Teddybär mit Stethoskop© catalinr / iStock / Getty Images Plus
Der dritte Teil des Repetitoriums befasst sich mit Infektionen, die allesamt eine hohe Gesundheitsgefährdung darstellen.

Repetitorium

KINDERKRANKHEITEN – TEIL 3

Im ersten Teil des Repetitoriums ging es um klassische Kinderkrankheiten und typische Erkrankungen im Kindesalter, die sich überwiegend in den Atemwegen abspielen. Teil 2 unterschied Infektionen mit roten Ausschlägen. Teil 3 widmet sich nun den restlichen Erkrankungen wie Meningokokken und Tetanus.

Seite 1/1 8 Minuten

Seite 1/1 8 Minuten

Der dritte Teil des Repetitoriums umfasst ganz verschiedene Infektionen. Allen gemeinsam ist ihre hohe Gesundheitsgefährdung. Daher empfiehlt die STIKO allen Kindern eine Impfung gegen diese Erkrankungen. Während einige der folgenden Infektionen vor allem im Säuglingsalter problematisch sind, besteht bei den anderen ein ganzes Leben lang die Gefahr für schwerwiegende oder gar tödliche Verläufe.

Rotaviren

Diese sind im Säuglings- und Kleinkindalter die häufigsten Verursacher schwerer Durchfallerkrankungen, die mit einem großen Flüssigkeits- und Elektrolytverlust einhergehen. Vor allem Säuglinge und Kleinkinder bis zwei Jahre müssen aufgrund von Austrocknungserscheinungen (Dehydrierung) häufig im Krankenhaus behandelt werden. Die Verbreitung der Viren erfolgt meistens über eine Schmierinfektion. Bereits kleinste Spuren von Stuhl an den Händen reichen aus, andere anzustecken.

Die Durchfallerkrankung setzt ein bis drei Tage nach Ansteckung ein und dauert zumeist fünf bis sechs Tage an.

Allerdings bleiben die Betroffenen noch ein bis zwei Tage nach Abklingen der Symptome ansteckend, sodass auch noch nach der akuten Erkrankungsphase weiterhin auf eine sorgfältige Hygiene geachtet werden muss. Der wirksamste Schutz gegen Rotaviren ist – neben einer sorgfältigen Hygiene – die Schluckimpfung, die erst seit dem Jahr 2013 zu den Standardimpfungen zählt.

Meningokokken

Infektionen mit Meningokokken sind sehr gefürchtet, da sie mit schweren Komplikationen und einer hohen Letalitätsrate einhergehen. Meningokokken (Neisseriea meningitidis) sind bekapselte gram-negative Diplokokken, die sich in Abhängigkeit von der Struktur ihrer Kapselpolysaccharide in 13 verschiedene Untergruppen, den Serogruppen A, B, C, D, E29, H, I, K, L, W135, X, Y, Z, unterscheiden lassen.

In Deutschland kommen fast ausschließlich die Serotypen C und B vor. Sie besiedeln bei etwa zehn Prozent der Bevölkerung den Nasen-Rachen-Raum, ohne klinische Symptome hervorzurufen. Gelingt es den Meningokokken jedoch, die Schleimhautbarriere zu durchdringen, gelangen sie in die Blutbahn und breiten sich auf unterschiedliche Organe aus. Meist äußern sich derartige invasive Meningokokken-Infektionen als Meningitis und/oder Sepsis, die innerhalb weniger Stunden trotz intensivmedizinischer Maßnahmen zum Tode führen können. Die Letalität einer Meningokokken-Erkrankung liegt bei acht (Meningokokken B) bis elf Prozent (Meningokokken C).

STIKO empfiehlt Meningokokken-B-Impfung für Säuglinge 
Seit Januar 2024 empfiehlt die STIKO allen Säuglingen ab dem Alter von zwei Monaten eine Standardimpfung gegen Meningokokken der Serogruppe B(MenB). Zum Schutz vor einer schweren Erkrankung sieht die Empfehlung drei Impfdosen vor. Erhalten sollen die Säuglinge sie im Alter von zwei, vier und zwölf Monaten. Die Impfung soll bei Kleinkindern bis zum fünften Geburtstag nachgeholt werden.

Besonders gefährdet für Meningokokken-Infektionen sind Säuglinge und Kleinkinder, zusätzlich besteht ein zweiter, kleinerer Krankheitsgipfel im Jugendalter. In zwei Dritteln der Fälle erkranken die Betroffenen an einer Meningokokken-Meningitis. Sie beginnt zwei bis vier Tage nach Ansteckung mit schlagartig einsetzendem hohem Fieber, starken Kopfschmerzen, Schüttelfrost, Lichtempfindlichkeit, Schwindel und Erbrechen. Zudem tritt als typisches Symptom einer Meningitis eine Nackensteife auf.

Schwere Verläufe gehen mit kleinen Hauteinblutungen (Petechien) einher. Wird die Infektion nicht schnellstmöglich mit Antibiotika behandelt, kann eine Meningokokken-Meningitis in kurzer Zeit durch Herz-Kreislauf-Versagen tödlich enden. Bei 10 zehn bis 20 Prozent der Erkrankten kommt es trotz Antibiose zu Komplikationen wie Hörverlust, Hirnnervenlähmungen, Krampfanfällen, Entwicklungsstörungen, Embolien oder Nekrosen, die eine Amputation des betroffenen Körperteils notwendig machen. In etwa zehn Prozent der Fälle entwickelt sich eine Sepsis, bei der 10 bis 15 Prozent der Betroffenen in eine besonders schwere Form des septischen Schocks geraten (Waterhouse-Friderichsen-Syndrom), an der jeder dritte Erkrankte verstirbt.

Häufig ist es schwierig, rechtzeitig eine Meningokokken-Infektion zu erkennen, da sich zu Beginn unspezifische, grippeähnliche Beschwerden zeigen. Umso wichtiger sind vorbeugende Impfungen. Die STIKO empfiehlt seit 2006 allen Kindern im Alter von zwölf Monaten eine Impfung gegen Meningokokken der Serogruppe C. Ältere ungeimpfte Kinder und Jugendliche sollten bis zum 18. Geburtstag gegebenenfalls eine Nachholimpfung erhalten.

Poliomyelitis

An Polio erkrankten in Deutschland bis Anfang der 1960er-Jahre (letzte Erkrankungswelle 1960/61) noch Tausende von Kindern, weshalb die Erkrankung die Bezeichnung Kinderlähmung trägt. Mit groß angelegten Impfaktionen gelang es, die Erkrankung in kurzer Zeit nachhaltig zurückzudrängen. Heute ist die Virusinfektion des Zentralnervensystems bei uns eigentlich aus dem Blickfeld verschwunden. Nur die Älteren erinnern sich noch an die damalige Kampagne („Schluckimpfung ist süß, Kinderlähmung ist grausam“) und haben die schrecklichen Bilder von Erkrankten vor Augen.

Polio wird nicht mehr offiziell zu den Kinderkrankheiten gerechnet, nachdem Europa 2002 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für poliofrei erklärt wurde. Da der Erreger aber jederzeit noch aus nicht-poliofreien Ländern nach Deutschland eingeschleppt werden kann, gehört die Impfung gegen Polio noch immer zu den von der STIKO empfohlenen Standardimpfungen im Kindesalter. Sie wird inzwischen nicht mehr mit dem Lebendimpfstoff nach Sabin (OPV) oral durchgeführt (Schluckimpfung), sondern erfolgt – vorzugsweise als Sechsfachimpfung – mit einem injizierbaren Impfstoff, der eine inaktivierte Polio-Vakzine (IPV) enthält.

Vorteil dieser Vorgehensweise ist, dass jetzt nicht mehr – wie es bei der Schluckimpfung der Fall war – Impfviren über den Stuhl ausgeschieden werden. Somit wird das Risiko einer Vakzine-assozierten paralytischen Poliomyelitis ausgeschlossen.

Die Ansteckung mit dem Poliovirus erfolgt von Mensch zu Mensch, allerdings selten durch Tröpfcheninfektion, da sich die Viren nur kurze Zeit im Sekret des Nasen-Rachenraumes aufhalten. Am häufigsten ist eine fäkale Schmutz- und Schmierinfektion durch die Aufnahme von Wasser oder Nahrungsmitteln, die mit dem Stuhl infizierter Personen Kontakt hatten. Nach einer Inkubationszeit von drei bis 35 Tagen stellen sich Fieber, Magen-Darm-Beschwerden sowie Hals- und Kopfschmerzen ein. Bei jedem 100. bis 1000. Infizierten kommt es durch eine Zerstörung der Nervenzellen im Rückenmark und Hirnstamm zu bleibenden Lähmungen der Bein- (am häufigsten), Arm-, Bauch-, Thorax- oder Augenmuskulatur. Teilweise bilden sich die Lähmungen wieder zurück, sie können aber Jahre später wieder zunehmen (Post-Polio-Syndrom). Eine ursächliche Behandlung existiert nicht. Es lassen sich lediglich die Symptome lindern.

Tetanus

Die Erkrankung wird durch dasBakterium Clostridium tetani beziehungsweise sein abgesondertes Toxin ausgelöst. Das Bakterium ist in Form seiner Sporen nahezu überall anzutreffen (z. B. im Erdreich, Schmutz, Straßenstaub, tierischer Kot) und kann unabhängig vom Alter alle damit in Berührung kommenden Menschen infizieren.

Eine Ansteckung von Mensch zu Mensch ist nicht möglich.

Eine an Tetanus erkrankte Person kann also nicht andere anstecken. Vielmehr gelangt der Erreger nur direkt über Wunden in den Körper. Bereits winzigste Verletzungen reichen aus, um ihm Eintritt zu verschaffen. Das Tetanusbakterium vermehrt sich unter Sauerstoffausschluss im Gewebe und bildet das krankmachende Nervengift. Dies gelangt über Blut und Lymphe ins zentrale Nervensystem. Dort bindet es an Nervenzellen, wodurch die Muskeltätigkeit im gesamten Organismus gestört wird.

Schwere Muskelkrämpfe sind die Folge, die der Erkrankung den volkstümlichen Namen Wundstarrkrampf gegeben haben. Ist die Atemmuskulatur betroffen, droht der Erstickungstod, bei Herzbeteiligung ein Herzstillstand. Trotz der Verabreichung von Antibiotika und Tetanus-Immunglobulinen (passive Immunisierung) sowie einer modernen intensivmedizinischen Versorgung mit Spasmolytika-Gabe und Beatmung enden auch heute noch 30 bis 50 Prozent der Infektionen letal. Zudem verleiht ein überstandener Wundstarrkrampf keine Immunität, weshalb ein Leben lang regelmäßige Auffrischimpfungen erforderlich sind.

In Deutschland spielt die Erkrankung aufgrund der hohen Durchimpfungsrate quasi keine Rolle mehr. In den Entwicklungsländern tritt aber noch Wundstarrkrampf bei Neugeborenen auf (Tetanus neonatorum). Hierbei kommt es durch mangelhafte Hygiene des Nabels nach der Entbindung zu Tetanus-Infektionen.

Hepatitis B

Die durch das Hepatitis B-Virus (HBV) verursachte Leberentzündung (Hepatitis) wird über infektiöse Körperflüssigkeiten wie Blut, Sperma, Vaginalsekret, Speichel oder andere Körperflüssigkeiten weitergegeben. Daher stellen Bluttransfusionen potenzielle Übertragungswege dar. Häufiger erfolgt die Ansteckung aber über Geschlechtsverkehr, bei dem die Erreger durch kleine Verletzungen von Haut oder Schleimhaut in den Körper gelangen.

Wunden spielen auch bei Hepatitis B-Infektionen im Kindesalter eine Rolle. Durch Kratzen oder Beißen beim Rangeln erhalten HBV die Gelegenheit, schon Kinder zu infizieren. Bei Neugeborenen kann eine Infektion während der Geburt erfolgen, wenn die Schwangere HBV-positiv ist. Daher erfolgt in der 32. bis 34. Schwangerschaftswoche im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge bei allen Schwangeren ein Test auf eine unbemerkte Hepatitis B-Infektion. Stellt sich dabei heraus, dass die Mutter mit dem Virus infiziert ist, wird das Neugeborene sofort nach der Geburt geimpft.

Die Infektion beginnt mit grippeähnlichen Beschwerden, Gelenkschmerzen, Abgeschlagenheit oder Fieber. Erst später stellen sich typische Zeichen der Erkrankung ein (z. B. bierbrauner Urin, entfärbter Stuhl, Gelbfärbung von Haut und Bindehaut, starker Juckreiz). Gefürchtet ist der Übergang der aktiven Hepatitis in eine chronische Verlaufsform, die mit schweren Folgeerkrankungen wie Leberzirrhose und Leberkrebs assoziiert ist.

Je jünger die Betroffenen bei einer Hepatitis-B-Infektion sind, desto größer ist ihr Risiko für eine Chronifizierung.

Während sich lediglich bei zehn Prozent der erkrankten Erwachsenen eine chronische Hepatitis entwickelt, liegt der Anteil bei einer Erkrankung im Säuglings- und Kindesalter bei bis zu 90 Prozent. Um Kinder vor chronischen Verlaufsformen zu schützen, sieht die STIKO bereits seit 1995 die Standardimpfung gegen Hepatitis B für alle Säuglinge im Impfkalender vor, die vorzugsweise mit einem Sechsfachimpfstoff verabreicht wird.

Ein weiterer Vorteil dieser frühen Immunisierung ist, dass damit die Kinder später als Jugendliche gleich zu Beginn sexueller Aktivitäten einen ausreichenden Schutz vor einer Hepatitis B-Infektion aufweisen. Eine Auffrischimpfung gegen Hepatitis B ist nicht generell notwendig. Sie erfolgt nur bei unzureichenden Titern. Eine Überprüfung des Hepatitis B-Titers kann daher gegebenenfalls sinnvoll sein. Sie wird aber nicht generell von der STIKO empfohlen.

Humane Papillomviren

Ebenso sollen Jugendliche vor einer Infektion mit Humanen Papillomviren(HPV) geschützt werden. Da eine Weitergabe der Viren sehr leicht über kleinste Mengen virushaltiger Körperflüssigkeiten oder winzige Hautschüppchen erfolgt, schätzt das RKI, dass sich alle sexuell aktiven Menschen mindestens einmal im Leben mit ihnen anstecken. Aber nicht immer führen Ansteckungen zu Infektionen. Oftmals kann das Immunsystem die Viren abwehren. Gelingt dies nicht, rufen HPV je nach Subtyp eine ungefährliche Warzenbildung (Niedrigrisiko-Typen) oder bösartige Zellveränderungen an der Haut oder Schleimhaut (Hochrisiko-Typen) hervor.

Vor allem werden die Virustypen 16 und 18 mit Karzinomen am Gebärmutterhals (Zervix), Penis, After sowie auch im Rachen (Pharynx) in Verbindung gebracht. Prinzipiell gutartige Feig- oder Genitalwarzen (Kondylome) entwickeln sich durch Infektionen mit Niedrigrisiko-Typen (vor allem Typen 6 und 11). Bei den Warzen handelt es sich um flache Knötchen (Papeln) verschiedener Größe (wenige Millimeter bis mehrere Zentimeter), die unterschiedlich gefärbt (rötlich, bräunlich oder auch weißlich-grau gefärbt) sind.

Sie treten an Vagina, Penis und After einzeln oder in kleinen Gruppen auf, wo sie als sehr störend und mitunter sehr schmerzhaft empfunden werden. Feigwarzen lassen sich mit antiviralen oder immunstimulierenden Lösungen und Cremes topisch behandeln (z. B. Podophyllotoxin 0,5 Prozent, Imiquimod 5 Prozent, Trockenextrakt aus Grünem Tee). Gegebenenfalls wird eine operative Entfernung mittels Elektrokauterisation, Kürettage oder Lasertherapie notwendig. Die Behandlung von Zervixkarzinomen erfolgt leitliniengerecht mittels Operation, Strahlen- und/oder Chemotherapie.

Eine effektive Prophylaxe von Feigwarzen und einem Großteil der malignen Gebärmutterhalserkrankungen ermöglicht die HPV-Impfung. Sie wird von der STIKO seit 2007 für Mädchen und seit 2018 auch für Jungen ab neun Jahren empfohlen. Die Immunisierung soll bereits im Kindesalter erfolgen, bevor eine potenzielle HPV-Infektion durch Geschlechtsverkehr stattgefunden hat. Dann ist die Impfung am effektivsten, sie wird aber auch noch später als sinnvoll erachtet.
Für die Anzahl der erforderlichen Impfstoffdosen ist das Alter bei Beginn der Impfserie entscheidend. Wird die Impfserie im Alter von neun bis 14 Jahren gestartet, ist ein 2-Dosen-Impfschema mit einem Impfabstand von fünf Monaten zugelassen. Bei Nachholimpfungen im Alter von über 14 Jahren oder bei einem Impfabstand von weniger als fünf Monaten zwischen der ersten und zweiten Dosis ist eine dritte Impfstoffdosis erforderlich. Die Kosten tragen bis zum 18. Geburtstag die Krankenkassen, einige zahlen auch über die Volljährigkeit hinaus.

×