Frau nimmt Tablette mit einem Glas Wasser ein© fizkes / iStock / Getty Images Plus
Menschen, die einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten haben, nehmen zur Sekundärprophylaxe oft Acetylsalicylsäure (ASS).

Aktuelle Empfehlung

ASS - PRÄVENTION NICHT FÜR JEDEN SINNVOLL

Nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall gilt die Einnahme von Acetylsalicylsäure (ASS) zur Sekundärprophylaxe als unumstritten wertvoll. Doch wie ist es, wenn man zwar ein Risiko trägt, aber noch kein kardiovaskuläres Ereignis erlitten hat? 

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Wer unter behandlungsbedürftigem Bluthochdruck oder Diabetes mellitus leidet, erhöhte (LDL-)-Cholesterinwerte aufweist, raucht oder aus einer Familie mit vielen kardiovaskulären Erkrankungen stammt, trägt ein moderates bis mittleres Risiko, selbst einmal einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden. Die meisten dieser Faktoren sind beeinflussbar. Zum Beispiel durch einen gesunden Lebensstil. 

Ob zusätzlich eine niedrigdosierte ASS-Therapie (75-100 Milligramm/Tag) sinnvoll ist, wird schon seit Jahrzehnten diskutiert. Denn dem Nutzen einer solchen Therapie stehen auch Risiken gegenüber, beispielsweise eine erhöhte Blutungsneigung. Im Falle eines bereits erlittenen kardiovaskulären Vorfalls, überwiegen die Vorteile eindeutig den bekannten Risiken. Eine Primärprävention wird in der aktuellen Leitlinie der European Society of Cardiology (ESC) nur für Diabetiker mit einem hohen bis sehr hohen kardiovaskulären Risiko empfohlen – und zwar zurückhaltend. Denn diese Empfehlung wird lediglich von Studien und Metaanalysen ohne einheitliche Ergebnisse getragen. 

Strengere Empfehlungen in den USA 

Analog zur ESC aktualisierte die in den USA zuständige Expertengruppe US Preventive Services Task Force (USPSTF) ihre Empfehlung zur ASS-Primärprävention. Bislang schlossen die Amerikaner deutlich mehr Patientengruppen ein, revidieren ihren routinemäßigen Einsatz nun jedoch rigoros. So sehen die vorgesehenen Empfehlungen aus:

  • Lediglich 40 bis 59-Jährige, die mindestens ein zehnprozentiges Risiko tragen, in den nächsten zehn Jahren ein kardiovaskuläres Risiko zu erleiden und kein erhöhtes Blutungsrisiko aufweisen, sollen ASS erhalten. Sie profitieren von einem geringen Präventionseffekt.
  • Ab einem Alter von 60 Jahren sollte keine Prävention mehr erfolgen, denn der Nutzen sinkt mit steigendem Alter gegenüber dem Risiko.
  • Wer ASS bereits einnimmt, sollte spätestens mit 75 Jahren das Absetzen ärztlich besprechen.

ASS zur Krebsprävention ungeeignet

Das kurzfristige Allrounder-Image, das ASS einige Zeit innehatte, scheint nun mit der neuen Version der Leitlinie zu schwinden. So erkannte die USPSTF 2016 eine mögliche Schutzwirkung vor Dickdarmkrebs durch eine Niedrigdosis-ASS-Einnahme an. Die neue Einschätzung: nicht eindeutig belegbar. Damit gehen die US-Amerikaner mit der deutschen Leitlinie konform. Diese empfiehlt bereits seit 2019: „Acetylsalicylsäure soll nicht zur Primärprävention des kolorektalen Karzinoms in der asymptomatischen Bevölkerung eingenommen werden.“ Ebenso wie bei der Primärprävention kardiovaskulärer Ereignisse sprechen ein erhöhtes Blutungsrisiko (vor allem gastrointestinaler Blutungen) dagegen. Ebenso eine fehlende Nutzen-Risiko-Bewertung.

Quellen: 
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ass-primaerpraevention-nur-noch-fuer-wenige-patienten-132810/?utm_source=E-Mail&utm_medium=Newsletter&utm_campaign=TDT-28-04-2022
https://jamanetwork.com/journals/jama/fullarticle/2791399 
 

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