Eine Frau sitzt auf dem Boden, injiziert sich einen roten Autoinjektor durch die Jeans in den Oberschenkel und schaut dabei zur Seite.© Christian Moro/iStock/Getty Images Plus
Einen Autoinjektor anzuwenden, kostet Überwindung – Zeit, die man bei einer Anaphylaxie nicht hat. Nun wurde ein Nasenspray mit Epinephrin als Alternative zum Pen zugelassen.

Adrenalin

NASENSPRAY GEGEN ANAPHYLAXIE ZUGELASSEN

Die Anaphylaxie fürchtet jeder Allergiker. Wenn die Reaktion beginnt, ist das ein medizinischer Notfall, der eine Injektion mit Adrenalin notwendig macht. Nun wurde erstmals ein Nasenspray zur Behandlung der Anaphylaxie zugelassen.

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Die bekannten Autoinjektoren zur Behandlung der Anaphylaxie enthalten Adrenalin beziehungsweise Epinephrin, das bei den ersten Anzeichen einer Anaphylaxie in den Oberschenkel gespritzt wird. Je nach Modell des Pens muss mit dem Herausziehen der Nadel bis zu zehn Sekunden gewartet werden. Das Nasenspray kommt bei Anaphylaxie sofort zum Einsatz und ist zudem nadelfrei.

Viele Menschen scheuen sich, bei Anaphylaxie eine Spritze einzusetzen. Ein Nasenspray besitzt eine niedrigere Hemmschwelle. Das gilt für Betroffene selbst, aber auch für Ersthelfer oder Begleitpersonen. Das nun zugelassene Nasenspray gegen Anaphylaxie könnte sowohl Nadelphobikern als auch Ersthelfern nützen.

Nasenspray bei Anaphylaxie vergleichbar mit Injektion

In den USA ist das Nasenspray gegen Anaphylaxie bereits unter dem Namen Neffy® zugelassen, nun zieht die Europäische Arzneimittelagentur EMA nach. Hierzulande vertreibt der irische Hersteller das Nasenspray als EURNeffy®. Beide Formulierungen der neuen Behandlung gegen Anaphylaxie enthalten zwei Milligramm Epinephrin als Einzeldosis.

Die Zulassung in Europa erfolgte im zweiten Anlauf: Ein erster Antrag wurde zurückgezogen. Die EMA hatte offene Fragen zur Bioäquivalenz des Nasensprays gegenüber injiziertem Adrenalin als Standardtherapie der Anaphylaxie. Außerdem bestanden Bedenken gegen Konservierungsmittel. Nun hat die Zulassung des Nasensprays gegen Anaphylaxie aber auch in Europa geklappt. Im vierten Quartal soll es in einigen Ländern in Verkehr gebracht werden.

Das Nasenspray ist zugelassen zur Anwendung bei den ersten Anzeichen einer Anaphylaxie bei Erwachsenen und Kindern über 30 Kilogramm Körpergewicht. Bei der Abgabe sollten Sie als PTA unbedingt die Anwendung des Nasensprays erklären, damit bei Anaphylaxie schnell reagiert werden kann. Wichtig: Das Nasenspray darf nicht vorgepumpt werden! Es enthält eine Einzeldosis, die im Falle erster Symptome einer Anaphylaxie in ein Nasenloch gesprüht wird. Sollte eine zweite Dosis des Nasensprays für die Behandlung der Anaphylaxie nötig sein, gibt man ein zweites Spray in dasselbe Nasenloch. Die Firma weist darauf hin, dass es wirkstofffreie Dummys zu Schulungszwecken gibt.

Hier sehen Sie Anwendung des Nasensprays gegen Anaphylaxie (auf Englisch):

Ist die Behandlung mit Nasenspray für jeden mit Anaphylaxie geeignet?

In den durchgeführten Studien, die das Nasenspray durchlaufen musste, wirkte es vergleichbar mit 0,3 Milligramm intramuskulär injiziertem Adrenalin. Aus ethischen und praktischen Gründen konnten keine Studien für das Nasenspray bei akuter Anaphylaxie durchgeführt werden, sondern es wurde an gesunden Probanden getestet. Bei diesen wirkte die nasale Behandlung auf Puls und Blutdruck gleich wie injiziertes Adrenalin.

Das im Nasenspray enthaltene Epinephrin wirkt wie Adrenalin an den Rezeptoren des sympathischen Nervensystems und sorgt für eine Gegenregulation bei Anaphylaxie. Auch bei allergischem oder infektbedingtem Schnupfen stellt das neue Nasenspray eine nadelfreie, länger haltbare Alternative zu Autoinjektoren dar. Bei Polypen oder vorhergegangenen Operationen im Bereich der Nase muss der behandelnde Arzt vorher klären, ob die Behandlung infrage kommt.

Die Nebenwirkungen des Nasensprays sind im Wesentlichen vergleichbar mit denen von bei Anaphylaxie zugelassenen Adrenalin-Pens. Übelkeit, Kopfschmerzen, Reizungen von Rachen und Nase sowie Schwindel können auftreten.

Symptome und Behandlung einer Anaphylaxie

Die Symptome der schweren allergischen Reaktion beginnen oft mit Kribbeln, Brennen oder Schwellung im Bereich von Zunge und Rachen. Bei Erwachsenen sind die Auslöser einer Anaphylaxie meist Insektenstiche, bei Kindern eher Nahrungsmittel wie Erdnüsse. Gegen diese besteht im Vorfeld bereits eine Allergie.

Bei Kontakt mit dem Allergen kann es rasend schnell gehen: Die Bronchien verengen sich, der Kehlkopf kann zuschwellen, der Blutdruck fällt ab. All diese Symptome der Anaphylaxie beruhen auf der Ausschüttung von Histamin nach Kontakt mit dem Allergen. Die Gefäße erweitern sich und werden durchlässig, die Bronchien verkrampfen. Im schlimmsten Fall kann der Kreislauf zusammenbrechen.

Adrenalin (beziehungsweise Epinephrin als Nasenspray) stoppt die Anaphylaxie idealerweise, bevor sie gefährlich wird. Durch die Verabreichung schwellen die Schleimhäute wieder ab, die Bronchien erweitern sich und die Gefäßerweiterung geht zurück. Trotzdem muss ein Notarzt gerufen werden, auch wenn ein Nasenspray oder Pen verwendet wurde. Eine Anaphylaxie ist unberechenbar. Manchmal muss der Betroffene noch über Stunden mit Sauerstoff versorgt oder das Herz stabilisiert werden.

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