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Demenz

AUF KOSTEN DER ERINNERUNG

Demenz kommt aus dem Lateinischen und bedeutet übersetzt „ohne Verstand“. Die Krankheit beeinträchtigt das Denkvermögen sowie das Verhalten der Betroffenen.

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Die Erinnerungen machen die Persönlichkeit eines Menschen aus - umso schlimmer ist es, wenn diese im Zusammenhang mit einer Demenz verschwinden. Zu Beginn einer demenziellen Erkrankung leiden Betroffene unter einer verminderten Merkfähigkeit und ihr Kurzzeitgedächtnis ist beeinträchtigt, im Verlauf der Erkrankung gehen auch die Inhalte des Langzeitgedächtnisses verloren. Doch nicht nur das Gedächtnis ist eingeschränkt, auch die Orientierung, die Sprache, die Aufmerksamkeit sowie das Auffassungs- und Denkvermögen sind gestört. Was in Demenzkranken vorgeht, weiß niemand, denn nach dem Anfangsstadium ist es Betroffenen nicht mehr möglich, sich mitzuteilen, sodass oft nur die Angehörigen einschätzen können, was der Person guttut und was sie braucht.

Erste Anzeichen Es gibt verschiedene Warnsignale, die auf eine Demenz hindeuten können. Dazu zählen Stimmungsschwankungen, dass Gefahren fehleingeschätzt oder kürzlich stattgefundene Ereignisse vergessen werden. Auch Sprach- und Orientierungsstörungen, Misstrauen, Ängstlichkeit und Gereiztheit gehören dazu. Vielleicht streitet der Betroffene auch Fehler hartnäckig ab, verliert das Interesse an Hobbys, Arbeit und Kontakten und kann seinen Alltag nur noch schwer bewältigen. Sollten Kunden über derartige Symptome berichten, ist ein Arztbesuch erforderlich.

Verschiedene Arten Man differenziert zwischen der primären und der sekundären Demenz. Meistens liegt eine primäre Demenz vor, die irreversibel ist. Bei einer sekundären Form ist die Demenz eine Folge anderer körperlichen Leiden, wie etwa von Vitaminmangelzuständen, chronischen Vergiftungserscheinungen oder Stoffwechselerkrankungen. Die bekannteste, irreversible Demenz-Form ist die Alzheimer-Erkrankung. Die degenerative Erkrankung wird in drei Stadien eingeteilt: Zunächst kommt es zu Stimmungsschwankungen, Gedächtnislücken und Ausfällen im Kurzzeitgedächtnis.

Die Lern- sowie die Reaktionsfähigkeit sind vermindert und es fällt Betroffenen oft schwer, Gesprächen zu folgen. Die Diagnose sowie die ersten Symptome führen meist zu Verzweiflung, Wut, Scham, Aggression oder zu einem sozialen Rückzug. Das erste Stadium ist sowohl für Angehörige als auch für Patienten oft das schwerste, da sie lernen müssen, die Erkrankung zu akzeptieren. In der zweiten Phase, der fortschreitenden Alzheimer-Demenz, verstärken sich die Beschwerden, sodass eine selbstständige Lebensführung nicht mehr möglich ist. Häufig können Patienten nicht mehr eigenständig kochen und regelmäßig essen, Körperhygiene betreiben oder ihre Kleidung anziehen. Spätestens jetzt geben sie ihren Beruf sowie das Autofahren auf, insgesamt sind sie nun auf Unterstützung angewiesen.

Demenzkranke können ihre Emotionen schlecht kontrollieren und leiden unter plötzlichen Stimmungsschwankungen, Gereiztheit oder Depressionen. Sie haben außerdem eine hohe Lauftendenz und streunen oft durch die Wohnung. Auch Angehörige leiden, zum Beispiel, wenn Alzheimer-Patienten sie plötzlich nicht mehr erkennen oder sie mit anderen Personen verwechseln. Im fortgeschrittenen Stadium der Alzheimer-Demenz sind Erkrankte völlig hilflos – sie können nicht mehr selbstständig essen oder trinken, sprechen und gehen. Häufig werden sie bettlägerig und ihr Risiko für Infektionen ist stark erhöht, sodass sie in diesem Stadium nicht selten an einer Komplikation, beispielsweise an einer Lungenentzündung, sterben.

Mögliche Auslöser Die Ursachen der Alzheimer-Erkrankung sind bislang noch nicht ausreichend erforscht – fest steht, dass es zu Veränderungen im Gehirn kommt. Die Nervenzellen sterben ab, die Hirnmasse geht zurück (Hirnatrophie), der Botenstoff Acetylcholin ist reduziert und es lagern sich Eiweiße im Gehirn ab. Genetische Faktoren hingegen sind für die Alzheimer-Krankheit eher von geringer Bedeutung. Der gefäßbedingten Demenz liegen Durchblutungsstörungen zugrunde. Nervengewebe im Gehirn stirbt ab, da es nicht ausreichend versorgt wird. Das Ausmaß der Erkrankung hängt davon ab, wie ausgeprägt die Durchblutungsstörung ist. Die Multiinfarktdemenz geht mit einer Vielzahl kleinerer Schlaganfälle einher, die zum Absterben von Gehirnzellen führen. Die Beschwerden ähneln den Krankheitsanzeichen der Alzheimer-Erkrankung, allerdings begleiten körperliche Symptome wie Taubheitsgefühle oder Lähmungen die kognitiven Ausfälle.

Prophylaxe Grundsätzlich gibt es verschiedene Verhaltensweisen zur Prävention einer Demenz. Geistig und sozial aktive Personen erkranken seltener als solche, die intellektuell weniger fit sind. Das Alter stellt ebenfalls einen Risikofaktor für eine Demenz dar: Während in der Gruppe der 65- bis 70-Jährigen weniger als drei Prozent erkrankt sind, ist bei den 85-Jährigen bereits jeder Fünfte, bei den 90-Jährigen jeder Dritte betroffen. Eine gesunde Ernährung sowie körperliche Bewegung mindern das Erkrankungsrisiko. Eine vaskuläre Demenz wird durch Bluthochdruck, Rauchen, Diabetes mellitus sowie Herzerkrankungen begünstigt, diese Risikofaktoren sollte man entsprechend begrenzen.

Vorsorge treffen PTA und Apotheker raten Kunden mit Demenz oder Angehörigen am besten dazu, über die Erkrankung offen zu sprechen und frühzeitig zu planen, wie es weitergehen soll. Zu Beginn der Erkrankung ist es möglich, eine Betreuungsverfügung oder eine Vorsorgevollmacht aufzustellen, am besten zieht man einen Notar hinzu. Zusätzlich sollten sich Betroffene über Betreuungsangebote sowie Hilfsmittel (zum Beispiel ein Ortungssystem) informieren. Der Arzt stellt zusammen mit dem Demenz-Kranken einen Behandlungsplan auf.

Ganzheitliche Therapie Die Behandlung der Demenz zielt in erster Linie darauf ab, die Lebensqualität Betroffener und ihrer Angehörigen zu verbessern. Letztere erhalten in der Regel eine psychosoziale Unterstützung sowie Informationsangebote. Während primäre Demenzen nicht heilbar sind, ist es bei sekundären Demenzen möglich, über die Behandlung der Grunderkrankung die Demenz zu therapieren. Bei der primären Demenz liegt das Therapieziel darin, die Alltagskompetenzen sowie die geistige Leistungsfähigkeit zu bewahren. Antidementiva beeinflussen die Neurotransmitter Acetylcholin und Glutamat und verbessern das Gedächtnis, die Konzentration, die Denk- sowie die Lernfähigkeit.

Alzheimer-Patienten weisen meist eine verminderte Konzentration des Acetylcholins auf, daher hemmen die Wirkstoffe (Donepezil, Galantamin oder Rivastigmin) das Acetylcholinabbauende Enzym Acetylcholinesterase. Galantamin wirkt zusätzlich auf die nikotinergen Rezeptoren und unterstützt die Bindung des Acetylcholins an die Nervenzellen. Glutamat-Antagonisten (Memantin) werden bei schweren Demenz-Formen eingesetzt, allerdings spricht nicht jeder auf diese Therapie an. Solange Patienten die Medikamente gut vertragen, sollte die Therapie nicht beendet werden. Auch Nootropika wie Ginkgo biloba, Piracetam, Nicergolin oder Nimodipin verbessern die Hirnfunktion.

Den Artikel finden Sie auch in der Sonderausgabe Senioren von DIE PTA IN DER APOTHEKE ab Seite 20.

Martina Görz, PTA, M.Sc. Psychologie, Fachjournalistin

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