Junger Mann krümmt en Rücken vor Schmerzen nach vorne, hat eine Hand auf dem Rücken auf blauem Hintergrund© Khosrork / iStock / Getty Images Plus
Rückenschmerzen sind die häufigste Schmerzart in Deutschland.

Schmerzmittel

WIRKSAMKEIT VON OPIOIDEN BEI RÜCKENSCHMERZEN AUF DEM PRÜFSTAND

Die häufigste Schmerzart in Deutschland sind Rückenschmerzen. Häufig werden Opioide wie Tilidin verordnet. Gemäß der Leitlinie sollte dies nur geschehen, wenn leichtere Schmerzmittel nicht ausreichend wirksam sind. Eine aktuelle Studie beschäftigt sich mit diesem Phänomen. 

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In einer internationalen Studie nahmen rund 40 Prozent der Rückenschmerz-Patient*innen Opioide, in Krankenhäusern zwei Drittel. Dabei sind das Abhängigkeits- und Missbrauchspotential und das Nebenwirkungsportfolio bekannt. 

Es ist die erste Studie, die die Faktoren Sicherheit und Wirksamkeit fokussiert und randomisiert und dabei verblindet und Placebo-kontrolliert abläuft. Die neue Studie untermauert die bereits angezweifelte Wirkweise von Opioiden bei Rückenschmerzen, die allenfalls „bescheiden“ ausfalle.

Sicherheit und Wirksamkeit von Opioiden bei Rückenschmerzen

In der Studie waren 347 Patient*innen an 157 Standorten in Australien zwischen 2016 und 2021 involviert. Diese litten seit bis zu zwölf Wochen unter Rücken- und/oder Nackenschmerzen. Als Opioid wurden für bis zu sechs Wochen 20 Milligramm (mg) Oxycodon in Kombination mit Naloxon retardiert eingesetzt. 151 Proband*innen erhielten Oxycodon/Naloxon, 159 Placebo.

Im Anschluss wurde die Schmerzstärke anhand einer Zehn-Punkte-Skala nebst Nebenwirkungen gemessen. Ein Jahr später wiederholten die Wissenschaftler*innen den Studienaufbau. Dies ermöglichte ihnen zudem das Missbrauchspotential zu untersuchen. 

Opioide gegen Rückenschmerzen nur so gut wie Placebo

Nach der sechswöchigen Therapie konnten keine signifikanten Unterschiede im Schmerzscore der Proband*innengruppen festgestellt werden: Während die Opioidgruppe einen Score von 2,78 erreichte, erzielte die Placebogruppe einen Wert von 2,23. Die durchschnittliche Schmerzintensität lag vor der Studie bei 5,8. 

Innerhalb eines Jahres sanken die Gruppenwerte allerdings; bei der Opioidgruppe auf 2,37, bei der Placebogruppe zeigte sich ein Rückgang auf 1,81. Nach den zwölf Wochen Therapie berichteten 35 Prozent der Opioid-Gruppe über mindestens eine Nebenwirkung, in der Placebogruppe 30 Prozent. Außerdem war das Risiko, das Schmerzmittel zu missbrauchen, bei der Opioid-Gruppe höher. Ein Viertel der Patient*innen, die nach einem Jahr noch Schmerzen hatten, nahm immer noch das Opioid.

Anwendung trotz Missbrauchspotential

Professorin Dr. Christine Lin von der University of Sydney fasst die Ergebnisse der Studie zusammen. Schmerzpatient*innen erhalten nicht vorranging die von der Leitlinie zunächst empfohlenen Präparate von ihren Hausärzt*innen. Dies erhöhe das langfristige Missbrauchspotential von Opioiden. 

Sie empfiehlt, dass Ärzt*innen keine starken Schmerzmittel für neue Fälle von Rücken- und Nackenschmerzen verschreiben sollten. Die Professorin rät zu Patient*innen-orientierten Ansätzen: Diese müssten sich bewegen und leichtere Schmerzmittel wie Diclofenac verwenden. Lin betont jedoch, dass die meisten Menschen mit akuten Nacken- und Rückenschmerzen innerhalb von sechs Wochen genesen. 

Leitlinie anpassen?

Die letzte Ausgabe der Nationalen Versorgungsleitlinie Kreuzschmerzen ist seit März 2022 abgelaufen und wird derzeit überarbeitet. Opioide werden hier noch bei akuten nicht-spezifischen Kreuzschmerzen in Betracht gezogen. Abzuwarten bleibt, ob und in welchem Ausmaß Opioide der Leitlinie erhalten bleiben.

Quelle: Pharmazeutische Zeitung
 

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