Mann isst Suppe.© Drazen Zigic / iStock / Getty Images Plus
Nicht bei jedem ist der Schluckvorgang ohne Probleme möglich.

Vagusnerv

DIE URSACHEN VON SCHLUCKBESCHWERDEN VERSTEHEN

Wer nicht richtig schlucken kann, kann nicht essen, nicht trinken und keine peroralen Arzneimittel einnehmen. Berliner Forschende wollen Schluckstörungen grundlegend verstehen, um Betroffenen besser helfen zu können. Neue Ergebnisse zeigen die Rolle des zehnten Hirnnervs auf.

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Der Schluckreflex ist ein zentraler Aspekt der menschlichen Nahrungsaufnahme. Das aktive Zusammenziehen von Rachen und Speiseröhre befördert die Nahrung vom Mundraum in den Magen. Die Peristaltik der Muskeln in der Speiseröhrenwand sorgt für das Vorantreiben des Nahrungsbreis. Nicht bei jedem Menschen ist dies einwandfrei möglich.

Bei beispielsweise neurologischen Erkrankungen wie Multiple Sklerose, ALS oder Parkinson kommt es zu Schluckstörungen unterschiedlicher Ausprägung. Mangelernährung, Gewichtsverlust und Austrocknung können die Folge sein.

Eine aktuelle Studie des Teams um Professor Dr. Carmen Birchmeier-Kohler vom Berliner Max-Delbrück-Center für Molekulare Medizin (MDC) gibt Aufschluss darüber, was krankhaften Schluckbeschwerden zugrunde liegt. Eine wichtige Rolle nehmen bestimmte Nervenzellen in der Speiseröhrenwand ein.

Forschungsergebnisse – Der Ursprung der Schluckbeschwerden

Die Arbeitsgruppe „Entwicklungsbiologie/Signaltransduktion in Nerven und Muskelzellen“ um Dr. Birchmeier-Kohler hat den Schluckvorgang jüngst analysiert. Im Gehirn entspringen zwölf Hirnnerven, die Kopf, Hals und Organe im Rumpf ansteuern. Einer von ihnen ist der Nervus vagus, der zehnte Hirnnerv.

Sensorische Zellen dieses Nervs reagieren auf mechanische Reize in der Speiseröhre und regen deren unbewusste Bewegungen an. Diese Studienergebnisse könnten zukünftig dabei helfen, Schluckbeschwerden besser zu verstehen und neue Behandlungsmethoden zu entwickeln.

Wie das Schlucken funktioniert

Initial färbten die Wissenschaftler*innen die Nervenzellen an. Dadurch kontrollierten sie, welche Organe sie ansteuern. Im nächsten Schritt stellten sie fest, inwiefern diese Zellen auf mechanische Reize in der Speiseröhre reagieren. Im finalen Schritt schalteten sie die Nervenzellen gezielt aus, um die Konsequenzen für den Schluckvorgang herauszustellen. Dafür entwickelte Dr. Teresa Lever von der University of Missouri School of Medicine in Columbia ein spezielles Beobachtungsverfahren. Dieses ermöglichte, den Schluckvorgang bei unbeeinflussten Mäusen in Echtzeit zu beobachten.

Schlüsselrolle der Neuronen

Dr. Elijah Lowenstein hat in der Arbeitsgruppe von Birchmeier-Kohler promoviert. Er erklärt, dass der Verlust der nachgewiesenen Nervenzellen in der Konsequenz dazu führe, dass die Testmäuse in kurzer Zeit Gewicht verlieren. Dies zeige, dass die Neuronen eine Schlüsselrolle bei der körperlichen Homöostase einnehmen.

Damit die Speiseröhre einwandfrei funktionieren kann, sei eine mechanosensorische Rückkopplung vonnöten. Im Versuch sei ohne die Zellen des Nervus vagus teilweise der Speisebrei zurück in den Rachen der Mäuse geflossen. Diese Erkenntnis kann dazu beitragen, Schluckbeschwerden in der Zukunft gezielter zu behandeln. Dr. Birchmeier-Kohler stellt darüber hinaus in Aussicht, die verwendeten genetischen Modelle für analoge Versuche – zum Beispiel an Lunge oder Aorta – nutzen zu wollen.

Quellen:
https://idw-online.de/de/news814949
https://www.mdc-berlin.de/de/person/prof-dr-carmen-birchmeier-kohler

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