Ein schönes Frauengesicht von der Nase bis zum Kinn ist abgebildet. Es ist nass.© rajchertluk / iStock / Getty Images Plus
Schwitzen ist normal und wichtig für den Körper. Übermäßiges Schwitzen kann die Betroffenen jedoch belasten.

Hyperhidrose

SCHWEISS OHNE ENDE

Schwitzen ist ein natürlicher Schutzmechanismus des Körpers. Doch was tun, wenn es zur Last wird? Übermäßiger Schweißfluss ist nicht nur unangenehm, sondern kann krankhafte Störungen zur Ursache haben. Welche das sind und was Sie Ihren Kunden vorbeugend oder behandelnd empfehlen können, lesen Sie hier.

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Jeder Mensch muss oder sollte schwitzen: beim Sport, wenn es heiß ist, wenn man zu warm angezogen ist. So sind Schweißperlen oft lebensnotwendig. Sie helfen dem Körper, Temperaturunterschiede auszugleichen und übermäßige Wärme aus dem Inneren nach außen abzuleiten. Auch das Kauen von sauren oder scharf gewürzten Speisen sowie Alkohol regen die Wärmeproduktion an. Das hat vor allem Schwitzen im Gesicht, seltener am Körperstamm zur Folge.

So schwitzen wir: Der Hypothalamus im Gehirn ist Kontrollinstanz für wichtige Funktionen wie Fortpflanzung und Ernährung, aber auch für die Temperaturregulation. Informationen über Außen- und Innentemperatur des Körpers werden dem Hypothalamus weitergeleitet und Istwert-Abweichungen sowie Sollwert-Vorgaben abgeglichen. Sobald ein bestimmter Schwellenwert überschritten ist, muss ein Zuviel an Wärme abgeführt werden. Dies geschieht durch Verdunstung von Feuchtigkeit über die Haut

Die Körpertemperatur liegt bei einem gesunden Menschen konstant zwischen 36,5 und 37,4 Grad Celsius.
Lebensgefährlich wird es, wenn die Körpertemperatur weniger als 28 oder mehr als 42,6 Grad Celsius beträgt.

Schwitzen ist ein wichtiger Regulationsmechanismus des Körpers zum Schutz vor Überhitzung. Doch nicht nur die Thermoregulation führt dazu, dass man schwitzt: Fühlt sich der Mensch gestresst, wird körpereigenes Cortisol ausgeschüttet und das sympathische Nervensystem aktiviert. Das führt dazu, dass wir emotional bedingt schwitzen und infolgedessen Handflächen, Achseln, Fußsohlen und Stirn feucht werden.

Wenn Schwitzen zur Belastung wird

Neben dem physiologischen Schwitzen existiert auch krankhaftes, pathologisches Schwitzen. Die Schweißabgabe ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich, weswegen die Übergänge zwischen physiologischem und krankhaftem Schwitzen fließend sind. Dabei kann die gebildete Schweißmenge einen halben bis einige Liter pro Tag betragen.

Ist die Schweißabsonderung besonders gesteigert, spricht man von einer Hyperhidrose, was für Betroffene psychisch und körperlich belastend sein kann. Die permanente Hautfeuchte stört die Hautbarriere. Die Oberhaut weicht auf, was es Erregern wie Viren, Bakterien und Pilzen leichtmacht, sich anzusiedeln. Dadurch steigt das Risiko für Folgeerkrankungen wie Hautausschläge und -rötungen, Pickel, Juckreiz sowie Feigwarzen (Verrucae vulgares), Infektionen der Fußsohle (Keratoma sulcatum) oder Fußpilz (Tinea pedis).

Doch nicht jeder, der stark schwitzt, leidet aus medizinischer Sicht daran. Denn der Begriff Hyperhidrose definiert sich nicht durch die abgesonderte Schweißmenge. Bei einer Hyperhidrose handelt es sich um eine Fehlfunktion des Schwitzens, die sich in mehrere Arten unterteilen lässt: Die vermehrte Schweißbildung kann sich auf Achseln, Hände oder Füße beschränken, dann spricht man von einer fokalen Hyperhidrose. Wenn sie den ganzen Körper betrifft, spricht man von einer generalisierten Hyperhidrose. Zum anderen wird auch nach der Ursache unterschieden:

  • Primäre Hyperhidrose: Es lässt sich keine Grunderkrankung oder äußere Ursache für das vermehrte Schwitzen finden. Sie beginnt meist in der Pubertät und hält ein Leben lang an. Betroffene schwitzen verstärkt und oft aufgrund von Aufregung, Nervosität und anderen Formen seelischer Anspannung.
  • Sekundäre Hyperhidrose: Hier ist das übermäßige Schwitzen Symptom einer Erkrankung. Auslöser können sein: Infektionen wie Grippe oder Malaria, Tumoren, Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes, hormonelle Störungen wie bei einer Schilddrüsenüberfunktion oder in den Wechseljahren, aber auch neurologische Krankheiten wie Morbus Parkinson. Im Unterschied zur primären Hyperhidrose tritt bei sekundärer Hyperhidrose manchmal auch Nachtschweiß auf.

Was können Sie Ihren Kunden empfehlen?
Um Schweißbildung vorzubeugen, können Sie Ihren Kundinnen und Kunden raten lockere, luftige Kleidung vorzugsweise aus Baumwolle oder Leinen zu tragen. Synthetikware ist zu vermeiden. Bei übermäßigem Schwitzen sollten Schuhe und Strümpfe täglich gewechselt werden. Socken mit Silber- oder Kupferfäden sind ratsam, da sie antibakteriell wirken.

Häufiges Barfußlaufen oder geruchshemmende Einlegesohlen können ebenfalls empfohlen werden. Individuelle Trigger wie Gewürze, Kaffee und Alkohol sollten Ihre Kunden meiden – ebenso wie besonders heiße Getränke und Mahlzeiten.

Ganz wichtig: genügend Flüssigkeit und Elektrolyte über Getränke und stark wasserhaltige Speisen zuführen!

Um die Geruchs- und Schweißbildung zu verringern, können Sie Ihren Kunden auch Deodoranzien und Antitranspiranzien empfehlen. Damit der Schweiß erst gar nicht fließt, sind Aluminiumsalze wie Aluminiumchlorid-Hexahydrat oder -acetat Mittel der Wahl. Sie verringern die Schweißbildung, indem sie in den Gängen der ekkrinen Schweißdrüsen einen Komplex mit Mucopolysacchariden bilden, der die Ausführungsgänge abdichtet.

Verschreibungspflichtig sind Konzentrationen von 10 bis 30 Prozent in wässriger oder alkoholischer Lösung zur lokalen Behandlung aller Formen der fokalen Hyperhidrose. Geringere Konzentrationen sind nicht rezeptpflichtig, Sie können sie in Form von Kosmetika empfehlen oder als Rezeptur herstellen.

Empfehlenswert ist es, Antitranspiranzien am Abend anzuwenden. Außerdem sollten Sie Ihre Kunden darauf hinweisen, dass die Wirkung verzögert eintritt. Setzt die Wirkung ein, kann die Häufigkeit der Anwendung schrittweise reduziert werden. Frei verkäufliche Antitranspiranzien mit ein- bis zwei-prozentiger Konzentration der Aluminiumsalze können mehrmals täglich benutzt werden.

Ob Aluminiumsalze in Kosmetikprodukten das Risiko für Brustkrebs oder Morbus Alzheimer erhöhen, wird seit Jahren diskutiert, konnte aber durch keine Studien bewiesen werden.

Ein Arztbesuch ist ratsam, wenn:

  • der Schweißausbruch plötzlich stark und ohne erkennbaren Grund auftritt.
  • plötzlich und wiederholt Nachtschweiß auftritt, der sich nicht begründen lässt.
  • Schwitzen mit Fieber auftritt, bei dem die Körpertemperatur auf 40 Grad Celsius ansteigt, länger als drei Tage anhält oder unklarer Ursache ist.

Ein Notarzt ist nötig, wenn:

  • der Schweißausbruch bei Diabetikern mit Unruhe und Bewusstseinstrübung einhergeht.
  • der Schweißausbruch plötzlich mit Schwindel und Bewusstlosigkeit auftritt, die Ohnmacht länger als eine Minute anhält oder der Betroffene häufiger ohnmächtig wird.
  • ein Schock mit kaltem Schweiß, grauer, kühler Haut, Zittern, Unruhe und Benommenheit oder sogar Bewusstlosigkeit auftritt.

Behandlung von krankhaftem Schwitzen

Es gibt unterschiedliche Behandlungen für eine übermäßige Schweißproduktion. Sie wird abhängig von der Stärke und Ursache ausgewählt. Bei der sekundären Hyperhidrose wird, wenn möglich, die Erkrankung behandelt, die das vermehrte Schwitzen auslöst. Reicht das nicht aus, können Behandlungsmöglichkeiten in Frage kommen, die auch bei primärer Hyperhidrose angewendet werden:

  • Leitungswasser-Iontophorese: Mithilfe von Wasserbädern oder feuchten Elektroden wird schwacher Strom durch die betroffenen Hautbereiche geleitet.
  • Lokale Antihidrotika: So wie die oben genannten Aluminiumsalze gibt es noch weitere Stoffe, die lokal auf die Haut aufgetragen das Schwitzen hemmen. Dazu gehören unter anderem pflanzliche Gerbstoffe, synthetische Gerbstoffe und Methenamin.
  • Medikamente zur Einnahme: Systemische Antihidrotika wie Oxybutynin oder Atropin können bei übermäßigem Schwitzen am ganzen Körper und unbekannter Ursache zum Einsatz kommen. Allerdings verursachen Nebenwirkungen wie Sehstörungen, Mundtrockenheit, Verstopfung und Harnverhalt. Tritt übermäßiges Schwitzen vor allem in psychisch belastenden Situationen auf, können unter Umständen Psychopharmaka, Tranquilizer oder Sedativa verschrieben. Aus dem Bereich der Phytotherapeutika gilt Salbei als Antihidrotikum.
  • Botulinumtoxin (Botox): Das Bakteriengift kann zum Beispiel in die Handflächen oder Achselhöhlen injiziert werden, wo es die Schweißabsonderung blockiert. Die Injektionen können sehr schmerzhaft sein und werden in der Regel nur bei schwereren Formen von Hyperhidrose angewendet.
  • Thermische Schädigung: Mit Radiofrequenz, Mikrowellen und fokussiertem Ultraschall können Schweißdrüsen thermisch geschädigt werden.
  • Operative Therapie: Eine Operation kommt erst in Frage, wenn andere Behandlungsmethoden keinen Erfolg bringen. So ist es zum einen möglich, Schweißdrüsen der Achseln entfernen zu lassen oder auszukratzen. Bei Schweißhänden können bestimmte Nerven im Brustkorbbereich durchtrennt werden (endoskopische thorakale Sympathektomie, ETS). In der Folge nimmt auch das Schwitzen in den Achselhöhlen und im Gesicht ab. Man sollte beachten, dass nach der Operation viele Patienten ausgleichend verstärkt in anderen Körperregionen schwitzen.

Eine Hyperhidrose kann sehr belastend sein. Sie kann dazu führen, dass die Lebensqualität und Berufsausübung der Betroffenen eingeschränkt sind. Weil nur ein kleiner Teil ärztlichen Rat sucht, ist Ihr Fachwissen und Ihre Unterstützung umso wichtiger.

Quellen:
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/wenn-schwitzen-zur-belastung-wird-126775/
https://www.apotheken-umschau.de/krankheiten-symptome/symptome/uebermaessiges-schwitzen-hyperhidrose-740603.html
https://www.netdoktor.de/symptome/schwitzen/
https://focus-arztsuche.de/magazin/symptome/starkes-schwitzen-ursachen-und-behandlung
https://www.dasgehirn.info/grundlagen/anatomie/der-hypothalamus

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