Cholesterin, LDL, Triglyceride: Alles über den Fettstoffwechsel
21 Minuten
- 1Verschiedene Dyslipidämien
- 2Fettstoffwechsel
- 3Die Lipoproteine
- 4Dyslipidämien erkennen und behandeln
- 5Ernährung und Lebensstil
- 6Arzneimittel: Statine
- 7Weitere Arzneimittel
- 8Lernerfolgskontrolle
01. Februar 2025
Vorsorgeuntersuchungen durchführen
Da sich arteriosklerotische Prozesse langsam über einen langen Zeitraum hinweg entwickeln, machen sich ihre gefäßschädigenden Einflüsse häufig erst nach vielen Jahren bemerkbar. Um das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen einzuschätzen und Spätfolgen zu vermeiden, sollte im Rahmen eines Gesundheits-Check-ups eine regelmäßige Messung der Lipidwerte erfolgen. Die Krankenkassen übernehmen dafür bei Personen ab 35 Jahren in der Regel alle drei Jahre die Kosten. Beim Vorliegen von Risikofaktoren werden notwendige Blutuntersuchungen altersunabhängig auch öfter durchgeführt und bezahlt.
Die Bestimmung des Lipidprofils umfasst eine Messung des Gesamt-Cholesterins, von LDL- und HDL- Cholesterin sowie der Triglyceride. Zusätzlich ist es sinnvoll, Lp(a) zu bestimmen. Da dieser Wert genetisch bedingt ist und im Laufe des Lebens gleich bleibt, ist nur eine einmalige Messung erforderlich. Die Konzentration der einzelnen Lipidfraktionen im Blut wird jeweils in Milligramm pro Deziliter (mg/dl) oder Millimol pro Liter (mmol/l) angegeben.
Das Gesamtcholesterin zeigt an, wie viel Cholesterin insgesamt in allen Lipoproteinen (unter anderem HDL, LDL und VLDL) zusammen enthalten ist. Laut aktuellen Empfehlungen gilt der Gesamt-Cholesterinwert als normal, wenn er unter 200 mg/dl (5,16 mmol/l) liegt – sofern keine weiteren Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorliegen. Werte über 200 mg/dl müssen in der Regel nicht Anlass sein, eine Therapie einzuleiten, sollten aber dazu auffordern, die einzelnen Lipidwerte näher zu bestimmen. Von besonderer Bedeutung ist der LDL-Wert, da dauerhaft hohe LDL-Cholesterinwerte als Risikofaktor für die koronare Herzerkrankung an erster Stelle stehen.
Lipidparameter sollten möglichst nüchtern, also zwölf Stunden nach der letzten Mahlzeit bestimmt werden, da die Triglycerid-Werte nach einer Mahlzeit ansteigen.
Individuelle LDL-Zielwerte anstreben
Es existiert kein allgemeiner LDL-Normalwert. Vielmehr sehen die aktuellen europäischen Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC) und der European Atherosclerosis Society (EAS) einen individuell risikoadaptierten LDL-Zielwert vor. Welcher LDL-Wert für eine Person noch als in Ordnung gilt, hängt also davon ab, ob und welche weiteren Risikofaktoren beim Betroffenen noch vorliegen. Ein erhöhter LDL-Wert ist nur ein kardiovaskulärer Risikofaktor von vielen. Das Risiko erhöht sich durch weitere Größen, vor allem, wenn mehrere gleichzeitig auftreten.
Zu den kardiovaskulären Risikofaktoren zählen beispielsweise Diabetes mellitus, Bluthochdruck, bauchbetontes Übergewicht, Bewegungsmangel, Rauchen und/oder Stress, mittel- bis hochgradige Niereninsuffizienz, eine Erhöhung von Lipoprotein(a), ein HDL-Wert unter 40 mg/dl (1,0 mmol/l) bei Männern und 45 mg/dl (1,2 mmol/l) bei Frauen, eine familiäre Veranlagung sowie das Alter (> 45 Jahre für Männer, > 55 Jahre für Frauen).
Erst aus der Summe aller Befunde – aus dem individuellen Gesamtrisiko – lässt sich für eine Person der anzustrebende LDL-Zielwert und damit eine eventuelle Behandlungsnotwendigkeit ableiten. Die Faustregel lautet, je höher das individuelle kardiovaskuläre Risiko ist, desto niedriger sollte der angestrebte LDL-Zielwert sein. Eine absolute Untergrenze ist bei LDL-Wert nicht definiert. Allgemein gilt das Motto: je niedriger, desto besser.
Zur Abschätzung des individuellen kardiovaskulären Risikos ziehen Ärzte auch Risikobewertungssysteme, sogenannte SCOREs (Systematic Coronary Risk Evaluation), heran. In Europa favorisierte Systeme sind die Formeln SCORE2 und SCORE2-OP der ESC. Dabei werden je nach Land unterschiedliche Tabellen verwendet, beispielsweise kommen für Deutschland und Österreich als Regionen mit mittlerem Risiko die gleichen zur Anwendung.
Mithilfe der Rechenmodelle lässt sich das persönliche Risiko eines Patienten, in den kommenden zehn Jahren eine Herz-Kreislauf-Erkrankung (tödliche und nicht tödliche) zu entwickeln, berechnen. Während sich der Risikorechner SCORE2 an Personen im Alter von 40 bis 69 Jahren richtet, berücksichtigt SCORE2-OP (OP für „Older Persons“) Menschen im Alter von 70 bis 89 Jahren. Dabei gehen fünf Messgrößen ein: Alter, Geschlecht, systolischer Blutdruck, Non-HDL-Cholesterin (jedes Cholesterin außer HDL) und der Nikotinkonsum.
Die Rechenmodelle sind nur für bislang Gesunde gedacht, das heißt, für Personen, die weder Symptome einer Gefäßerkrankung zeigen noch von einer kardiovaskulären Erkrankung, Diabetes mellitus, Nierenerkrankung oder familiäre Hypercholesterinämie betroffen sind. Bei Personen, die bereits mehrere kardiovaskulären Risikofaktoren aufweisen, erübrigt sich die SCORE-Bestimmung. Dieser Personenkreis fällt automatisch in die Kategorie „sehr hohes kardiovaskuläres Risiko“.
Therapieziele für den LDL-Wert
In Abhängigkeit vom ermittelten individuellen kardiovaskulären Risiko (niedrig, mäßig erhöht, hoch, sehr hoch) werden leitliniengerecht unterschiedliche LDL-Cholesterin-Zielwerte angestrebt. Das bedeutet im Einzelnen:
- Beim Vorliegen eines niedrigen Risikos für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (gesunde Personen ohne Risikofaktoren, ESC-SCORE unter 1) sollte der LDL-Zielwert unter 116 mg/dl (unter 3 mmol/l) liegen.
- Bei mäßig hohem Risiko (leicht erhöhtes Risikoprofil, z. B. leicht erhöhter Blutdruck, junge Patienten mit einem Diabetes mellitus (unter 35 Jahren bei Typ 1 und unter 50 Jahren bei Typ 2, Dauer unter 10 Jahren ohne andere Risikofaktoren, ESC-SCORE über 1 bis unter 5) sollte der LDL-Zielwert unter 100 mg/dl (unter 2,6 mmol/l) sein.
- Bei hohem Risiko (z. B. mehrere Risikofaktoren, z. B. stark erhöhter Blutdruck, genetisch bedingt hohe Cholesterinwerte und Rauchen oder deutlich erhöhte Einzelrisikofaktoren (z. B. Blutdruck über 180/110 mm Hg), ESC-SCORE über 5 bis unter 10) sollte der LDL-Zielwert unter 70 mg/dl (unter 1,8 mmol/l) sein.
- Bei sehr hohem Risiko (z. B. Patienten mit Vorerkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems oder einem länger bestehenden Diabetes mellitus mit Organschäden oder einer starken Nierenschädigung oder nach durchlebtem kardiovaskulärem Ereignis, ESC-SCORE über/gleich 10) sollte der LDL-Zielwert unter 55 mg/dl (unter 1,4 mmol/l) liegen. Erfolgt trotz lipidsenkender Therapie ein zweites kardiovaskuläres Ereignis, wird ein LDL-Zielwert von unter 40 mg/dl angestrebt (= extrem hohes Risiko).