Komplementärmedizin
WERTVOLLE ERGÄNZUNG
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Heute haben verschiedene Methoden einen festen Platz als wertvolle Ergänzung zur etablierten wissenschaftlich begründeten Medizin gefunden. Es werden hier die skizziert, bei denen Heilmittel integraler Bestandteil sind, denn diese spielen bei der täglichen Beratung in der Apotheke eine wichtige Rolle.
Moderne Phytotherapie - Heilkraft der Natur Während früher das Heilen mit Pflanzen eine praktizierte Kräuter- Medizin war, die vor allem auf Erfahrungswissen beruhte, werden seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Arzneipflanzen und ihre Wirkungsweise systematisch erforscht. Heute versteht man unter Phytotherapie die Behandlung von Krankheiten mit pflanzlichen Arzneimitteln (Phytopharmaka) unter wissenschaftlichen evidenzbasierten Kriterien. Damit liegt ihrem Einsatz das gleiche naturwissenschaftliche Verständnis zugrunde, das die Schulmedizin bei der Verwendung von chemisch-synthetischen Arzneimitteln verfolgt.
Inzwischen existiert eine Vielzahl an Phytopharmaka, die ein aufwendiges Zulassungsverfahren durchlaufen haben. Allerdings ist der Markt der pflanzlichen Präparate sehr heterogen. Nicht alle sind als Arzneimittel zugelassen. Viele werden als Nahrungsergänzungsmittel (NEM) vertrieben, die der Ergänzung der allgemeinen Ernährung dienen. Hier dürfen weder krankheitsbedingte Aussagen noch Indikationen festgelegt werden. Zudem erschweren fehlende Deklarationsstandards, die Qualität eines NEM zu beurteilen.
Vielstoffgemische Arzneipflanzen werden heute für die Herstellung von pflanzlichen Arzneimitteln zunehmend zu Extrakten verarbeitet. Je nach Art des Verfahrens, des Extraktionsmittels und des Pflanzenteils werden aus derselben Arzneipflanze unterschiedliche Extrakte mit teils sehr unterschiedlichen Eigenschaften gewonnen. Extrakte sind somit einzigartige Unikate. Aussagen zur Wirksamkeit lassen sich daher nicht von einem Extrakt beziehugnsweise Präparat auf das andere übertragen. Bei einem Extrakt handelt es sich immer um ein komplexes Vielstoffgemisch, bei dem alle Inhaltsstoffe in ihrer Gesamtheit die Wirksamkeit bestimmen. Die Zubereitung als Ganzes stellt somit den Wirkstoff dar.
Erklärungsbedürftig Phytopharmaka werden von den Kunden nicht zuletzt wegen ihrer guten Verträglichkeit geschätzt. Allerdings sind sie nicht grundsätzlich nebenwirkungsfrei. Für verschiedene Pflanzen wurden in der Vergangenheit unerwünschte Wirkungen festgestellt, die dazu führten, dass sie mittlerweile aus Sicherheitsgründen nicht mehr medizinisch verwendet werden dürfen (z. B. hepatotoxische Eigenschaften von Kava-Kava).
Bei anderen ist ihr Potential für Allergien (z. B. Korbblütler) oder für Wechselwirkungen (z. B. Johanniskraut) zu beachten. Wichtig für die Beratung ist zudem, dass ihre Wirkung oft verzögert eintritt und über den Anwendungszeitraum zunimmt. Daher ist meist erst nach circa zwei bis drei Wochen mit optimalen Ergebnissen zu rechnen.
Ayurveda Es ist die traditionelle Heilkunde Indiens und gilt als eine der ältesten Naturheilsysteme. Ayurveda betrachtet den Menschen als Ganzes und seine vielfältigen Therapieansätze haben vorrangig zum Ziel, die geistig-körperliche Balance und damit die Gesundheit aufrechtzuerhalten. Nachrangig ist die Krankheitsbehandlung, bei der das entstandene Ungleichgewicht wiederhergestellt werden soll. Dabei hilft Ayurveda, die Selbstheilungskräfte zu aktivieren. Das Spektrum ayurvedischer Therapien ist groß. Sie zielen unter anderem auf das Bewusstsein (z. B. mit Yoga), die Sinne (z. B. Massagen, mit Klang und Musik) oder die Ernährung. Ayurvedische Arzneimittel basieren größtenteils auf Arzneipflanzen, ebenso werden Mineralien, Metalle und tierische Stoffe verarbeitet.
Homöopathie - Similia similibus curentur Ähnliches werde durch Ähnliches geheilt – die Ähnlichkeitsregel beschreibt das Grundprinzip der Homöopathie, einer ganzheitlichen Heilmethode, die vor etwa 200 Jahren von Samuel Hahnemann (1755 – 1843) entwickelt wurde. Der Arzt und Apotheker leitete den Namen seiner neuen Therapieform vom griechischen Wort „homoios“ = ähnlich ab, da er bei einem Kranken als wirksame Substanz ein Mittel einsetzt, das bei einem gesunden Menschen die gleichen Symptome auslöst.
Das Ähnlichkeitsprinzip fand Hahnemann in einem Selbstversuch heraus. Er stellte fest, dass eine größere Menge Chinarinde vorübergehend Malaria-ähnliches Wechselfieber auslösen kann. Gleichzeitig zeigt sich hier noch ein weiterer entscheidender Grundsatz der Homöopathie, wonach homöopathische Arzneimittel immer am gesunden Menschen getestet werden. Durch die Arzneimittelprüfung am Gesunden entsteht eine Art Wirkungskatalog für jedes Mittel, was Homöopathen als Arzneimittelbild bezeichnen. Um das passende homöopathische Mittel zu finden, erfolgt eine ausführliche individuelle Anamnese, bei der das gesamte Krankheitsbild des Patienten erhoben wird.
Nicht nur die Symptome werden erfragt, sondern auch das seelische Befinden sowie die Umstände, die sich verschlimmernd oder bessernd auf das Allgemeinbefinden oder den Krankheitsprozess auswirken. Somit können zwei Patienten mit derselben Diagnose unterschiedliche Substanzen erhalten oder das gleiche Homöopathikum kann bei unterschiedlichen Krankheiten zur Anwendung kommen. Hintergrund für die Wirkung ist eine Reiz- und Regulationstherapie. Die Substanz setzt einen Schlüsselreiz, mit dem der Organismus angeregt wird, die zu behandelnde Krankheit aus eigener Kraft zu bekämpfen. Dabei werden die Symptome weniger als Ausdruck eines organischen Leidens gesehen, sondern auf eine Störung des inneren Gleichgewichts zurückgeführt.
Potenzierung Die Regulation erfolgt wiederum aufgrund der Verdünnung von Arzneien, wobei die Homöopathie ein spezielles Verdünnungsverfahren einsetzt, das von einem obligatorischen Verschüttelungs- beziehungsweise Verreibungsprozess begleitet wird. Da dieser Herstellungsprozess neue Kräfte entfaltet, die über den materiellen Wirkungsgrad des eigentlichen Arzneimittels hinausgehen, sprach Hahnemann von Potenzieren (von lat. potentia = Kraft) und die Verdünnungen nannte er Potenzen.
Prinzipiell erfährt das Mittel mit jedem Verdünnungsschritt eine Wirkungsverstärkung. Damit ist die Wirkung umso stärker, je höher die Potenz des Mittels ist. Es sind drei Arten der Potenzierung gebräuchlich. Bei D-Potenzen besteht eine Potenzierungsstufe aus einer Verdünnung des Wirkstoffes im Verhältnis 1:10. C-Potenzen sind in einem Verhältnis 1:100 und LM-Potenzen (Q-Potenzen) im Verhältnis 1:50 000 verdünnt und verschüttelt.
Auswahlkriterien und Einnahmeregeln Tiefpotenzen (D/C6) werden gewählt, wenn körperliche Symptome vorliegen. Beschwerden, die mit seelischen Problemen einhergehen, sind ein Fall für mittlere Potenzen (D/C12). Hochpotenzen (D/C200) sind nicht für die Selbstmedikation geeignet, sondern gehören in die Hand eines erfahrenen homöopathischen Therapeuten. Prinzipiell richtet sich die Häufigkeit der Einnahme nach der Aktualität der Beschwerden. Als Faustregel gilt: Je akuter die Beschwerden, desto häufiger sollte die Einnahme erfolgen.
Geht es dem Patienten zunehmend besser, wird das Homöopathikum weniger oft appliziert. Davon abweichend ist die Dosierung von Hochpotenzen, sie werden meistens nur als Einmalgabe verabreicht. Am häufigsten werden Globuli eingenommen, wobei sich ihre Anzahl nach dem Alter des Patienten richtet. Säuglinge erhalten pro Verabreichung ein Streukügelchen, Kleinkinder bekommen drei und Schulkinder und Erwachsene fünf als angemessene homöopathische Gabe. Grundsätzlich sollte innerhalb von 12 bis spätestens 48 Stunden eine Besserung eintreten, ansonsten ist das Mittel falsch gewählt.
Bachblüten-Therapie Nach der von Dr. Edward Bach entwickelten Bachblüten- Therapie entstehen Krankheiten, wenn der Mensch durch negative Gemütszustände aus dem inneren Gleichgewicht gerät. Mit Hilfe von Bachblüten-Essenzen gelingt es nach Bach, die gestörte Balance wiederherzustellen. Dafür teilte er die krankmachenden Verfassungen in sieben Gruppen ein, denen er seine 38 Bachblüten-Essenzen zuordnete. Ihre Herstellung erfolgt nach von Bach festgelegten Regeln (Sonnen-, Kochmethode). Bis zu zehn Essenzen können miteinander kombiniert werden.
Schüßler Salze - Biochemie Die Klassische Homöopathie nach Hahnemann hat sich in verschiedene Richtungen weiterentwickelt. Eine Strömung davon ist die Biochemie nach Dr. Wilhelm Heinrich Schüßler (1821 bis 1898). Sein Heilverfahren gründet sich auf physiologisch-chemische Vorgänge, die sich im menschlichen Organismus vollziehen. Schüßler stützt sich damit auf die Zellenlehre von Rudolf Virchow (1821 bis 1902), der die lebensnotwendige Bedeutung der Mineralstoffe im Körper erkannte.
Nach Schüßler gibt es zwölf lebenswichtige Mineralstoffe, die in einem ausgewogenen Verhältnis im Körper vorhanden sein müssen, wenn es nicht zu Krankheiten oder Mangelerscheinungen kommen soll. Damit diese optimal in die Zellen gelangen, setzt Schüßler seine biochemischen, homöopathisch potenzierten Mineralstoffe ein. Sie wirken positiv auf die Mineralstoffregulation im Körper, indem sie einen Reiz auf die Zellen ausüben, die essenziellen Mineralstoffe (z. B. aus der Nahrung), besser aufzunehmen und zu verteilen. Nach seinem Tod wurden sie um 15 weitere Mineralsalze (Nr. 13 bis 27), die Erweiterungsmittel, ergänzt.
Wahl der Mittel In der Biochemie wird das Mittel nicht nach dem Ähnlichkeitsprinzip ausgewählt, sondern erfolgt nach dem individuellen Mineralstoffbedarf. Dieser ist nach Schüßler im Gesicht anhand bestimmter Merkmale (z. B. Hautfarbe, Spannkraft, Faltenbildung) erkennbar und bereits sichtbar, bevor körperliche Störungen auftreten. Bei großem Mineralstoffbedarf sind zusätzlich zu den Schüßler Salzen noch die entsprechenden Mineralstoffe mit orthomolekularen Mineralstoffpräparaten zu ergänzen. Noch heute gehen Therapeuten nach dieser Antlitzdiagnose vor. Darüber hinaus werden noch andere Methoden (z. B. Irisdiagnose, labordiagnostische Verfahren) eingesetzt.
In der Komplementärmedizin wird der Mensch meist als Ganzes betrachtet.
Potenzen und Dosierung Die Herstellung der biochemischen Mittel erfolgt nach homöopathischen Herstellungstechniken. Alle Funktionsmittel sind in Form von Tabletten in den Potenzen D3, D6 und D12 erhältlich. Die Erweiterungsmittel liegen in D6 und D12 vor. Schüßler selbst empfahl bei den meisten Funktionsmitteln die D6. Lediglich bei den Nummern 1, 3 und 11 bevorzugte er die D12, da diese drei Mineralsalze eine geringere Löslichkeit besitzen und daher vom Organismus schlechter resorbiert werden können. Schüßler empfahl bei akuten Beschwerden alle fünf Minuten die Einnahme einer Tablette bis zu 30 Tabletten am Tag.
In chronischen Fällen schlug er langfristig vor, sieben bis zwölf Tabletten täglich einzunehmen. Während in der klassischen Homöopathie die Arzneimittel nur kurzfristig bis zum Abklingen der Symptome gegeben werden, sollte die Einnahme von Schüßler Salzen längerfristig erfolgen, um die Mineralstoffspeicher zuverlässig wieder aufzufüllen. Zudem ist es im Gegensatz zur klassischen Homöopathie in der Biochemie üblich, mehrere Mittel miteinander zu kombinieren.
Anthroposophie – Die Weisheit vom Menschen In den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts entwickelte Dr. phil. Rudolf Steiner (1861 – 1925) die anthroposophische Therapierichtung (griech. anthropos = Mensch, griech. sophia = Weisheit). Sie umfasst mehrere Bereiche. Neben der anthroposophischen Medizin gibt es unter anderem noch die Waldorf-Pädagogik und den biologisch-dynamischen Landbau. Steiner verfolgte das Ziel, die naturwissenschaftlich-orientierte Medizin um geisteswissenschaftliche Erkenntnismethoden, die an die philosophische Erkenntnisweise Goethes anschließt, zu erweitern. Sie hat dabei ähnliche Prinzipien wie die Homöopathie (z. B. Kraft der Potenzierung, ganzheitliche Betrachtungsweise, Anregung von Selbstheilungskräften), unterscheidet sich aber in der Herangehensweise.
Spagyrik Die Spagyrik geht auf Paracelsus zurück, der den Menschen als eine harmonische Einheit aus Körper, Geist und Seele versteht. Krankheiten entstehen demnach, wenn die drei Prinzipien ins Ungleichgewicht geraten. Therapiert wird mit aus der Natur veredelten Heilmitteln, den spagyrischen Essenzen. Bei ihrer Herstellung spielt das Destillieren eine zentrale Rolle. Es wird das Grundprinzip verfolgt „Ich trenne, zerlege und vereinige das wieder zu einem neuen Ganzen“. Grundlegend ist auch das Verständnis, dass Krankheit und Heilmittel wesensgleich sein müssen. Damit leitet sich das ideale spagyrische Mittel von der Signatur der Pflanze ab.
Anthroposophisches Menschenbild Steiner hat ein anthroposophisches Welt- und Menschenbild entwickelt, bei dem philosophisches Gedankengut sowie mystische, spirituelle und religiös anmutende Aspekte eine Rolle spielen. Es ergeben sich Zusammenhänge zwischen Vorgängen, die sowohl im menschlichen Körper als auch in der Natur wirken und sich gegenseitig beeinflussen. Nach anthroposophischem Verständnis kann ein geschädigtes Organ durch die in der Natur wirkenden Kräfte, die beispielsweise in einer Pflanze leben, direkt angesprochen und seine Lebensvorgänge angeregt werden.
Die anthroposophische Medizin basiert auf physischen Gesetzmäßigkeiten der Naturwissenschaften und berücksichtigt gleichzeitig das Geistige im Menschen (Seele und Persönlichkeit) und seine individuellen Besonderheiten (z. B. Körperbau und –sprache, Bewegungsfluss, körperliche Rhythmen, Wärme- und Kälteempfinden). Die Anthroposophie fasst den Menschen als komplexe Einheit aus Seele, Geist und Leib auf, wobei jeder Mensch einzigartig ist.
Vier Wesensglieder Zugleich liegt im Menschen ein Zusammenspiel aus vier Seinsebenen vor: Körper (physischer Leib), Leben (Ätherleib), Seele (Astralleib) und Geist (Ich-Organisation). Nach Ansicht der Anthroposophen befinden sich im gesunden Zustand alle Ebenen in einem ausgewogenen Verhältnis. Krankheiten stellen sich ein, wenn die Dynamik im Organismus gestört wird und das harmonische Verhältnis der vier Wesensglieder aus der Balance gerät.
Eine anthroposophische Therapie verfolgt das Ziel, wieder ein gesundes Gleichgewicht zu finden. Dafür kommen neben Arzneimitteln verschiedene Methoden (z. B. Kunsttherapien, Heileurythmie, Meditationen) zum Einsatz. Der anthroposophische Arzneimittelschatz umfasst etwa 200 Ausgangssubstanzen mineralischer, pflanzlicher, tierischer und menschlicher Herkunft, die einen therapeutischen Bezug zu den Wesensgliedern haben. So erhalten menschliche Substanzen den physischen Leib, Präparate aus dem Tierreich stimulieren den Ätherleib, pflanzliche Arzneimittel wirken regulierend auf den Astralleib und Metalle und Mineralien beeinflussen die Ich-Organisation.
Dreigliederung des Menschen Darüber hinaus ist der menschliche Organismus durch eine Dreigliederung gekennzeichnet: Zwischen einem Stoffwechsel- Gliedmaßen-System und einem Nerven-Sinnes-System vermittelt ein rhythmisches System. Alle drei Systeme sind dynamisch miteinander verbunden und in jeder dieser Funktionsebene wirken wiederum die vier Seinsebenen. In Bezug auf Bau und Funktion des Körpers erscheint der Mensch in der anthroposophischen Sicht dabei wie eine umgekehrte Pflanze: Die Wurzeln entsprechen dem Nervensystem, die Blätter dem rhythmischen System (Herz, Atmung) und die Blüten und Früchte dem Stoffwechsel und den Gliedmaßen.
Aus dieser Dreigliederung ergibt sich der Einsatz anthroposophischer Heilmittel. Während Anwendungen von Wurzeln unterstützend und heilend bei Erkrankungen des Nerven-Sinnessystems wirken, richten sich Teeabkochungen und –zubereitungen aus Blättern gegen Störungen der rhythmischen Funktion (insbesondere von Herz und Lunge) und Zubereitungen aus Früchten werden bei Stoffwechsel- und Verdauungsstörungen angewendet.
BUCHVORSTELLUNG
Komplementärmedizinische Therapieverfahren haben schon seit langem Eingang in die tägliche Beratungspraxis der Apotheke gefunden. Dennoch besteht bei der Auswahl des adäquaten Therapeutikums immer noch großer Informationsbedarf. In dem kleinen Büchlein für die Kitteltasche Komplementärmedizin, Beratungsempfehlungen für die Selbstmedikation, 2., aktualisierte Auflage 2012, ISDN 978-3-7692-5522-5, können sich PTA und Apotheker im ersten Abschnitt einen schnellen Einblick in diverse komplementärmedizinische Heilweisen verschaffen. Zudem finden sie im zweiten Abschnitt einen sehr ausführlichen nach Indikationen gegliederten Beratungsteil. Hier werden für typische Anwendungsgebiete Therapieoptionen der verschiedenen komplementärmedizinischen Therapieverfahren aufgelistet. Diese Tabellen stellen eine überaus praktische Hilfestellung für die Beratung im Apothekenalltag dar.
Anthroposophische Heilmittel Die in der Anthroposophie eingesetzten Arzneimittel richten sich nicht an bestimmte Symptome, sie regen vielmehr Prozesse an, mit denen ein Organ oder der ganze menschliche Organismus die Krankheit aus eigener Kraft überwinden kann. So beruht beispielsweise die Wirkung einer Pflanze nicht wie bei der Phytotherapie auf einem Wirkstoff. Ebenso erfolgt die Anwendung der Heilmittel nicht wie in der Homöopathie auf Grund der Ähnlichkeit des Arzneimittelbildes.
Die Anthroposophie wählt ihre Mittel vielmehr nach dem Wesensbild der Pflanze oder der Substanz aus. Die Heilmittel besitzen eine besondere Qualität (z. B. biologisch- dynamischer Anbau, zertifizierte Wildsammlungen) und werden in unterschiedlichen Darreichungsformen (z. B. Globuli, Tabletten, Pulver, Essenzen, Augentropfen) angeboten. Dem Herstellungsverfahren wird in der anthroposophischen Medizin ebenso große Bedeutung beigemessen wie den verwendeten Stoffen. Hierfür sieht sie verschiedene Methoden vor, die zunächst Ausgangssubstanzen, Mineralien, Pflanzen, Organe oder tierischen Gifte aufschließen und dann im Anschluss ihre Kräfte mit speziellen Verfahren nutzbar machen.
Dazu zählen unter anderem Wärme- (z. B. Mazeration, Auskochen, Veraschen) und Bewegungsprozesse (z. B. Potenzieren). Vor allem das Potenzieren ist unverzichtbar, um aus den verschiedenen Natursubstanzen das eigentliche „geistige Wirkprinzip“ herauszuarbeiten. Neben Einzelmitteln stehen sie oft als Kombinationspräparate, die bei den Anthroposophen Kompositionen genannt werden, zur Verfügung. Eine Besonderheit anthroposophischer Arzneimittel (Einzelmittel und Kompositionen) ist, dass sie – im Gegensatz zu den homöopathischen Präparaten – immer eine Zulassung haben und somit grundsätzlich mit einer Packungsbeilage versehen sind, die Dosierungen und Anwendungsvorschriften aufführen.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 09/2021 ab Seite 16.
Gode Chlond, Apothekerin