Diabetes-Praxiswissen: Typ-2-Therapie neu gedacht
17 Minuten
- 1Blutzucker-Stoffwechsel
- 2Erkrankungs-Typen
- 3Diabetes-Diagnose
- 4Typ-2-Therapie: Teil I
- 5Typ-2-Therapie: Teil II
- 6Insuline
- 7Lernerfolgskontrolle
01. März 2025
Autoimmunerkrankung bei Typ 1
Der Begriff „Diabetes mellitus“ umfasst verschiedene Arten der Glucosestoffwechselstörung. Sie unterscheiden sich in ihrer Ursache, ihrem Verlauf und dem Alter der Betroffenen. Typ-1-Diabetes ist eine unheilbare, fortschreitende Autoimmunerkrankung, bei der der Körper die insulinproduzierenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse zerstört.
Diese Form tritt meist im Kindes- oder Jugendalter auf, kann aber auch im Erwachsenenalter diagnostiziert werden. Prinzipiell kann jeder an Typ-1-Diabetes erkranken. Das Risiko ist allerdings erhöht, wenn in der Familie die Erkrankung bereits vorliegt, also wenn zum Beispiel ein Elternteil Diabetiker ist.
Die Ursachen für Diabetes Typ 1 sind noch nicht vollständig bekannt. Neben der genetischen Veranlagung werden Umwelteinflüsse vermutet, die Typ-1-Diabetes in der frühen Kindheit auslösen. Treten in den ersten Lebensjahren Viruserkrankungen auf, scheint ein späterer Ausbruch von Diabetes Typ 1 wahrscheinlicher zu sein. Auch das Darm-Mikrobiom und die Ernährung im Säuglingsalter werden als Risikofaktoren diskutiert.
Typische Anzeichen sind
- erhöhtes Durstgefühl,
- vermehrtes Trinken,
- Sehstörungen,
- Leistungsabfall,
- Gewichtsverlust und
- Bewusstseinsstörungen.
Der Untergang der Betazellen in der Bauchspeicheldrüse erfolgt relativ rasch. Im Gegensatz zum Diabetes mellitus Typ 2 verursacht das deutlich spürbar Beschwerden, sodass die Betroffenen zeitnah zum Arzt gehen.
Erstes Therapieziel bei Diabetes mellitus Typ 1 ist, eine möglichst normnahe Stoffwechsellage zu erreichen. Das soll Stoffwechselentgleisungen und Folgekomplikationen vermeiden. Ohne Insulin-Injektionen kann der Körper den Zuckerstoffwechsel nicht aufrechterhalten. Der Einsatz von Humaninsulinen oder Insulinanaloga ist unverzichtbar.
Insulinresistenz bei Typ 2
Typ-2-Diabetes betraf früher überwiegend ältere und übergewichtige Menschen. Heute sind auch immer mehr jüngere Personen betroffen. Die Erkrankung entsteht durch eine Kombination aus genetischen und lebensstilbedingten Faktoren wie ungesunder Ernährung, Bewegungsmangel und Übergewicht. Diese Faktoren führen zur Ausbildung einer Insulinresistenz und einer verminderten Insulinproduktion.
Der Krankheitsverlauf wird erst offensichtlich, wenn sich die Stoffwechsellage stark verschlechtert und Symptome auftreten. Meistens wird die Krankheit im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen beim Hausarzt entdeckt. Ziel muss sein, die Erkrankung so früh wie möglich zu erkennen.
Dazu können Sie in der Apotheke beitragen, indem Sie Patienten mit einem bekannten Risikoprofil Blutzuckeruntersuchungen anbieten oder regelmäßige jährliche Checks beim Hausarzt empfehlen.
Bleibt der Blutzucker dauerhaft erhöht, schreitet die Erkrankung fort und kann diabetesbedingte Komplikationen hervorrufen.
Häufige Folgeerkrankungen
Diabetiker haben ein doppelt so hohes Risiko, eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu erleiden wie Personen ohne Diabetes. Mehr als ein Drittel der Diabetiker hat kardiovaskuläre Begleiterkrankungen, zum Beispiel
- Hypertonie,
- koronare Herzkrankheit,
- Herzinsuffizienz und/oder
- erleiden einen Herzinfarkt
- oder Schlaganfall.
Mikro- und makrovaskuläre Veränderungen sind außerdem verantwortlich für
- Retinopathien,
- sexuelle Funktionsstörungen,
- die arterielle Verschlusskrankheit und
die Entstehung einer Niereninsuffizienz.
Retinopathien, die diabetesbedingten Netzhautschädigungen, liegen bei etwa einem Viertel der Typ-1-Diabetiker und etwa 12 Prozent der Typ-2-Diabetiker vor. Diabetes ist die häufigste Ursache für Erblindungen im Erwachsenenalter. Je länger die Diabetes-Erkrankung besteht, je schlechter die therapeutische Einstellung und je mehr weitere Komorbiditäten vorliegen, zum Beispiel Hypertonie, umso mehr steigt das Risiko für die diabetische Retinopathie.
Regelmäßige Kontrollen der Nierenfunktion sind ebenfalls allen Diabetikern zu empfehlen. Die feinen Blutgefäße in den Nierenkörperchen sind häufig von mikrovaskulären Schäden betroffen. So entwickeln etwa 15 Prozent der Diabetiker eine chronische Niereninsuffizienz.
Sexuelle Funktionsstörungen entstehen aufgrund von mikrovaskulären oder neuropathischen Schäden. Sie betreffen ebenfalls mit steigender Dauer des Diabetes insbesondere die Männer. Häufig leiden sie unter Erektionsstörungen, weil die Durchblutung der Schwellkörper nicht mehr optimal funktioniert.
Neuropathische Schädigungen zählen ebenfalls zu den Folgekomplikationen. So können andauernd erhöhte Blutglucosewerte die Nerven des vegetativen, peripheren und somatischen Nervensystems schädigen und damit zu einer diabetischen Neuropathie führen. Sie kann sich in Form von Missempfindungen, Taubheitsgefühl und Verdauungsproblemen äußern.
Eine Polyneuropathie in den Füßen kann der Ausgangspunkt für ein diabetisches Fußsyndrom sein. So bemerken Betroffene kleine Druckstellen oder Verletzungen an den Füßen nicht. Diese können sich dann zu schwerwiegenden Ulcera entwickeln. In Kombination mit einer peripheren Verschlusskrankheit verstärkt sich die Problematik. Im schlimmsten Fall sind dann Zehen- oder Fußamputationen nötig.
Auch in der Apotheke sollten Diabetiker über diese Komplikationen aufgeklärt werden. Verlangt ein Diabetiker eine dexpanthenolhaltige Heilsalbe, werden Sie hellhörig und fragen Sie nach der betroffenen Hautstelle. Gerade ältere Menschen unterschätzen offene Stellen und verbleiben viel zu lange in der Selbstmedikation, bevor sie zum Arzt gehen. Der Hinweis, regelmäßige jährliche ärztliche Kontrolluntersuchungen bezüglich diabetesbedingter Folgeerkrankungen vorzunehmen, ist deshalb so wichtig.