TV-Tipp
DIE KRAFT DER KLÄNGE
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Musik wirkt auf allen Ebenen des Gehirns mit direktem Zugang zu Emotionen. Das Geheimnis der Rhythmen und Melodien erforschen deshalb auch Neurowissenschaftler wie Peter Vuust und Stefan Kölsch. Letzterer ist Wissenschaftler an der Universität Bergen in Norwegen und meint sogar: Musik hilft dem Körper vielleicht besser als viele Medikamente, bereits vorhandene Heilkräfte zu aktivieren.
Peter Vuust vom „Music in the Brain“-Institut im dänischen Aarhus hat erforscht, warum man bei manchen Songs einfach nicht mehr stillsitzen kann. Und die Musiktherapeutin Friederike Haslbeck in der Klinik für Neonatologie des Universitätsspitals Zürich summt für Frühgeborene, damit diese sich entspannen und so Energie schöpfen, um zu wachsen.
Musik prägt fürs Leben
Vor allem Regionen im Gehirn, die die Kinder später für Motorik, Sprache und soziales Miteinander brauchen, entwickeln sich dank sanfter Stimulierung durch Musik besser. Die Doku „Die Kraft der Klänge – Musik als Medizin“ von Anja Reiß zeigt, wie Musik den Menschen positiv beeinflusst, und zwar vom Kleinkind bis ins hohe Alter.
Musik macht das Gehirn plastischer
Musik vermag zu heilen. Regelmäßiges Hören von selbst ausgewählter beruhigender Musik soll den Blutdruck senken sowie chronische Entzündungen des Darms und rheumatische Schmerzen lindern. Auch eine schmerzlindernde Wirkung wird Musik nachgesagt, die allgemeine Schmerzwahrnehmung sinkt.
Live oder in der Mediathek
Am Donnerstag, 8. September, um 20.15 Uhr beleuchtet eine Dokumentation relevante wissenschaftliche Fragen; um 21 Uhr diskutiert dann Gert Scobel das Thema mit seinen Gästen aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen. Und danach gibt es alles jederzeit abrufbar in der 3satmediathek.
Denn Musik macht etwas mit dem Gehirn. Sie bewirkt ein Phänomen namens Neuroplastizität. Wenn man beispielsweise bereits als Kleinkind an die Musik herangeführt wird, verändert sich die Struktur des Gehirns. Dazu gehören rasche Anpassungen der Signalübertragung an den Nervenendknöpfchen – Synapsen genannt -, und zwar innerhalb von Sekunden. Sie äußern sich aber auch im Wachstum von Synapsen, Nervenzellfortsätzen (Dendriten) und Neuronen, das mehrere Stunden bis Tage dauert. Die Dendriten übertragen die Impulse dann schneller und genauer. Und die Nervenzellen sterben nicht so schnell wie sonst üblich, denn sie sind ständig gefordert. Da die neuronalen Netzwerke mehr Sauerstoff benötigen, entstehen Blutkapillaren, die ebenfalls zu einer Vergrößerung des betreffenden Hirnrindenabschnittes beitragen: So ist bei Geigern der Bereich, der für die linke Hand zuständig ist, sehr viel ausgedehnter als bei Nichtmusikern. Im Grunde ist die Anpassung des Nervensystems an geistiges oder musikalisches Training mit den Anpassungsvorgängen der Muskulatur infolge von körperlichem Training vergleichbar.
Musik wissenschaftlich bewertet
Hirnveränderungen durch Musik bereits therapeutisch genutzt
So wird die Kapazität des Gehirns und seine Fähigkeit, neue Vernetzungen zwischen Hand- und Hörregionen wie bei Musikern entstehen zu lassen, mittlerweile auch bei Schlaganfallpatienten genutzt. MUT – musikunterstütztes Training der Feinmotorik nach Schlaganfällen – heißt eine Therapie, in der Patienten das Klavierspielen beigebracht wird. Am Ende des Trainings können die Patienten einfache Lieder mit beiden Händen spielen, ihre Feinmotorik hat sich messbar verbessert.
Eine zweite Therapieform besteht im Singen – die melodische Intonationstherapie (MIT) nutzt den Umstand, dass Schlaganfallpatienten oftmals zwar nicht mehr sprechen können, aber noch in der Lage sind, alte Melodien wie Kinderlieder oder die Nationalhymne zu singen. Auch bei Depressionen soll eine solche Musiktherapie hilfreich sein.
Quelle:
3sat, „Vom Neandertal in die Philharmonie. Warum der Mensch ohne Musik nicht leben kann“ von Eckart Altenmüller