Rezeptur – Mischen possible
WUNDSCHUTZ-WINDELSALBE AUS DER REZEPTUR
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Das Jahr ist noch jung und doch bleibt in den Apotheken so einiges beim Alten: Die Menschen brauchen Medikamente, Pflaster und der ein oder andere auch eine individuelle Rezeptur. Dieses Mal möchte ich eine Rezeptur vorstellen, die aus unbekannten Gründen hauptsächlich donnerstags ihren Weg zu uns in die Rezeptur findet. Nicht immer sind die Rezepte an diesem Tag ausgestellt, aber scheinbar ist Donnerstag ein guter Tag um die Apotheke aufzusuchen.
Diese Rezeptur wird meist von Kinderärzten ausgestellt. Der Anwendungsort ist vermutlich hauptsächlich der Windelbereich oder andere Orte, an denen es warm und feucht ist und die Haut somit leicht in Mitleidenschaft gezogen wird. Wie ich darauf komme? Nun, schauen wir uns die Zusammensetzung an.
Die Zusammensetzung der Windelsalbe
- Ton, weißer 50,0 g
- Talkum 50,0 g
- Panthenol 16,0 g
- Aqua purificata 16,0 g
- Propylenglykol 20,0 g
- Lanolin DAB 20,0 g
- Vaselin, weiß 100,0 g
Das Endprodukt ist eine weiß-gräuliche Paste, die gut auf der Haut haftet, Wasser abweisend ist und besser abwisch- als abwaschbar ist.
Schauen wir uns nun die einzelnen Bestandteile und ihre Eigenschaften genauer an.
Weißer Ton
Dieses weißliche, meist feine Pulver kennen wir in erster Linie aus der Kosmetik. Weißer Ton, auch Kaolin genannt, ist oft in Masken und Pudern enthalten. Die Hauptaufgabe dieses Bestandteiles ist es, überschüssigen Hauttalg aufzunehmen und zu binden. Deshalb setzen wir es auch gerne im Bereich von entzündlichen Hautgeschehen ein, die etwas mit den Talgdrüsen zu tun haben oder an denen viel Feuchtigkeit beteiligt ist, etwa bei Hautunreinheiten, Akne und anderen Hautreizungen.
Kaolin ist ein natürlichvorkommendes, weißes und sehr feines Gestein und wird in verschiedenen Ländern der Erde abgebaut, auch in Deutschland. Bei diesem Gestein handelt es sich um ein sogenanntes Schichtsilikat, also eine Gesteinsart, die aus vielen feinen Schichten besteht und einen eher porösen Charakter besitzt. Chemisch gesehen ist Weißer Ton ein Aluminiumsalz der Kieselsäure. Hochrechnungen sagen voraus, dass das natürliche Vorkommen an Kaolin noch bis ins Jahr 2300 reicht. Weißer Ton kann auch im Labor erzeugt werden, das nutzt man zum Beispiel in der Papier- und Porzellanherstellung, weil es günstiger ist als das natürliche Pendant.
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Talkum
Auch dieser Bestandteil ist ein Pulver, etwas feiner als der Ton und reinweißer. Talkum oder auch Talk ist wasserabweisend und fühlt sich seifig oder fettig an, zerreibt man es zwischen den Fingern. Aus diesem Grund findet man Talkum in gepuderten Handschuhen, an Gummigegenständen, die nicht aneinander haften sollen, und in Sporteinrichtungen. Bevor es Wegwerfwindeln gab, puderten Eltern mit Talk ihre Babys im Windelbreich, um Windeldermatitis (Hautentzündungen im Windelbereich) vorzubeugen. Auch heute schätzt man noch die schützende Wirkung des Talks, darum finden wir es in dieser Rezeptur.
Auch Talkum ist ein Schichtsilikat, genauer Magnesiumsilikathydrat. Das Mineral ist der Hauptbestandteil von Speckstein. Hier ist das weltweite Vorkommen deutlich größer als von Weißem Ton.
Talkum im Trockenschrank entkeimen?
Vielleicht haben Sie während Ihrer Ausbildung alle Zubereitungen mit Talkum verteufelt, weil Sie das Pulver zunächst im Trockenschrank sterilisieren und dann abkühlen lassen mussten? Aktuell verzichtet das Neue Rezeptur-Formularium bei Talkum-haltigen Zubereitungen auf diesen Schritt, da Talkum mit konstant hoher mikrobiologischer Qualität geliefert wird.
Panthenol
Diese zähe, transparente, Sirup-artige Substanz kennen wir auch unter dem Namen Dexpanthenol oder Provitamin B5. Im Körper wird es umgebaut zu Panthotensäure, diese ist ein Bestanteil von Coenzym A. Dieses wiederrum spielt eine große Rolle im Stoffwechsel der Haut. Panthenol fördert die Wundheilung in den oberen Hautschichten, unterstützt die Zellneubildung und verbessert die Feuchtigkeitsversorgung der Haut.
In unserer Rezeptur hat also auch dieser Inhaltsstoff seine Daseinsberechtigung: Weißer Ton und Talkum schützen und beugen vor, Dexpanthenol heilt und regeneriert.
Wer aufgepasst hat, stellt fest, dass die hier verordnete Menge von 16 Gramm (g) in 272 g etwas über den üblichen fünf Prozent liegt, nämlich bei fast sechs Prozent. Vermutlich liegt es daran, dass eine schnelle Wundheilung gewünscht wird und man diesen Effekt ab fünf Prozent Dexpanthenol in Zubereitungen beobachtet hat.
Wasser und Propylenglykol
Wasser und Propylenglykol dienen hier als Lösungs- und Feuchthaltemittel. Des Weiteren dient Propylenglykol als Konservierungs- und Stabilisierungsmittel. Propylenglykol gilt, äußerlich verwendet, als grundsätzlich unbedenklich. Seit 1942 führt die amerikanische Food and Drug Administration (FDA) diese Substanz als erlaubten Grundstoff in Arznei- und Nahrungsmitteln. Bloß bei oraler Applikation oder beim Verzehr sollte eine Menge von über 25 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht täglich nicht überschritten werden.
Lanolin ist Wollfett oderWollwachs und natürlichen Ursprungs. Es handelt sich um das Sekret der Talgdrüsen von Schafen und wird nach der Schur aus der Rohwolle extrahiert. Gute Nasen erkennen auch noch nach der Aufbereitung den charakteristischen Geruch der fluffigen Tiere.
Lanolin ist dem Lipidfilm der menschlichen Haut sehr ähnlich. Es bindet Feuchtigkeit, verbessert Elastizität und macht trockene und rissige Haut wieder geschmeidig. Außerdem trägt Lanolin zur Wundheilung bei, denn es kann den transepidermalen Wasserhaushalt regulieren.
Hierbei ist zu erwähnen, dass ein geringer Anteil der Bevölkerung, ungefähr 0,6 bis 1,4 Prozent der Bundesbürger, allergisch auf Lanolin und die darin enthaltenen Wollwachsalkohole reagiert. Hat das Kind ein hohes Allergiepotenzial oder sind bereits Allergien bekannt, sollten Sie dies auf jeden Fall vor der Anfertigung ansprechen. Manchmal vergessen Eltern bei verordneten Rezepturen darauf zu achten und auch der Arzt denkt nicht immer daran.
Vaselin
Die transparente, fettige Salbengrundlage dient zusammen mit dem Lanolin als Grundlage der Salbe. Vaselin fällt bei der Erdölgewinnung an und wird auch als Petroleum oder Petroleum Jelly verkauft. Genau genommen ist Vaselin ein Kunstwort und Markenname. Ein amerikanischer Chemiker nahm sich dieser schmierigen Masse an, die auf den Ölfeldern die Pumpen verstopfte. Er erforschte, extrahierte und reinigte sie und gab dem entstandenen Produkt den Namen Vaseline. Eine Zusammensetzung von dem deutschen Wort „Wasser“ und dem griechischem Wort „elaion“ für Olivenöl. Die Wund- und Schutzsalbe war geboren.
Hier dient Vaselin als Schutz vor mechanischer Beanspruchung wie dem Reiben der Windel auf der Haut, oder dem Reiben von Haut auf Haut in Hautfalten. Durch seinen okkludierenden Effekt dient es als Barriere, die keine Feuchtigkeit an die Haut, aber auch keine hinaus lässt. Das bedeutet, der Feuchtigkeitsverlust aus geschädigter Haut wird so gering wie möglich gehalten.
Herstellung
Bei dieser Rezeptur sind zwei Wege der Herstellung möglich. Die schnellste ist die Zubereitung im automatischen Rührsystem.
Herstellung im Rührsystem
Hierfür werden in eine tarierte und ausreichend große (300 g) Kruke alle Bestandteile im Sandwichverfahren eingewogen: beginnend mit einer Salbengrundlage, dann die pulverförmigen und flüssigen Bestandteile und abschließend wieder eine Salbengrundlage. Durch die entstehende Reibungswärme im Rührprozess ist es nicht notwendig, das Dexpanthenol vorher im Wasser zu lösen.
Herstellung in der Fantaschale
Bei der Herstellung in der Fantaschale wird zu Beginn Dexpanthenol im leicht erwärmten Wasser gelöst und die verdunstete Menge an Wasser ergänzt. In einer ausreichend großen und tarierten Fantaschale mit Pistill werden als zweiter Schritt Talk und weißer Ton homogenisiert.
Dann werden die Flüssigkeiten portionsweise dazu gegeben und eingearbeitet. Wichtig ist es dabei, Pistill und Fantaschale mehrfach sorgfältig abzuschaben, damit sich keine Pulvernester bilden können. Es entsteht eine gräulich weiße Paste, die an Geschmeidigkeit zu wünschen übriglässt. Ob nun zuerst Lanolin oder zuerst Vaseline zugegeben wird, ist nicht entscheidend.
Das Endergebnis eine weißlich-graue homogene leicht pastöse Zubereitung. Die Abgabe erfolgt in der Kruke. Geben Sie einen Kunststoffspatel mit, damit die Paste hygienisch entnommen werden kann. Die Haltbarkeit ist gleichzusetzten mit der Haltbarkeit des Lanolins, also längstens drei Monate.
Und das ist die immer wiederkehrende Donnerstag-Salbe.
Quellen:
https://www.gelbe-liste.de/selbstmedikation/mundsoor/dexpanthenol
https://mobil.bfr.bund.de/cm/343/3_sitzung_der_bfr_kommission_fuer_kosmetische_mittel.pdf