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FRAUENKRANKHEITEN – TEIL 2
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Die Vagina beherbergt verschiedene Mikroorganismen, die sich in einem fein austarierten Gleichgewicht befinden. Einen großen Anteil der physiologischen Besiedlung machen Milchsäurebakterien (Laktobazillen) aus. Sie halten potenziell krankmachende Keime wie Hefepilze (z. B. Candida albicans) und anaerobe Bakterien (z. B. Gardnerella vaginalis) in Schach, sodass diese normalerweise nur in niedrigen Keimzahlen ohne Krankheitswert vorhanden sind.
Gerät allerdings das physiologische Mikrobiom der Vagina (veralteter Begriff: Vaginalflora) aus der Balance, erhalten unerwünschte Keimarten einen Wachstumsvorteil. So können sie sich unkontrolliert vermehren und behandlungsbedürftige Vaginalinfektionen wie beispielsweise eine vaginale Mykose oder eine bakterielle Vaginose auslösen. Diese Dysbalance ist die häufigste Ursache von vaginalen Infektionen. Weitaus seltener kommt es zur Ansteckung mit Pilzen oder Bakterien
- aus dem eigenen Intestinaltrakt (z. B. durch falsche Toilettenhygiene),
- der Umgebung (z. B. Sauna, Pool)
- oder durch den Partner beim Geschlechtsverkehr.
Laktobazillen schützen vor vaginalen Infektionen
Eine besondere Rolle bei der Aufrechterhaltung eines physiologischen Mikrobioms der Vagina (und damit beim Schutz vor einer vaginalen Infektion) spielen die körpereigenen Milchsäurebakterien (Laktobazillen). Sie werden nach ihrem Entdecker auch Döderlein-Bakterien genannt und besiedeln nach der Pubertät unter Östrogeneinfluss die Vagina. Dort wandeln sie das in den Zellen der Vaginalhaut und im Vaginalsekret befindliche Glykogen in Milchsäure um. Damit sorgen sie bei einer geschlechtsreifen Frau für einen vaginalen pH-Wert von 3,5 bis 4,5.
Dieses saure Scheidenmilieu übt eine wichtige Schutzfunktion gegen Infektionen aus, da viele pathogene Keime bei niedrigen pH-Werten nicht überlebensfähig sind. Einige Laktobazillus-Arten wie Laktobazillus acidophilus produzieren zudem Wasserstoffperoxid, das die Besiedlung und das Wachstum anaerober Keime zusätzlich hemmt.
Gestörter Schutzmechanismus führt zur Vaginalinfektion
Verschiedene Auslöser können den natürlichen sauren pH-Wert verändern und damit die physiologische vaginale Besiedlung aus der Balance bringen – eine Infektion entsteht. Typischerweise steigt das Risiko für vaginale Pilzinfektionen nach Einnahme von Antibiotika, da diese auch die „guten“ Bakterien und damit die schützenden Laktobazillen in der Vagina bekämpfen.
Zudem spielen hormonelle Veränderungen eine Rolle bei der Entstehung von vaginalen Infektionen, beispielsweise in den Wechseljahren oder während der Schwangerschaft.
- In den Wechseljahren werden aufgrund der abnehmenden Östrogenproduktion die Vaginalhäute dünner und trockener. Damit verschlechtern sich die Lebensbedingungen für die im Vaginalsekret lebenden Laktobazillen, ihre Konzentration geht zurück. Das lässt den sauren pH-Wert auf fast neutrale 6,8 ansteigen, sodass unerwünschte Keime optimale Lebensbedingungen erhalten.
- In der Schwangerschaft erhöht hingegen ein verstärkter Östrogeneinfluss den Zuckergehalt in den Zellen der Vaginalschleimhaut. Damit finden vor allem Pilze einen idealen Nährboden vor und können sich vermehren.
Aber auch das Tragen synthetischer Unterwäsche oder enganliegender Kleidung lässt ein feuchtwarmes Klima entstehen und somit Pilze sprießen. Eine übertriebene Hygiene mit alkalischen Seifen oder Intimsprays zerstört den natürlichen pH-Wert und bahnt auf diese Weise den Weg für eine Dysbiose und damit eine Vaginalinfektion. Zudem lässt zu häufiges Waschen die Vaginalhaut austrocknen. Das zieht eine sinkende Anzahl an Laktobazillen nach sich.
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Vaginalmykose
Genitaler Juckreiz, Brennen und ein weiß-gelber, geruchloser Ausfluss von cremig-krümeliger Konsistenz sind typische Anzeichen für eine Vaginalmykose (Scheidenpilz). In 80 bis 90 Prozent aller Fälle wird diese vaginale Infektion durch den Hefepilz Candida albicans hervorgerufen. Seltener spielen andere Candida-Spezies (z. B. C. glabrata, C. krusei, C. tropicalis) eine Rolle. Etwa 75 Prozent der Frauen leiden mindestens einmal im Leben an Scheidenpilz. 20 Prozent erkranken mehrmals. Und bei fünf Prozent der Frauen wird die vaginale Infektion chronisch, das heißt sie tritt mindestens vier Mal im Jahr auf.
Die meisten Frauen, die schon einmal unter einer Vaginalmykose gelitten haben, erkennen die Symptome der Infektion eindeutig wieder. Meist ist in diesen Fällen eine Therapie in Eigenregie möglich. Hingegen sollten Frauen, die zum ersten Mal Intimbeschwerden wie Juckreiz, Brennen und Ausfluss verspüren, ihre Symptome gynäkologisch abklären lassen. Gleiches gilt für Frauen unter 18 Jahren sowie für Betroffene, bei denen sich die Symptome nach einer bereits erfolgten antimykotischen Behandlung nicht deutlich gebessert haben.
Ebenso sollten Sie Schwangeren vorsichtshalber beim Auftreten einer Vaginalmykose immer einen Besuch beim Arzt anraten. Zum einen gewährleistet der Gynäkologe eine sichere Behandlung (keine Verwendung von vaginalen Applikatoren in Eigenregie!), zum anderen kann er durch einen Abstrich kontrollieren, ob die Elimination der Pilze erfolgreich war, zumal der Juckreiz, der normalerweise mit einer Pilzinfektion einhergeht, nicht von allen Schwangeren wahrgenommen wird.
Vaginale Pilzinfektionen müssen in der Schwangerschaft unbedingt vollständig eliminiert werden. Zwar wird das Ungeborene im Mutterleib nicht gesundheitlich beeinträchtigt, doch wird der Pilz bei einer vaginalen Geburt in 80 Prozent der Fälle auf das Kind übertragen, indem es über den Mund in den Organismus des Kindes gelangt. Während das bei gesunden, reifen Neugeborenen keine schwerwiegenden Konsequenzen hat – bei ihnen entwickelt sich in den ersten Lebenswochen lediglich Mundsoor oder eine Windeldermatitis – kann eine Pilzinfektion für Frühchen unter 1500 Gramm lebensgefährlich werden. Bei ihnen besteht die Gefahr, an einer Candida-Sepsis zu erkranken.
Scheidenpilz: Selbstmedikation möglich
Bei einer vaginalen Pilzinfektion stehen verschiedene lokale Behandlungsoptionen zur Auswahl. Unter den Antimykotika findet neben dem hefespezifischen Nystatin vor allem das Breitbandantimykotikum Clotrimazol Verwendung. Es greift in die Biosynthese des Ergosterols in der Pilzwand ein. Dadurch werden die Pilze in ihrem Wachstum gehemmt (fungistatische Wirkung). Höhere Konzentrationen führen zum Absterben der Pilze (fungizide Wirkung).
Das Azolderivat gibt es in einer großen Auswahl an rezeptfreien Präparaten für die 1-Tages- oder 3-Tage-Therapie in verschiedenen Darreichungsformen (Vaginalcreme, -tablette oder Kombipackung). Präparate für die 6-Tages-Therapie sind verschreibungspflichtig.
Die Ein-Dosis-Behandlung der vaginalen Pilzinfektion ist als moderne Kurzzeittherapie besonders anwenderfreundlich. Sie ist auch Mittel der Wahl für Schwangere. Sie benötigt jedoch ein feuchtes Vaginalmilieu zum Auflösen der Vaginaltablette. Daher ist sie für Frauen mit trockenen Vaginalhäuten (z. B. Frauen in den Wechseljahren) nicht geeignet. Zudem sollte die Kundin darauf aufmerksam gemacht werden, dass es sich um eine Depotform handelt, die über 72 Stunden ihre Wirkung entfaltet. Die Beschwerden klingen daher auch erst nach drei Tagen ab.
Machen Sie Ihre Kundin darauf aufmerksam, dass die 1-Tages-Therapie drei Tage benötigt, um zu wirken.
Um Reinfektionen zu verhindern ist es zudem erforderlich, zusätzlich zur vaginalen Applikation den äußeren Vaginalbereich mit einer Clotrimazol-haltigen Creme zu behandeln. Die topische Therapie sollte mindestens drei Tage lang erfolgen. Nur dann lassen sich Pilze, die sich am äußeren Vaginalbereich angesiedelt haben, effizient eliminieren.
Außerdem sind fungizid wirkende Antiseptika wie Povidon-Jod und Octenidin eine Therapiealternative bei einer vaginalen Infektion. Vorteil der Antiseptika ist ihre unspezifische Wirkung auf unterschiedliche Erreger, sodass sich damit nicht nur Pilzinfektionen, sondern auch bakterielle Vaginosen bekämpfen lassen.
Bei Verdacht auf eine bakterielle Vaginose sollten Sie die Betroffene aber immer zum Gynäkologen schicken. Eine Behandlung in Eigenregie sollte die Ausnahme sein. Sie wäre aber beispielsweise vertretbar, wenn Frauen längere Zeit auf einen Termin bei ihrem Gynäkologen warten müssen.
Partner mitbehandeln?
Eine routinemäßige Mitbehandlung des Partners ist in der Regel nicht erforderlich. Eine Partnerbehandlung kann sich aber bei rezidivierenden Pilzinfektionen lohnen, um Reinfektionen zu vermeiden – selbst, wenn er keine Symptome zeigt.
Bakterielle Vaginalinfektion
Eine bakterielle Vaginose ist die häufigste genitale Erkrankung geschlechtsreifer und sexuell aktiver Frauen. Sie wird bei 20 Prozent aller Schwangeren bei Vorsorgeuntersuchungen diagnostiziert. Eine bakterielle Vaginose macht sich wie eine Vaginalmykose mit den typischen Symptomen Juckreiz, Brennen und Ausfluss bemerkbar. Allerdings ist der Ausfluss gräulich und dünnflüssig. Damit hat er eine andere Farbe und Konsistenz als bei einer Pilzinfektion. Zudem riecht er unangenehm nach Fisch (Amin-Geruch), was auf die verstärkte bakterielle Produktion basischer Amine zurückzuführen ist.
Ursache ist auch bei der bakteriellen Vaginalinfektion zumeist eine Störung des physiologischen Vaginalmilieus, wobei hier vor allem schwankende Hormonspiegel und Antibiotikatherapien Auslöser sind. Dadurch kann es zu einer Zunahme von anaeroben Keimen (z. B. Gardnerella vaginalis) um das 10- bis 100-Fache kommen. Die Anaerobier bilden mit weiteren unerwünschten Mikroorganismen einen Biofilm, der große Teile des Vaginalepithels bedeckt, die Schleimhaut reizt und einen vermehrten Ausfluss fördert. Außerdem spielt ungeschützter Geschlechtsverkehr eine Rolle bei bakteriellen Vaginalinfektionen.
Eine bakterielle Vaginose zählt zwar nicht zu den Geschlechtskrankheiten (Sexually transmitted infections, kurz STI). Jedoch ist beim Vorliegen einer bakteriellen Vaginose die Rate an STI-Koinfektionen erhöht. Ebenso stellen sich häufiger Schwangerschaftskomplikationen mit nachfolgenden Frühgeburten ein. Auch bei nicht schwangeren Frauen ist eine bakterielle Vaginose eine ernst zu nehmende Erkrankung. Sie muss unbedingt therapiert werden, da sie das Risiko für aufsteigende Infektionen (z. B. Eileiterentzündungen) erhöht.
Bakterielle Vaginalinfektion: verschreibungspflichtige Therapie
Bakterielle Vaginosen sind im Gegensatz zur Vaginalmykose kein Fall für die Selbstmedikation. Denn die Leitlinie sieht die Therapie grundsätzlich nur nach einer korrekt durchgeführten und ärztlich gesicherten Diagnose vor. Zudem stellen verschreibungspflichtige Antibiotika die leitliniengemäße First-Line-Therapieoption dar.
Demnach erfolgt bei der bakteriellen Vaginalinfektion eine Behandlung mit oralem Clindamycin oder Metronidazol über sieben Tage. Alternativ kann mit den Substanzen eine topische vaginale Therapie erfolgen (je nach Antibiotikum und Darreichungsform (Creme oder Ovula) zwei, drei oder sieben Tage lang). Allerdings räumt die Leitlinie ein, dass die Rezidivrate gegenüber Antibiotika (vor allem Metronidazol) hoch (> 50 Prozent der leitliniengerecht Behandelten innerhalb eines Jahres) ist und Metronidazol gegen den Biofilm unwirksam ist.
Vor diesem Hintergrund führt die Leitlinie in ihrer aktuellen Version erstmalig auch Antiseptika wie Dequaliniumchlorid (sechs Tage), Octenidin (sieben Tage) oder Povidon-Jod (sechs bis sieben Tage) zur vaginalen Applikation als Therapiealternative auf. Im Anschluss an jegliche Therapie (antibiotisch oder antiseptisch) sollen leitliniengemäß vaginale Probiotika zum Einsatz kommen. Sie reduzieren die Wahrscheinlichkeit eines Rezidivs.
Tipps für die vaginale Gesundheit
Zudem stehen weitere verschiedene Präparate zur Verfügung, die den vaginalen pH-Wert günstig beeinflussen und damit das Risiko für vaginale Infektionen (Vaginalmykosen und bakterielle Vaginalinfektionen) reduzieren. Empfehlenswert sind Vaginalzäpfchen mit Milchsäurebakterien, daneben lassen sich Laktobazillen auch in Kapselform einnehmen. Beide Therapeutika können zum Erhalt oder Aufbau eines physiologischen vaginalen Mikrobioms beitragen. Eine gute Alternative können zudem Zubereitungen für die vaginale Applikation mit Milchsäure sein.
Zusätze verschiedener Pflanzenauszüge (z. B. Salbei, Kamille, Thymian, Hamamelis, Calendula, Lavendel) sollen die Haut beruhigen oder Entzündungen hemmen.
Bei Östrogenmangel sind Milchsäure- oder Laktobazillenpräparate meist nicht ausreichend. Vielmehr kann eine lokale – verschreibungspflichtige – Östrogenbehandlung den Laktobazillen ideale Wachstumsbedingungen verschaffen. Damit sorgt sie für ein physiologisches Vaginalmilieu und beugt Infektionen vor.
Vorsichtsmaßnahmen gegen vaginale Infektionen
- Keine übertriebene Intimhygiene
- Keine alkalischen Seifen, Intimsprays, Vaginalduschen oder Reinigungstücher mit Duftstoffen oder Konservierungsmitteln verwenden
- Intimbereich täglich mit warmem Wasser oder neutralen Waschlotionen waschen
- Intimwaschlotionen mit Hyaluronsäure können eine Austrocknung des äußeren Intimbereiches verhindern und einer bereits trockenen Haut helfen, sich besser zu regenerieren.
- Die Intimhygiene sollte den gesamten Anogenitalbereich einschließen.
- Nach der Reinigung alle Hautfalten des Intimbereichs sorgfältig abtrocknen
- Spezielle Pflegepräparate pflegen trockene Vaginalhäute stärken die Hautbarriere und schützen vor Mikroläsionen.
- Bei der Toilettenhygiene immer von vorne nach hinten wischen
- Handtücher, Waschlappen und Unterwäsche täglich wechseln und bei mindestens 60 °C waschen
- Keine Slipeinlagen mit Kunststoffbeschichtung verwenden
- Tampons regelmäßig, aber nicht zu oft wechseln und immer eine adäquate Größe wählen
- In der Sauna auf einem frischen Handtuch sitzen
- Auf enge, synthetische Kleidung und String-Tangas verzichten
- Kein Vaginalverkehr nach Analverkehr