Cholesterin, LDL, Triglyceride: Alles über den Fettstoffwechsel
21 Minuten
- 1Verschiedene Dyslipidämien
- 2Fettstoffwechsel
- 3Die Lipoproteine
- 4Dyslipidämien erkennen und behandeln
- 5Ernährung und Lebensstil
- 6Arzneimittel: Statine
- 7Weitere Arzneimittel
- 8Lernerfolgskontrolle
01. Februar 2025
Lipidsenkende Medikamente
In der Regel lässt sich mit einer Ernährungsumstellung auf fett-modifizierter und/oder mediterraner Kost sowie der Steigerung von körperlicher Aktivität nur eine moderate LDL-senkende Wirkung (fünf bis zehn Prozent) erreichen. Daher müssen meist zusätzlich noch Medikamente zum Einsatz kommen. Für die Pharmakotherapie stehen verschiedene Wirkstoffklassen zur Verfügung. Sie erfolgt im Sinne einer Stufentherapie basierend auf Statinen.
Lassen sich unter Statin-Therapie keine hinreichenden LDL-senkende Effekte erzielen, erfolgt eine sukzessive Hinzunahme weiterer Lipidsenker (intensivierte Statin-Therapie). Hierbei spielen in der Praxis der Cholesterin-Resorptions-Hemmer Ezetimib, die Bempedoinsäure sowie PCSK9-Inhibitoren die größte Rolle. Als Monotherapie werden diese Substanzen nur selten verordnet, meistens erfolgt eine Kombinationstherapie. Zur Senkung hoher Triglyzerid-Werte können Fibrate zusätzlich zu einem Statin mit/ohne Ezetimib eingesetzt werden.
Statine als Mittel der Wahl
Erste Wahl zur Reduktion des LDL-Cholesterins sind Statine, zu denen Substanzen wie Simvastatin, Atorvastatin, Rosuvastatin, Fluvastatin, Pravastatin oder Lovastatin zählen. Unter ihnen gelten Rosuvastatin und Atorvastatin als die potentesten Wirkstoffe. Sie werden neben Simvastatin am häufigsten verordnet. Statine werden auch als HMG-CoA-Reduktase-Hemmer oder CSE-Hemmer (Cholesterin-Synthese-Enzym-Hemmer) bezeichnet, da sie das Schlüsselenzym der endogenen Cholesterin-Synthese, die Hydroxy-methyl-glutaryl-CoA-Reduktase (HMG-CoA-Reduktase) hemmen, sodass in der Leber weniger Cholesterin produziert wird.
Der Organismus reagiert darauf mit einer gesteigerten Produktion von LDL-Rezeptoren, um vermehrt zirkulierende LDL-Partikel aus dem Blut in die Leberzellen aufnehmen zu können. Folge ist eine dosisabhängige Senkung des Gesamt- und LDL-Cholesterins. In der Regel wird zudem die Bildung von HDL um circa zehn Prozent verstärkt und eine Senkung der Triglyceride um etwa 20 bis 45 Prozent des Ausgangswertes erreicht.
Zusätzlich verfügen Statine über HMG-CoA-Reduktase-unabhängige Mechanismen, die als pleiotrope Effekte bekannt sind. Zu diesen Zusatzeffekten gehören beispielsweise ein verringertes Frakturrisiko sowie eine entzündungshemmende Wirkung. Letztere wirkt beispielsweise dem Fortschreiten einer Arteriosklerose entgegen. Zudem wird eine stabilisierende Wirkung auf arteriosklerotische Plaque angenommen. Diskutiert wird auch eine positive Wirkung auf die Entwicklung von Demenz, was allerdings noch nicht eindeutig belegt ist.
Coenzym Q10 zur Statintherapie
Statine reduzieren über eine Hemmung der HMG-CoA-Reduktase nicht nur die Cholesterin-Synthese, sondern gleichzeitig die körpereigene Produktion von Coenzym Q10. Da sich Störungen im Q10-Haushalt mit Muskelbeschwerden äußern können, lässt sich zumindest ein Teil der statinbedingten Muskelschmerzen mit einer Coenzym-Q10-Substitution verringern.
Zu Anfang der lipidsenkenden Therapie zeigt sich eine starke Reduktion der LDL-Spiegel, die abhängig vom jeweiligen Statin und dessen Dosierung unterschiedlich ausfällt. Vergleicht man die verschiedenen Statine, nimmt die lipidsenkende Wirksamkeit von Rosuvastatin über Atorvastatin, Simvastatin, Lovastatin, Pravastatin zu Fluvastatin ab. So lassen sich beispielsweise mit Rosuvastatin 5 mg die gleichen lipidsenkenden Effekte wie mit Atorvastatin 10 mg oder Simvastatin 20 mg erzielen.
Unter Dauertherapie lässt die lipidsenkende Wirkung allerdings etwas nach, da der Körper auf die vermehrte Expression von LDL-Rezeptoren an den Leberzellen mit einer verstärkten Produktion der HMG-CoA-Reduktase reagiert. Mit dieser Gegenregulation stellt sich nach einer anfänglichen stärkeren Verminderung der LDL-Spiegel schließlich ein Gleichgewichtszustand ein, der abhängig vom jeweiligen Statin und dessen Dosierung etwa 30 bis 50 Prozent beträgt.
Sollte die LDL-Reduktion nicht ausreichend sein, kann die Dosis verdoppelt werden. Allerdings führt eine Verdopplung der Dosis lediglich zu einer weiteren Senkung der LDL-Spiegel um circa weitere sechs Prozent. Hingegen nimmt das Nebenwirkungsrisiko mit steigenden Dosen zu.
Gelegentlich werden Statine nicht vertragen. Bei einem kleinen Teil der Patienten erhöhen sich unter einer Statin-Therapie die Leberwerte (Transaminasen), die bei längerfristiger Erhöhung das Absetzen der Statine erfordern.
Eine weitere unerwünschte und gefürchtete Nebenwirkung sind Muskelschmerzen (Myopathien), die im Extremfall sehr selten zur Rhabdomyolyse, einer Auflösung der quergestreiften Muskelfasern, führen kann. Die Statin-assoziierten Muskel-Symptome (SAMS) machen sich meistens symmetrisch am Oberschenkel oder Schultergürtel auftretenden Schmerzen sowie einer Schwächung der Muskulatur bemerkbar. Zudem ist die Creatinkinase (CK) stark erhöht und der Urin verfärbt sich durch die renale Ausscheidung des Myoglobins rot-bräunlich. Bei gesicherter Diagnose muss das Statin in der Dosis reduziert oder unter Umständen ganz abgesetzt werden.
Wechselwirkungen beachten
Statine unterscheiden sich nicht nur in ihrer Wirkpotenz und ihrer Verträglichkeit. Zudem besteht ein unterschiedliches Potenzial für mögliche Wechselwirkungen. Fast alle Statine (außer Pravastatin) unterliegen einem hepatischen Metabolismus. Sie werden in der Leber über Enzyme der Cytochrom-P-450-Familie (CYP) abgebaut. Ein besonders hohes Interaktionspotenzial besteht beispielsweise bei Simvastatin, Lovastatin und Atorvastatin, da sie über das Isoenzym CYP3A4 verstoffwechselt werden.
Von diesem CYP-Enzym werden auch andere häufig eingesetzte Substanzen (z. B. Makrolide, Calcium-Antagonisten, Benzodiazepine, Johanniskraut, Grapefruitsaft) metabolisiert. Daher erfordert beispielsweise die gleichzeitige Einnahme der Calcium-Antagonisten Verapamil oder Amlodipin eine Dosisanpassung des Statins, um ein Ansteigen der Plasmaspiegel und die damit einhergehende Risikoerhöhung für eine Myopathie und Rhabdomyolyse zu verringern.
Werden Makrolidantibiotika wie Erythromycin oder Clarithromycin verordnet, ist das Risiko für die Muskelschädigungen derart erhöht, dass eine gleichzeitige Anwendung kontraindiziert ist und das Statin während der Behandlung ausgesetzt werden muss. Bei Rosuvastatin treten weniger Interaktionen auf, da es einem geringeren hepatischen Metabolismus unterliegt.
Zudem sollte unter Statin-Therapie eine Kontrolle der Blutgerinnungsparameter erfolgen, da die Lipidsenker bei gleichzeitiger Gabe mit Vitamin-K-Antagonisten wie Phenprocoumon oder Warfarin die Wirksamkeit der oralen Antikoagulantien verstärken. Vorsicht ist hier vor allem bei Simvastatin, Lovastatin und Atorvastatin geboten, aber auch unter Fluvastatin, Rosuvastatin und Pitavastatin wird die Blutungsneigung erhöht.
Einnahmetipps
Prinzipiell empfiehlt sich die abendliche Einnahme der Statine, da nachts aufgrund der hohen Aktivität der HMG-CoA-Reduktase am meisten Cholesterin produziert wird. Ausnahmen sind Atorvastatin und Rosuvastatin, die aufgrund ihrer besonders langen Halbwertszeit auch zu anderen Tageszeiten eingenommen werden können, beispielsweise morgens gemeinsam mit einem Blutdrucksenker. Eine Einnahmeabhängigkeit zu den Mahlzeiten besteht nicht. Außer bei Lovastatin, dessen Resorption sich durch die gleichzeitige Nahrungsaufnahme verbessern lässt, kann die Applikation von Statinen unabhängig von den Mahlzeiten erfolgen.
Diabetes und Katarakt
Die Statin-Einnahme ist mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung des Grauen Stars (Katarakt) assoziiert. Außerdem besteht bei Patienten mit metabolischem Syndrom durch Einnahme eines Statins ein erhöhtes Risiko für die Manifestation eines Diabetes Typ 2. Darauf wird auch in den Fach- und Gebrauchsinformationen hingewiesen. Dennoch empfehlen die aktuellen Leitlinien weiterhin den Einsatz von Statinen beim metabolischen Syndrom und bei Prädiabetes, da gerade bei dieser Personengruppe der absolute Nutzen der Statine besonders hoch ist.