Heilende Nesseltiere
DELFINE SETZEN KORALLENRIFF ALS APOTHEKE EIN
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Schon länger ist bekannt, dass sich Wildtiere ihre „Arzneimittel“ in freier Wildbahn selbst suchen. So fressen Schimpansen bei Darmproblemen Heilpflanzen; Honigbienen produzieren und nutzen die antibakteriellen Substanz Propolis und manche Vögel gestalten ihr Nest aus Pflanzenmaterialien, die einem Milbenbefall des Nachwuchses vorbeugen.
Auch bei Delfinen wurde ein Verhalten beobachtet, das auf Selbstmedikation schließen lässt. Die Großen Tümmler im Roten Meer reiben sich regelmäßig an bestimmten Korallen - und zwar an der Gorgonienkoralle (Rumphella aggregata), der Lederkoralle (Sarcophyton sp.) und dem Meerschwamm Ircinia. Doch warum gerade an denen?
Das Korallenrätsel
Ein Team um Gertrud Morlock von der Universität Gießen wollte das unbedingt herausfinden, denn es vermutete, dass auch die Delfine sich selbst heilen wollten. Sie nahmen damit den Gedankengang der Wissenschaftlerin Angela Ziltener von 2009 auf, die es so formulierte: „Ich hatte dieses Verhalten noch nie zuvor gesehen, und es war klar, dass die Delfine genau wussten, welche Koralle sie benutzen wollten.“
Die Gießener Wissenschaftler*innen bemühten sich also zunächst, das Vertrauen der Tiere zu gewinnen, damit sie sie näher heranließen. Dann konnten sie die entsprechenden Korallen und Schwämme identifizieren, an denen sich die Tiere rieben. Offensichtlich wurde durch das intensive Schuppern ein Schleim aus den Korallen freigesetzt, der auf der Haut der Delfine haften blieb. Und dieser Schleim hatte es in sich: Durch das Aufbrechen der Schwämme gelangten nämlich bioaktive Substanzen mit antibakteriellen Eigenschaften an die Oberfläche. Womöglich setzen die Delfine die Korallen somit als eine Art Apotheke ein.
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Die Kleinsten beobachten lieber
Interessant dabei: Die Kleinen blieben außen vor. Delfinkälber beobachten zwar, neugierig wie sie sind, das Treiben ihrer Eltern und der älteren Tiere genau, beteiligen sich aber nicht an den Reibeprozeduren. Erst im Alter von einem Jahr nähern sie sich den Korallen vorsichtig und berühren sie auch nur mit einzelnen Körperteilen. Erst nach und nach lernen sie deren Benutzen von der Nase bis zur Schwanzflosse. Dies könnte bedeuten, dass das potenzielle Wissen über die Wirkungen der bioaktiven Korallenpower und dessen praktische Nutzung nicht angeboren ist, sondern durch soziale Lernprozesse erworben wird.
Quelle: wissenschaft.de