Diabetes
PTA-Fortbildung

Diabetes-Praxiswissen: Typ-2-Therapie neu gedacht

Diabetes-Patientenzahlen steigen weltweit. In der Therapie des Typ-2-Diabetes hat ein Paradigmenwechsel stattgefunden. Was Sie hierzu wissen müssen und was bei der Beratung Ihrer Kunden sonst noch wichtig ist.

17 Minuten

Screening hilft, Risikopatienten zu entdecken

Versorgen Sie die Diabetiker unter Ihren Kunden, aber auch Kunden mit einem erhöhten Risiko für Diabetes mit Informationen. Screeningangebote in Form des Findrisk-Tests oder Blutzuckermessungen tragen dazu bei, Risikopatienten ausfindig zu machen und dann zu weiteren Untersuchungen zum Arzt zu schicken.

Gerade Ihren Stammkunden, deren Lebensumstände und sonstige Medikamente bekannt sind, können Sie aktiv Angebote machen. Auch die erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikation (also wenn ein Patient mehr als fünf systemische Arzneimittel in der Dauermedikation bekomm) kann eine Gelegenheit sein, Risikopatienten auf eine Blutzuckermessung anzusprechen.

Bieten Sie pDL an?
Kunden mit mehr als fünf systemisch wirkenden Medikamenten in der Dauermedikation sollten Sie in der Apotheke die Pharmazeutische Dienstleistung „Erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikation“ anbieten. Dabei wird der Medikationsplan mit der tatsächlich eingenommenen Medikation abgeglichen, eventuell unter Arztrücksprache aktualisiert und eine Prüfung auf definierte arzneimittelbezogene Probleme vorgenommen. So können Typ-2-Diabetiker bezogen auf ihre Gesamtmedikation umfassend beraten werden.

Viele Typ-2-Diabetiker leiden neben der Diabetes-Erkrankung unter einem metabolischen Syndrom, also der Kombination von Adipositas, Bluthochdruck und einer Fettstoffwechselstörung. Übergewichtige Menschen mit Bluthochdruck sind also prinzipiell gefährdet und sollten deshalb regelmäßig ihre Blutzuckerspiegel kontrollieren lassen.

Diagnose Diabetes mellitus

Grundsätzlich wird die Diagnose nach den WHO-Kriterien gestellt. Diese sind:

  • Nüchtern-Plasma-Glucose ≥ 126 mg/dl (7,0 mmol/l)
  • Zufalls-Plasma-Glucose ≥ 200 mg/dl (11,1 mmol/l) mit Diabetes-typischen Symptomen
  • HbA1c ≥ 6,5 % (48 mmol/mol)
  • 75-g-oraler-Glucosetoleranztest (OGTT) mit einer Nüchtern-Plasma-Glucose ≥ 126 mg/dl (7,0 mmol/l) oder einem 2-Stunden-Wert ≥ 200 mg/dl (11,1 mmol/l).

Therapieziele und Behandlung von Typ-2-Diabetes

Steht die Diagnose Diabetes mellitus fest, empfiehlt die nationale Versorgungsleitlinie, dass der behandelnde Arzt zusammen mit dem Patienten dessen individuelle Therapieziele festlegt. Faktoren, die eine Rolle bei der Bestimmung der Ziele spielen, sind zum Beispiel

  • das Alter,
  • die kognitiven Voraussetzungen,
  • die Lebenserwartung und
  • die Lebenssituation des Patienten.

Zur Vermeidung der Folgeerkrankungen ist eine gute Blutzuckerkontrolle entscheidend. Die Behandlung zielt darauf ab, die Lebensqualität der Patienten zu erhalten, die Entstehung von Begleiterkrankungen zu verhindern und die Sterblichkeit zu senken. Dafür werden neben der Analyse von Blutzuckerwerten auch der HbA1c-Wert sowie orale Glucosetoleranztests herangezogen. Der HbA1c-Wert gilt immer noch als wichtige Größe zur Definition eines Therapieziels bei Diabetes.

Im Alter wird das Erreichen möglichst niedriger HbA1c- Werte jedoch nicht mehr wie bei jungen Patienten in den Mittelpunkt gestellt. Im Gegensatz zum jüngeren Menschen birgt eine schärfere Einstellung der Therapie mit Insulin beim alten Menschen zum Beispiel ein höheres Risiko für Hypoglykämien und eine erhöhte Sturzgefahr.

Die Nationale Versorgungsleitlinie empfiehlt sogenannte Zielkorridore nach dem Grad der Funktionalität, Risikofaktoren und Lebenserwartung des Patienten unter Vermeidung von Hypoglykämien. So wird beispielsweise bei einem alten Menschen, der als funktionell stark abhängig eingestuft wird, ein HbA1c-Wert von unter 8,5 Prozent definiert. Also ein Wert, der für junge Diabetiker wegen des Risikos für Folgeschädigungen und ihrer viel höheren Lebenserwartung eindeutig zu hoch wäre.

Bei alten Patienten spielen auch die Vermeidung von Wechselwirkungen und Nebenwirkungen mit der sonstigen Dauermedikation eine größere Rolle. Sie sollten diese Empfehlungen kennen, um Patienten oder Angehörige nicht bei der Bewertung von Laborwerten mit fehlerhaft zu niedrigen Therapiezielen zu irritieren.

Falls weitere Begleiterkrankungen vorliegen, wie Bluthochdruck oder eine Fettstoffwechselstörung, werden auch für diese Therapieziele definiert. Heute ist bekannt, dass diese Erkrankungen sich gegenseitig fördern und gemeinsam die Gefahr für Herzinfarkt und Schlaganfall erhöhen.

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