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Steckbrief

MORPHIN

Das starkwirkende Opioid ist der Klassiker und die Leitsubstanz der Opioide. Der Wirkstoff wird auch heute noch aus dem getrockneten Milchsaft des Schlafmohns (Papaver somniferum) gewonnen.

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Morphin ist gut wirksam bei starken akuten und chronischen Schmerzen. Ein weiteres Indikationsgebiet ist die orale Substitutionstherapie bei Drogensüchtigen. Morphin wird in Arzneimitteln als Morphinhydrochlorid oder Morphinsulfat eingesetzt. Es bindet an µ-Opioid-Rezeptoren im zentralen Nervensystem, die für die Regulierung der Schmerzweiterleitung und die Freisetzung bestimmter Hypophysenhormone wichtig sind. Dort wirkt Morphin agonistisch mit den typischen Wirkungscharakteristika eines Opioids: Es entfaltet nach Einnahme schmerzlindernde, antitussive sowie sedierende Effekte. Begleitend sinken Blutdruck und Herzfrequenz geringgradig, die Darmmotilität wird reduziert bis hin zur Obstipation. Typisch ist auch die Atemdepression.

Darreichungsformen Morphin ist als retardierte und unretardierte Darreichungsform verfügbar. Suppositorien, Lösungen zur Injektion und oral anzuwendende Zubereitungen stehen zur Verfügung. Unretardierte Arzneimittel erzielen eine rasche Wirkung und eignen sich für akute Zustände oder zur ergänzenden Therapie von Schmerzspitzen. Der Wirkungseintritt nach oraler Applikation erfolgt nach 30 bis 90 Minuten. Die Wirkdauer beträgt etwa vier bis sechs Stunden und ist bei retardierter Wirkstofffreisetzung erheblich verlängert. Der Wirkungseintritt nach intramuskulärer oder subkutaner Applikation erfolgt nach 15 bis 30 Minuten, nach intravenöser Gabe in wenigen Minuten. Die Wirkdauer liegt unabhängig von diesen Applikationsarten bei etwa vier bis sechs Stunden.

Dosierung Morphin wird überwiegend über die Niere eliminiert, sodass bei Patienten mit Niereninsuffizienz eine Dosisanpassung vorzunehmen ist. Die Dosierung erfolgt individuell angepasst und einschleichend. Ziel sollte immer sein, die geringste analgetisch wirksame Dosis einzusetzen. Diese bestimmt der Arzt entsprechend der Schmerzintensität. In der Erhaltungstherapie sollte die Anwendung nach festem Zeitplan erfolgen. Bei Einsatz von Retardformulierungen wird ein Dosierungsintervall alle zwölf Stunden empfohlen.

Aufgrund der euphorisierenden Wirkung besteht ein Suchtpotenzial, sodass alle morphinhaltigen Arzneimittel der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung unterliegen. Die Entwicklung einer Abhängigkeit stellt bei sachgerechter Schmerztherapie bei Tumorpatienten in der Regel kein großes Risiko dar. Wenn die Indikation nicht mehr gegeben ist, sollte das Arzneimittel schrittweise mit einer Dosisreduktion um die Hälfte pro Woche ausgeschlichen werden, um Absetzphänomene zu vermeiden.

Nebenwirkungen äufigste unerwünschte Begleitwirkungen sind gastrointestinale Beschwerden, wie Übelkeit, Erbrechen und Obstipation. Insbesondere zu Beginn der Behandlung treten diese Symptome auf. Bei fortgesetzter Anwendung von Morphin nimmt die Empfindlichkeit des ZNS gegenüber Morphin ab, sodass höhere Dosen vertragen werden und auch einige Nebenwirkungen wie Atemdepression, Sedierung und Schwindel abklingen. Weitere Beschwerden können Juckreiz, vermehrtes Schwitzen und Miktionsstörungen sein. Möglich sind auch Beeinflussungen der hormonellen Steuerung der Hypophysen-Hypothalamus-Achse.

Wechselwirkungen Bei Morphin sind die üblichen pharmakodynamischen Wechselwirkungen mit zentral wirkenden Arzneistoffen, wie Benzodiazepinen, Psychopharmaka, Antihistaminika, Antidepressiva und Alkohol zu beachten. Es kommt zur gegenseitigen Wirkverstärkung. Zu beachten sind Überdosierungen, die zu schweren Intoxikationserscheinungen führen können. Typische Anzeichen sind Pupillenverengung, Atemdepression und Koma. Eine Verstärkung der Atemdepression bis hin zum Tod ist möglich. Die Therapie erfolgt mit dem Opioid-Antagonisten Naloxon. Bei Erstverordnung sollten die Patienten auf die Einschränkung der Reaktionsfähigkeit, zum Beispiel im Straßenverkehr oder beim Bedienen von Maschinen hingewiesen werden. In Schwangerschaft und Stillzeit ist Morphin kontraindiziert.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 09/2021 ab Seite 132.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

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