Schmetterling sitzt auf Goldrute© MelodyanneM / iStock / Getty Images

Botanicals

GOLDENE RUTEN

In den meisten Phytotherapeutika zur Durchspülungstherapie findet sich das Kraut der Echten Goldrute. Aber auch zwei nordamerikanische Verwandte liefern die Arzneidroge für Solidago-Präparate.

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Die großen, bis zu einem Meter hohen, gelben Ruten der Echten Goldrute (Solidago virgaureae L.) leuchten wie goldene Fackeln in lichten Wäldern oder an Waldrändern. Zudem findet sich die anspruchslose Staude aus der Familie der Korbblütler (Asteraceae) auf trockenen Waldwiesen, auf Kahlschlägen sowie an Straßenböschungen und Bahndämmen. Auf die auffallende Form und intensive Farbe des Blütenstandes nehmen sowohl der deutsche Name Goldrute als auch der botanische Artname virgaurea (lat. virga = Rute und lat. aurea = golden) Bezug.

Solidago virgaureae L. Die Echte Goldrute stammt aus Europa, wo sie sowohl im Flachland als auch in alpinen Regionen anzutreffen ist. Aus einem knotigen Wurzelstock treiben im Frühjahr aufrechte, sich gelegentlich nach oben hin verzweigende Stängel, rot-braun bis violett und oben kurz behaart. Die Laublätter sind wechselständig angeordnet, unten gestielt, oben fast sitzend. Im unteren Stängelteil sind die Blätter eiförmig oder elliptisch mit gesägtem Rand, die mittleren Blätter sind länglich-elliptisch und glattrandig und die oberen schmal lanzettlich.

Von Juli bis Oktober erscheinen leuchtend gelbe Blütenkörbchen, die meist in Trauben oder Rispen zusammenstehen. Von weitem betrachtet sehen die Blüten wie ein buschiger Schwanz aus, worauf sich auch der volkstümliche Name Fuchsschwanz bezieht. Wie bei allen Korbblütlern bestehen die Blütenkörbchen aus einem Hüllkelch, männlichen Röhren- und weiblichen Zungenblüten. Anders als bei anderen Korbblütlern fehlt bei Solidago virgaureae jedes zweite Zungenblütenblatt. Aus den Röhrenblüten ragen Griffel und Narbe mit Staubgefäßen weit über die Krone hinaus. Die Frucht ist eine drei bis vier Millimeter große behaarte Achäne.

Altes Wundkraut Echtes Goldrutenkraut wird während der Blütezeit gesammelt und besteht aus ganzen oder geschnittenen, schonend getrockneten oberirdischen Teilen von Solidago virgaurea. Es wird schon seit Jahrhunderten heilkundlich verwendet. Vor allem wurde es früher als Wundheilmittel eingesetzt, wo- rauf auch der Gattungsname Soli- dago Bezug nimmt. Er stammt entweder von lat. solidus = fest und agere = machen oder von solidare = zusammenfügen. Beide Bedeutungen machen auf den Wundverschluss aufmerksam.

Für die Germanen soll die Echte Goldrute eines der wichtigsten Wundkräuter gewesen sein. Die alte Bezeichnung Heidnisch Wundkraut geht noch darauf zurück. Seit dem 13. Jahrhundert rückt die Harnwegstherapie in den Vordergrund: Erste dokumentierte Anwendungen stammen von dem katalanischen Arzt und Theologen Arnold von Villanova (ca. 1240 bis 1311). Er schätzte das Echte Goldrutenkraut als Antiphlogistikum und Urologikum bei Blasensteinen. Auch ein Kräuterbuch aus dem Jahr 1626 führt die Heilpflanze als „gewaltig Harn treibend und den Stein brechend“ auf.

Harntreibendes Kraut Noch heute hat Echtes Goldrutenkraut (Solidaginis virgaureae herba) einen festen Platz in der Phytotherapie bei Harnwegserkrankungen. Inzwischen bestätigen wissenschaftliche Untersuchungen seine Wirksamkeit. Neben der aquaretischen Wirkung wurden entzündungshemmende, analgetische und schwach spasmolytische Effekte nachgewiesen. Sie werden auf Flavonoide, Saponine und Phenolglykoside zurückgeführt. Zubereitungen der Echten Goldrute werden daher therapeutisch zur Durchspülung der ableitenden Harnwege bei entzündlichen Erkrankungen sowie vorbeugend gegen Harnsteine und Nierengrieß verwendet (Indikationen der ESCOP und Kommission E). Zudem hat sich der Korbblütler bei Reizblasen-Patienten besonders bewährt, da er über die durchspülende und krampflösende Wirkung hinaus auch die gereizte Blasenschleimhaut beruhigt. Das erhöht die Kapazität der Blase und reduziert den Harndrang spürbar.

Verschiedene Goldrutenarten Neben Solidago virgaurea L. liefern heute noch zwei weitere Goldrutenarten die Arzneidroge: Solidago gigantea Ait (Riesengoldrute) und Solidago canadensis L. (Kanadische Goldrute). Riesengoldrute und Kanadische Goldrute stammen aus Nordamerika und sind inzwischen in Europa eingebürgert (Neophyten). Beide Arten sind mit zwei Metern deutlich größer als Solidago virgaurea. Die Neophyten bilden an leicht überhängenden Stielen ausladende Rispen mit einer Fülle an kleinen Blütenkörbchen. Daraus entwickelt sich eine Vielzahl an Früchten, über die sie sich ebenso wie mit ihren Ausläufern stark vermehren und große, flächendeckende Bestände bilden, mit denen sie die einheimische, eher einzelnstehende Goldrute aus ihren Biotopen verdrängen.

Gleiche Wirkung? Das Europäische Arzneibuch berücksichtigt, dass sowohl die heimische als auch die nordamerikanischen Arten als Arzneidroge Verwendung finden. Es existieren daher zwei Monographien: In der einen ist die Qualität für das Echte Goldrutenkraut (Solidaginis virgaureae herba) aus der Echten Goldrute und in der anderen für das Goldrutenkraut (Solidaginis herba) aus der Riesengoldrute und der Kanadischen Goldrute festgelegt. Die ESCOP hat lediglich eine Monographie für das Echte Goldrutenkraut erstellt.

Die Monographie Solidago (Goldrute) der Kommission E hingegen fasst das Echte Goldrutenkraut und Goldrutenkraut zusammen. Es bleibt allerdings die Frage offen, ob die Neophyten der einheimischen Echten Goldrute wirklich ebenbürtig sind, denn die Inhaltsstoffe weichen voneinander ab – teilweise sogar erheblich. So kommt das besonders bedeutende Phenolglykosid Leicarposid nur in der Echten Goldrute vor. Es wird neben diuretischen und antiphlogistischen Effekten insbesondere für die spasmolytische Wirkung und die Wachstumshemmung von Blasensteinen verantwortlich gemacht.

Durchspülungstherapie Alle Goldrutenarten können nur wirken, wenn man zusätzlich etwa zwei Liter trinkt. Für die Durchspülungstherapie stehen bewährte Solidago-Präparate, die als traditionelles Arzneimittel zugelassen sind, zur Verfügung. In diesen ist meist das Echte Goldrutenkraut (Solidaginis virgaureae herba) alleine oder in Kombination mit anderen urologisch wirksamen Drogen wie Bärentraubenblättern, Hauhechelwurzeln, Orthosiphonblättern, Birkenblättern oder Brennnesselblättern enthalten. Aber auch Goldrutenkraut (Solidaginis herba) wird eingesetzt. Daneben kann (Echtes) Goldrutenkraut auch als Teeaufguss zur Anwendung kommen. Dafür werden zwei- bis viermal täglich eine Tasse mit zwei bis vier Gramm Droge getrunken (mittlere Tagesdosis 10 bis 20 Gramm Droge).

Achtung! Nicht geeignet ist eine Durchspülungstherapie bei Personen mit Ödemen, die durch eine Herzschwäche oder Nierenfunktionsstörung entstanden sind. Ihnen wird eine verminderte Flüssigkeitsaufnahme empfohlen.

Diesen Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 11/2021 ab Seite 84.

Gode Chlond, Apothekerin

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