelerkrankung Polymyalgia rheumatica sowie die oft mir ihr vergesellschaftete Temporalarteriitis (Riesenzellarteriitis), bei der vornehmlich die großen und mittleren Arterien im Versorgungsgebiet der Halsschlagader (Arteria carotis) betroffen sind.
Arthrose
Von den entzündlich-rheumatischen Erkrankungen sind die verschleißbedingten (degenerativen) rheumatischen Gelenkerkrankungen (Arthrosen) abzugrenzen. Sie kommen unter den Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises mit etwa fünf Millionen Erkrankten am häufigsten vor.
Ursache sind hier keine Autoimmunreaktionen, sondern natürliche Alterungsprozesse oder Vorschäden (z. B. angeborene Hüftdysplasie). Sie führen zur Abnutzung und einer fortschreitenden Degeneration des Knorpelgewebes im Gelenk sowie aller Strukturen, die am Aufbau eines Gelenks beteiligt sind. Schwellungen und Schmerzen im Gelenk sowie Reizzustände der Sehnen- und Bandansätze sind die Folge.
Eine Arthrose kann prinzipiell alle großen und kleinen Gelenke betreffen, vor allem die, die ständig beansprucht werden oder großem Druck ausgesetzt sind. Hauptsächlich sind die Gelenke von Hüfte (Coxarthrose) und Knie (Gonarthrose) geschädigt. Aber auch Schulter (Omarthrose) und Finger (Polyfingerarthrose) sind für die Entwicklung einer Arthrose anfällig.
Späte Diagnose
Bis zur Diagnose einer Arthrose verstreicht oft viel Zeit, da der empfundene Schmerz nicht direkt mit dem Grad der Erkrankung zusammenhängt. Die von den Betroffenen berichteten Beschwerden müssen nicht mit dem Schweregrad oder vielmehr dem ärztlichen Befund korrelieren.
Es ist sowohl möglich, dass sich im Röntgenbild nur ein geringer Gelenkschaden abbildet, der Betroffene aber über starke Schmerzen klagt. Genauso können deutliche Strukturveränderungen zu sehen sein, auch wenn noch keine Gelenkbeschwerden vorhanden sind. Zudem ordnen viele der Betroffenen ihre Symptome nicht gleich als Zeichen einer Arthrose ein, da sich die Beschwerden vermeintlich uncharakteristisch darstellen.
Arthrose-spezifische Blutwerte gibt es nicht. Allerdings kann eine aktivierte Arthrose mit einem leicht erhöhten C-reaktiven Protein (CRP) einhergehen.
Stetiger Knorpelverlust
Der Gelenkknorpel unterliegt während seiner gesamten Lebensdauer Aufbau- und Abbauprozessen. Inaktivität kann ebenso wie zu starke körperliche Belastung eine Arthrose begünstigen. Während Belastung innerhalb physiologischer Grenzen mit einem Knorpelaufbau einhergeht, führt Überlastung zum Abbau des Knorpels.
Anfänglich versucht der Organismus, den Abbau mit einer gesteigerten Knorpelneubildung zu kompensieren. Allerdings bildet sich Kollagen mit einer verminderten Qualität, das Gelenkbelastungen nicht mehr so gut standhält, sodass irreversible Schädigungen des Knorpelgewebes die Folge sind.
Zuerst wird das Kollagennetz zerstört, später fasert die oberste Lage des Knorpelgewebes aus. Die ehemals glatte Knorpeloberfläche ist dann durch Risse, Unebenheiten und Aufrauungen gekennzeichnet. Die aufgerauten Knorpelschichten reiben aneinander, wodurch der Knorpel schrittweise abgetragen wird, bis der Knochen teilweise oder ganz frei liegt.
Knochenveränderungen
Reibt Knochen an Knochen, stellen sich nicht nur Schmerzen ein. Zudem reagiert der Knochen, indem er sich verdichtet und verhärtet. Das mindert seine stoßdämpfenden Eigenschaften. Im Zuge dieser Knochenbeteiligung kann auch der Gelenkinnendruck steigen. So können Vertiefungen in der Knochensubstanz (Zysten, Geröllzysten) entstehen, die mit abgestorbenem Gewebe, Bindegewebe und Flüssigkeit gefüllt sind.
Am Rand der Gelenkflächen können sich zum Druckausgleich knöchernde Auswüchse (Osteophyten) bilden, was durch knotig verdickte und deformierte Gelenke sichtbar wird. Die Osteophytenbildung dicht oberhalb der Wirbelkörperkante wird Spondylose genannt, Umbauprozesse an den Zwischenwirbelgelenken heißen Spondylarthrosen oder Facettengelenksarthrose.
Aktivierte Arthrose
Im weiteren Verlauf schreitet die Zerstörung des Gelenks fort. Sie geht mit zunehmenden Bewegungseinschränkungen bis hin zu irreversiblen Funktionseinbußen und andauernden Schmerzen einher. Gleichzeitig gelangt abgeriebenes Knorpel- und Knochenmaterial in die Gelenkflüssigkeit. Dadurch wird die Synovialis gereizt und es können sich schmerzhafte Entzündungsreaktionen (Synovitis) entwickeln, die schließlich eine Überproduktion von Gelenkflüssigkeit (Gelenkerguss) bedingen.
Dieses Entzündungsgeschehen ist akut und tritt phasenweise nach bereits fortgeschrittener Zerstörung des Knorpels auf. Dieses als aktivierte Arthrose bezeichnete Stadium macht sich durch Entzündungszeichen wie Schwellung, Rötung und überwärmte Gelenke bemerkbar.
Zunehmend schwerer Verlauf
Zu den frühen Symptomen einer Arthrose zählt der Anlaufschmerz. Dabei fühlen sich die Gelenke nach einer längeren Ruhephase steif an. Oder sie schmerzen leicht bei den ersten Schritten nach dem Aufstehen. Das passiert zum Beispiel morgens nach der Nachtruhe oder nach langen Autofahrten. Typischerweise bessert sich die Problematik durch Bewegung und geht spätestens nach 30 Minuten vorbei.
Im weiteren Verlauf der Erkrankung klagen Betroffene über Ermüdungs- oder Belastungsschmerzen, die sich nach einer größeren Beanspruchung (z. B. Wanderung) einstellen. Arthrosepatienten sind meist auch wetterfühlig, vor allem verstärkt Kälte die Beschwerden. Charakteristisch sind zudem knirschende und knackende Geräusche (Krepitationen) beim Bewegen der Gelenke.
Weitere Zeichen einer fortgeschrittenen Arthrose sind eine Einschränkung des Bewegungsumfangs der betroffenen Gelenke mit Funktionseinschränkungen. Zudem können die Schmerzen nun permanent – auch in Ruhe – auftreten. Diese Symptomatik kann über Jahre hinweg anhalten und sich immer wieder mit beschwerdefreien Phasen abwechseln. Im fortgeschrittenen Stadium sind ausgeprägte arthrotische Gelenkveränderungen vorhanden, die einhergehen mit
- Schwellungen,
- Deformierungen,
- Fehlstellungen,
- irreversiblen Funktionseinschränkungen,
- Dauerschmerz und
- Gelenkversteifungen.
Arthritis oder Arthrose?
Sowohl die Arthrose als auch die Arthritis gehen phasenweise mit einem Entzündungsgeschehen einher, das durch Gelenkschwellungen sichtbar wird und in einer Gelenkzerstörung enden kann. Trotz eines ähnlichen Beschwerdebildes liegen beiden Erkrankungen unterschiedliche Ursachen zugrunde.
Die Arthrose ist primär eine degenerative Erkrankung, eine rheumatoide Arthritis wird hauptsächlich durch immunologische Prozesse verursacht.
Während sich bei einer aktivierten Arthrose meist nur in einem Gelenk ein Erguss bildet, sind bei der rheumatoiden Arthritis häufig zwei oder mehrere (meist kleine) Gelenke gleichzeitig geschwollen. Zudem schmerzen bei einer Arthritis die entzündeten Gelenke nicht nur bei Belastung, sondern bereits von Beginn an in Ruhe und nachts, während bei einer Arthrose die Schmerzen in Ruhephasen ohne Belastung erst im fortschreitenden Krankheitsverlauf wahrgenommen werden.
Rheuma behandeln
Prinzipiell lassen sich die einzelnen Erkrankungen zwar nicht heilen, meist aber aufhalten und deutlich lindern. Daher ist ein früher Behandlungsbeginn für den langfristen Erhalt einer guten Lebensqualität der Betroffenen sehr wichtig.
NSAR und Glucocorticoide
Sowohl bei den entzündlichen als auch den degenerativen rheumatischen Gelenkerkrankungen sind nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) und Coxibe (COX-Hemmer) fester Therapiebestandteil, um akute Schmerzen zu lindern und das Entzündungsgeschehen abzuschwächen. Von den NSAR kommen vorrangig
- Ibuprofen,
- Diclofenac und
- Naproxen
zum Einsatz, meist in verschreibungspflichtigen Dosierungen, damit sich neben der analgetischen auch die antientzündliche Wirkkomponente optimal entfaltet. Eine zusätzliche Gabe von Protonenpumpenhemmern (PPI) wie etwa Pantoprazol ist bei der länger angelegten Einnahme von NSAR sinnvoll, um Ulcera und Blutungen im Gastrointestinaltrakt zu vermeiden. Coxibe wie beispielsweise Etoricoxib benötigen keine PPI, da sie im Vergleich zu den NSAR für den Magen-Darm-Trakt besser verträglich sind.
Zur Behandlung der akuten Entzündung kommen zudem Glucocorticoide systemisch zur Anwendung. Neben der oralen Gabe werden sie auch direkt ins Gelenk (intraartikulär) gespritzt, wobei intraartikuläre Injektionen nicht öfter als vier Mal im Jahr pro Gelenk erfolgen sollten. Die entzündlichen Rheumaformen profitieren besonders von einer Glucocorticoid-Therapie, da sie auch in der Lage sind, die überschießende Reaktion des Immunsystems zu dämpfen.
Aufgrund ihres ungünstigen Nebenwirkungsprofils (z. B. gesteigertes Osteoporose-Risiko, erhöhte Ulkusinzidenz) – vor allem bei einer Langzeittherapie – kommen Glucocorticoide heutzutage vorzugsweise kurzfristig zur Anwendung. Abhängig von der Art und Schwere der Erkrankung kann aber auch eine langfristige, dauerhafte Einnahme erwogen werden.
Bei einer stark fortgeschrittenen Arthrose werden auch Opioid-Analgetika (z. B. Tramadol, Tilidin) verschrieben, ebenso wie der Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer Duloxetin.
Basistherapeutika DMARD
Für die Langzeittherapie bei chronisch entzündlichen rheumatischen Erkrankungen, insbesondere der Rheumatoiden Arthritis, werden zur Verlangsamung der zerstörerischen Krankheitsprozesse inzwischen sogenannte Basistherapeutika bevorzugt (DMARD, disease-modifying antirheumatic drugs).
Goldstandard unter den konventionellen synthetischen DMARD (sDMARD) ist Methotrexat (MTX). Die Substanz hemmt die Zellteilung und unterdrückt die krankhafte Aktivierung des Immunsystems. Eine hochdosierte Gabe von Folsäure (5 bis 10 Milligramm) einen Tag nach der MTX-Applikation ergänzt die Therapie, um hepatische und gastrointestinale Nebenwirkungen abzuschwächen.
Außerdem zählen Chloroquin, Sulfasalazin, Leflunomid, Azathioprin, Ciclosporin und D-Penicillamin zu den sDMARD.
Schneller und gezielter greifen biologische DMARD (bDMARD) ins Immunsystem und damit ins Entzündungsgeschehen ein. Die molekularbiologisch hergestellten bDMARD ¬– auch Biologicals genannt – hemmen selektiv entzündungsfördernde Zytokine oder inhibieren die Immunzellen direkt. Allerdings erfordern Biologicals eine subkutane oder intravenöse Gabe. Beispiele sind
- die TNF-Alpha-Blocker (z. B. Infliximab, Adalimumab, Enanacerp, Golimumab),
- der IL-1-Antagonist Anakinra,
- die beiden IL-6-Antagonisten Tocilizumab und Sarilumab
- oder Rituximab, der sich an CD20, ein Molekül auf der Oberfläche von B-Zellen heftet.
Die neueste Entwicklung sind target-spezifische synthetische DMARD (tsDMARD), die oral eingenommen werden können. Die meisten sind Januskinase-(JAK)-Inhibitoren. Januskinasen sind Enzyme, die an der intrazellulären Signalübertragung von Zytokinen und damit am Entzündungsgeschehen beteiligt sind. Eine Hemmung der Januskinasen blockiert die Weiterleitung vieler verschiedener Zytokine und kontrolliert damit autoimmune Entzündungsprozesse. Die JAK-Inhibitoren Baricitinib, Tofacitinib und Upadacitinib sind in Deutschland zur Behandlung der RA zugelassen.
Für Patienten mit einer Psoriasis-Arthritis steht der tsDMARD Apremilast zur Verfügung. Der Phosphodiesterase-(PDE-)4-Hemmer führt über eine Erhöhung von cyclischem Adenosinmonophosphat (cAMP) zu einer verminderten Freisetzung von entzündungsfördernden Zytokinen.
Phytos & Co. bei Arthrose
Auf degenerative rheumatische Erkrankungen haben DMARD allerdings keinen Einfluss. Arthrose-Patienten können hingegen von pflanzlichen Präparaten mit analgetischen, entzündungshemmenden und chondroprotektiven (knorpelschützenden) Eigenschaften profitieren.
Beispiele für Phytopharmaka, die Entzündungsreaktionen unterdrücken, sind Präparate mit der Afrikanischen Teufelskralle oder aus Hagebuttenpulver. Ebenso sollen Weihrauch sowie Kurkuma antientzündliche Eigenschaften aufweisen. Als eine natürliche Gelenkschmiere dienen Chondroprotektiva mit Chondroitin, Glucosamin und Hyaluronsäure. Sie sollen über eine Stimulation des Knorpelaufbaus den Knorpelabbau verlangsamen und damit ein Fortschreiten der Arthrose verhindern.
Tipps für die Rheuma-Beratung
Neben einer medikamentösen Behandlung spielen auch eine angepasste Ernährung sowie eine regelmäßige moderate Bewegung eine große Rolle. Ziel ist es, die Muskel- und Gelenkfunktionen zu erhalten und die Beweglichkeit zu verbessern. Das Motto lautet: Viel bewegen – wenig belasten.
Bezüglich der Ernährung bleibt festzuhalten, dass es zwar keine spezielle Rheumadiät gibt, aber eine antientzündliche Ernährung die Therapie effektiv unterstützt. Zudem ist es bei Arthrose ratsam, das Gewicht zu reduzieren und Normalgewicht anzustreben. Einige Grundregeln lauten:
- Fleisch und Wurstwaren möglichst wenig verzehren oder meiden (höchstens einmal pro Woche)
- tierische Milchprodukte nur als Ausnahme und anstelle von Joghurt lieber zu proteinreichen Varianten wie Quark oder Skyr greifen
- Eine mediterrane, pflanzenbetonte basische Kost mit viel Obst und Gemüse sowie frischen Kräutern bevorzugen
- Regelmäßig (zweimal in der Woche) fetten Fisch essen
- Als Öl Omega-3-fettsäurereiche Pflanzenöle wie etwa Leinöl verwenden
- Mit antientzündlichen Gewürzen wie Kurkuma, Ingwer, Kreuzkümmel oder Koriander würzen