Ältere Frau sitzt in Arztzimmer und bekommt in den Oberarm von einem Arzt eine Impfung© Prostock-Studio / iStock / Getty Images Plus
Die Grippeimpfung wirkt bei Senioren schlechter. Warum die Immunantwort schwächer ausfällt, wurde vor kurzem in einer Studie untersucht.

Molekularer Mechanismus entdeckt

DARUM WIRKT DIE GRIPPEIMPFUNG AB 60 ANDERS

Dass die Grippeimpfung bei Senioren schlechter wirkt, ist bekannt. Deshalb gibt es für die Grippeimpfung ab 60 spezielle Hochdosis-Impfstoffe, die die verminderte Immunreaktion im Alter ausgleichen sollen. Bisher wusste man nicht genau, warum die Immunantwort auf die Grippeimpfung bei Älteren schwächer ausfällt. Das ändert sich jetzt.

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Bestimmte Moleküle im Blut älterer Menschen beziehungsweise deren Fehlen könnten hinter der schlechteren Wirkung der Grippeimpfung ab 60 stecken. Forschende aus Hannover haben die bisher größte Kohortenstudie zu dem Thema durchgeführt und dabei mehrere Unterschiede im Blut der Impflinge festgestellt. Und das nicht nur nach der Impfung.

Die Erkenntnisse könnten helfen, die Grippeimpfung auch für Senioren besser wirksam zu machen und sie so besser zu schützen. Noch steht man aber am Anfang.

Grippeimpfung erstmals so gründlich bei Senioren untersucht

Die Wirkung der Grippeimpfung untersuchten Forschende des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung in Zusammenarbeit mit der Medizinischen Hochschule Hannover. 234 Teilnehmende über 60 Jahren wurde vor und an mehreren Zeitpunkten nach der Grippeimpfung Blut abgenommen und dieses aufwendig untersucht. Die Unterschiede in der Zusammensetzung des Blutes ließen Rückschlüsse darauf zu, wer von den Teilnehmenden eine gute Immunantwort auf die Grippeimpfung hatte und wer nicht.

Bei Teilnehmenden mit schlechtem Ansprechen auf die Grippeimpfung stieg der Antikörpertiter um weniger als das Vierfache, darüber liegende Anstiege des Antikörpertiters werteten die Forschenden als gute Immunantwort. Stiegen die Antikörperzahlen gegen keinen der verwendeten Virusstämme um mindestens das Vierfache, bezeichneten die Forschenden diese Personen als Non-Responder; bei ihnen bewirkt die Grippeimpfung keinen ausreichenden Schutz. Bei Erreichen des vierfachen Titers gegen wenigstens einen Virusstamm spricht das Team von Low-Respondern. Sie erreichen durch die Grippeimpfung einen teilweisen Schutz.

Grippeimpfung ab 60 schlechter wirksam wegen chronischer Entzündungen

Bei Non-Respondern auf die Grippeimpfung waren die Werte von Interleukin-15 (IL-15) im Blut bereits vor der Impfung erhöht. IL-15 spielt eine Rolle bei sich entwickelnden chronischen Entzündungen. Dass die Grippeimpfung ab 60 Jahren schlechter wirkt, könnte darauf beruhen, dass ältere Menschen öfter an chronischen Erkrankungen leiden, die mit Entzündungsprozessen einhergehen. Dies sind Arteriosklerose, Gelenkerkrankungen und weitere typische Alterserscheinungen.

Die erhöhten IL-15-Werte führen nach der Grippeimpfung bei den entsprechenden Personen zu einer vermehrten Anzahl an bestimmten T-Zellen. Die sogenannten Natural-Killer-Zellen schränken die Wirkung der Grippeimpfung ein. Personen ab 60 sind also öfter Non-Responder oder Low-Responder, während sie gleichzeitig ein höheres Risiko für schwere Verläufe bei einer Ansteckung haben.

Ein weiterer Unterschied im Blut von Non-Respondern auf die Grippeimpfung fiel den Forschenden auf: bei ihnen fanden sich weniger langkettige Fettsäuren. Erstautorin Dr, Saumya Kumar meint dazu: „Bestimmte langkettige Fettsäuren wirken entzündungshemmend und unterstützen insgesamt die Entwicklung einer guten Immunantwort.“ Die Wirkung der Grippeimpfung könnte nicht nur für Personen ab 60 mit einer guten Zufuhr der entsprechenden Fettsäuren, zum Beispiel durch Fischöl oder gesunde Nüsse, unterstützt werden. Kumar ist der Meinung, dass die Hintergründe näher erforscht werden sollten.

Die Grippeimpfungen haben auch in der Apotheke wieder begonnen. Nicht nur Personen ab 60 können davon Gebrauch machen. Möglicherweise tragen die Erkenntnisse von Sumar zukünftig dazu bei, dass die Grippeimpfung auch bei älteren Menschen besser wirkt. Noch, betont Professor Yang Li vom Helmholtz-Zentrum, habe man lediglich Schlüsselmoleküle für eine gute oder schlechte Immunantwort auf die Grippeimpfung identifiziert, an denen weiter geforscht werden müsse.

Quellen:
https://idw-online.de/de/news840498
​​​​​​​https://www.helmholtz-hzi.de/media-center/newsroom/news-detailseite/warum-die-grippeimpfung-bei-aelteren-menschen-weniger-wirksam-ist/
​​​​​​​https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.adq7006

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