Chronisch venöse Insuffizienz
VENENERKRANKUNGEN BEEINFLUSSEN GESAMTES HERZ-KREISLAUF-SYSTEM
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Die chronisch venöse Insuffizienz (CVI) verläuft in drei Stadien:
Während in Stadium I leichte dunkelblaue Verfärbungen am Fuß sowie noch reversible Ödeme auftreten, persistieren die Wassereinlagerungen in Stadium II, das gesamte Wadenbein kann blau verfärbt sein und verhärtete Hautstrukturen deuten auf Sklerosen hin. Weiter fortgeschritten treten in Stadium III chronische Wunden und Ulcera auf (Ulcus cruris).
Im Vordergrund stehen Bewegungstherapie, gegebenenfalls Gewichtsverlust und die Kompressionstherapie – lokale Behandlungen für ein venöses Problem.
Gesunde Beine sind mehr als ein Schönheitsideal
Doch Wissenschaftler*innen des Centrums für Thrombose und Hämostase (CTH) der Universitätsmedizin Mainz und des Deutschen Zentrums für Herzkreislaufforschung (DZHK) scheinen einen Zusammenhang zwischen venöser und arterieller Gesundheitsprobleme gefunden zu haben. Bei ihren Probanden konnten sie feststellen, dass solche mit einer CVI eine etwa 60 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit aufweisen, gleichzeitig eine schwere Herz-Kreislauf-Erkrankung zu erleiden. Gleichzeitig sei das Risiko, in den nächsten zehn Jahren an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Herzschwäche oder Vorhofflimmern zu erkranken, um das Zweifache erhöht (im Vergleich zu Personen ohne CVI). Diese Ergebnisse münden in ein erschreckendes Fazit: „Wir haben in der Studie nachgewiesen, dass die Gesamtsterblichkeit über alle Todesursachen hinweg bei Menschen mit chronisch-venöser Insuffizienz unabhängig von allen anderen Faktoren, wie etwa Alter, Geschlecht, Risikofaktoren und Begleiterkrankungen, deutlich erhöht ist. Dies unterstreicht in Verbindung mit der hohen Verbreitung die Notwendigkeit, die Krankheit ernst zu nehmen und als möglichen Indikator für das Vorliegen einer kardiovaskulären Erkrankung zu nutzen“, sagt Prof. Dr. Philipp Wild, Leiter der Präventiven Kardiologie am Zentrum für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz und Leiter der Klinischen Epidemiologie und Systemmedizin am CTH.
Deutlich erhöht meint in diesem Fall eine 1,7-fache erhöhte Sterblichkeit aller Teilnehmer*innen der Studie mit fortgeschrittener CVI über den Beobachtungszeitraum von sechs Jahren.
Und es ist kein seltenes Problem, „bei rund 41 Prozent der 40- bis 80-jährigen Probanden der bevölkerungsbasierten Gutenberg-Gesundheitsstudie (GHS) wurde eine symptomatische chronische Venenschwäche mit Ödemen, Hautveränderungen oder offenen Wunden der unteren Gliedmaßen diagnostiziert“, berichtet Dr. Jürgen Prochaska, Oberarzt am Zentrum für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz und Arbeitsgruppenleiter am CTH.
Bei Diagnosestellung weiterdenken
Für die Studie wurden knapp 15 000 Daten ausgewertet, rund 90 Prozent zeigten Venenveränderungen, die sich bei fast jedem Zweiten als manifeste chronisch-venöse Insuffizienz zeigte. Überträgt man dieses Bild auf die Bevölkerung, zeigt sich die Dringlichkeit einer differenzierten Diagnosestellung und ein zusätzlicher Blick auf das arterielle System.
Univ.-Prof. Dr. Thomas Münzel, der Direktor des Zentrums für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz, begründet das gemeinsame Auftreten venöser und arterieller Krankheitsbilder an den gemeinsamen Risikofaktoren. „Unsere Daten weisen darauf hin, dass klassische Risikofaktoren für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung, beispielsweise Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Übergewicht oder Rauchen, zu einer fortgeschrittenen Venenschwäche beitragen. Mit der Diagnose einer chronisch-venösen Insuffizienz sollte daher immer auch nach Risikofaktoren und Herz-Kreislauf-Erkrankungen gesucht werden.“
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft