Neurologie
NEUROLOGISCHE EINSCHRÄNKUNGEN BEIM KIND MÖGLICH
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Fachleute raten dazu, sehr vorsichtig mit der Interpretation der Ergebnisse zu sein. Die US-Geburtshelferin Dr. Torri Metz vom Department of Obstetrics and Gynecology der University of Utah Health in Salt Lake City gibt zu bedenken, dass die retrospektive Kohortenstudie nur Assoziationen aufzeigt, aber keine Beweise für Kausalität liefern kann.
„Diese Art von Arbeiten sind dazu da, Hypothesen zu generieren, und dieses Ziel wurde erreicht. Sie wirft eine ganze Reihe von Fragen auf, die weiter erforscht werden müssen.“
Studie mit zwei Kohorten
Dr. Andrea Edlow vom Department of Obstetrics and Gynecology am Massachusetts General Hospital in Boston und ihre Kollegen stellten retrospektiv zwei Kohorten gegenüber. Insgesamt geht es um 222 Neugeborene, deren Mütter während der Schwangerschaft positiv auf SARS-CoV-2 getestet worden waren und 7550 Babys, deren Mütter während der Schwangerschaft nicht positiv getestet worden waren.
Es zeigte sich, dass in der Kohorte mit den positiv auf SARS-CoV2 getesteten Schwangeren insgesamt bei 14 Kindern (6.3%) innerhalb ihres ersten Lebensjahres eine neurologische Entwicklungsstörung festgestellt werden konnte. Bei den Einschränkungen handelt es sich meistens um Probleme bei der Sprech- und Sprachentwicklung sowie den motorischen Fähigkeiten. Bei den nicht exponierten Kindernwurde eine solche Diagnose beidrei Prozent (227 Kindern) gestellt.
Ergebnisse im letzten Trimenon am stärksten
Am deutlichsten zeigte sich dieser Effekt, wenn die SARS-CoV2-Infektion der Mutter im letzten Trimenon lag. SARS-CoV2-positive Frauen erlitten auch häufiger eine Fehlgeburt.
Das Forscherteam ist der Ansicht, dass weitere prospektive Studien mit längerem Follow-up notwendig sind, um andere Ursachen für die innerhalb der Studie beobachteten Ergebnisse auszuschließen und die jetzt ermittelten Hinweise zu bestätigen.
Viele Erklärungen stehen im Raum
Marian Knight, Professorin für Maternal and Child Population Health an der University of Oxford übt klar Kritik an der Interpretation der Daten: : „Für die Studie wurden kodierte Krankenhausdaten von 4 Kliniken in den USA verwendet. Die Autoren berichten basierend auf nur 14 Kleinkindern mit einem Diagnosecode, dass Kinder, deren Mütter in der Schwangerschaft positiv auf SARS-CoV-2 getestete wurden, mit höherer Wahrscheinlichkeit einen Code für eine neurologische Entwicklungsstörung haben.“.
Für die Professorin sind auch viele andere Erklärungen für die innerhalb der Studie gemachten Beobachtungen denkbar. Ein Punkt wäre beispielsweise, dass aus der Untersuchung nicht hervorgeht, warum die Frauen auf SARS-CoV-2 getestet wurden.
„Viele Krankenhäuser testen Patienten routinemäßig bei der Aufnahme – vielleicht wurden Frauen, die bereits Schwangerschaftskomplikationen hatten, mit höherer Wahrscheinlichkeit getestet“, erklärt die Knight. „Bei solchen Frauen ist demzufolge die Wahrscheinlichkeit, dass eine SARS-CoV-2-Infektion entdeckt wird, höher – selbst wenn diese gar keine Auswirkungen auf die Schwangerschaft haben sollte.“
Wichtige Angaben nicht genannt
Knight kritisiert weiter, dass die Initiatoren dieser Studie nur wenige Angaben zu Schwangerschaftskomplikationen machen: „Nur zu Diabetes, Prädiabetes und Blutungen gibt es Zahlen. Aber auch Unterschiede bei anderen Schwangerschaftskomplikationen könnten diese Ergebnisse erklären“.
Auch bei in die Untersuchung einbezogenen Diagnosen hegt die Fachfrau Zweifel und stellt folgende Frage in den Raum: „Was bedeutet der Code ‚Umschriebene Entwicklungsstörungen des Sprechens und der Sprache, nicht näher bezeichnet‘ bei Kleinkindern unter zwölf Monaten?“ Eine solche neurologische Entwicklungsstörung, sei für die Hälfte der Kinder SARS-CoV-2-positiver Mütter angegeben worden.
Keine eindeutigen Schlussfolgerungen möglich
Ein solches Thema ist von großer Wichtigkeit, daher sollte man mit voreiligen Schlussfolgerungen vorsichtig sein, gibt die Professorin zu bedenken: „Auf Basis dieses Papers kann man nicht schlussfolgern, dass COVID-19 in der Schwangerschaft Entwicklungsprobleme bei den Kindern verursacht. Um herauszufinden, ob das eine berechtigte Sorge ist, sind andere Studien nötig, die validierte Parameter für die Entwicklung von Kindern anwenden und dies, wenn die Kinder schon etwas älter sind.“
Quelle: Ärzteblatt
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