Ein Apothekenmitarbeiter in weißem Kittel bedient eine ältere Kundin und scannt eine Arzneimittelpackung.© Jacob Wackerhausen/iStock/Getty Images Plus
In Deutschland ist es das Securpharm-System, das Arzneimittelfälschungen aufspüren soll – in anderen Ländern gibt es andere Methoden.

Unterschiedliche Verteilung

ARZNEIMITTELFÄLSCHUNGEN EUROPAWEIT IM GRIFF

Arzneimittelfälschungen sind weltweit ein Problem. Um die Lieferketten sicherer zu machen, wurde 2019 das europäische Fälschungsschutz-System eingeführt. In Deutschland kennt das Securpharm-System jede PTA: zum Schutz vor Arzneimittelfälschungen wird der QR-Code jedes rezeptpflichtigen Arzneimittels vor der Abgabe gescannt. Aber bringt das wirklich was?

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Seit fünf Jahren dürfen Hersteller zum Schutz vor Arzneimittelfälschungen ihre verschreibungspflichtigen Präparate nur noch mit bestimmten Sicherheitsmerkmalen in Verkehr bringen.
Das verlangt eine Richtlinie zum Fälschungsschutz für Arzneimittel der Europäischen Union. In Deutschland ist Securpharm, wie es hier heißt, Pflicht. Andere Länder, wie Italien und Griechenland, sind (noch) nicht dabei.

Jede PTA kennt die Warnmeldungen, die beim Scan manchmal auftauchen. Aber meist ist es keine Arzneimittelfälschung, sondern ein Fehlalarm. Das frustriert in der Praxis durchaus.
Die Bilanz im Kampf gegen Arzneimittelfälschungen ist dennoch positiv.

Arzneimittelfälschungen sind selten, sagt die Statistik

Gefälschte Medikamente landen in Deutschland in der Regel nicht in den Apotheken, sondern Arzneimittelfälschungen fallen vorher auf. Dazu muss man aber wissen, fügt Anke Rüdiger im Interview mit der Pharmazeutischen Zeitung hinzu, dass die deutsche Lieferkette schon vor der Einführung der EU-Maßnahmen zum Schutz vor Arzneimittelfälschungen sehr sicher gewesen sei.

„Uns liegen keine Informationen aus dem Securpharm-System sowie dessen Umfeld vor, dass seit dem Start des Systems eine Arzneimittelfälschung eine öffentliche Apotheke in Deutschland erreicht hat.“
Anke Rüdiger, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes (DAV)

Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat eine Statistik zum Vorkommen von Arzneimittelfälschungen herausgebracht. Demnach kamen in Deutschland zwischen 2017 und 2019 neun Fälle gefälschter Medikamente vor, zwischen 2019 und 2022 nur noch vier Arzneimittelfälschungen.

Insgesamt fielen in der Statistik in den Jahren von 2017 bis 2022 67 Arzneimittelfälschungen auf, davon allein 21 in den Niederlanden. Die wenigsten Fälle von gefälschten Medikamenten verzeichnen Irland, Italien, Spanien und Griechenland. Interessanter Fakt an dieser Stelle: Italien und Griechenland sollen erst 2025 an das europäische System gegen Arzneimittelfälschungen angeschlossen werden.

Die meisten Arzneimittelfälschungen tauchen der Statistik nach aber in der illegalen Lieferkette auf, also hauptsächlich im Internet. Gern gefälscht werden teure oder Lifestyle-Medikamente wie Krebsmedikamente oder auch Mittel zum Abnehmen oder für die Potenz.

Alle Systeme melden Arzneimittelfälschungen, aber national unterschiedlich

Das deutsche Securpharm-System, das Arzneimittelfälschungen melden soll, bezieht seine Informationen aus einem zentralen Hub, in den die Hersteller die Erkennungsmerkmaler ihrer Arzneimittelpackungen hochladen. Übergeordnet zuständig ist eine europäische Non-Profit-Organisation, die für Verwaltung und Betrieb des zentralen Hubs sorgt. Aus dieser zentralen Datenbank beziehen die nationalen Systeme wie Securpharm die Informationen, die sie zur Erkennung von Arzneimittelfälschungen und auch der Meldung dieser brauchen.

Bisher sind 26 EU-Staaten und Island, Norwegen und Liechtenstein dem System angeschlossen und können in den Apotheken und Kliniken Arzneimittelfälschungen eindeutig erkennen.

Securpharm-Fehlalarm

Securpharm-Geschäftsführer Martin Bergen meint: Das System ist schon fast zu genau bei der Suche nach Arzneimittelfälschungen.

„Unser größtes Problem ist, dass das System so scharf ist, dass auch kleinste Fehlbedienungen einen Alarm erzeugen.“

Die deutschen Apotheken haben zwar „nur“ mit einer Fehlalarmquote von 0,1 Prozent zu tun, aber das sind 40000 Fälle pro Woche. Hier sieht Bergen Verbesserungsbedarf. Die Kinderkrankheiten des Systems gegen Arzneimittelfälschungen sind aber seiner Meinung nach überwunden. Es meldet zuverlässig und schnell Verdachtsfälle, so dass schnell reagiert werden kann.

Quellen:
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/wo-die-meisten-faelschungen-auftauchen-149184/
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/securpharm-war-wichtiger-schritt-fuer-arzneimittelsicherheit-145476/
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2024/02/12/faelschungsschutz-in-europa-blick-ueber-die-grenzen
https://www.abda.de/fileadmin/user_upload/assets/Faktenblaetter/Faktenblatt_Arzneimittelfaelschungen.pdf

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