Infusionsbeutel in einem Krankenhauszimmer© Sergii Kolesnikov / iStock / Getty Images Plus
Das Reserveantibiotikum Vaborem® kann nur als Infusion verabreicht werden.

Vaborem®

NEUES ANTIBIOTIKUM GEGEN KRANKENHAUSKEIME IM HANDEL

Seit November ist ein neues Antibiotikum gegen Krankenhauskeime und schwere Infektionen nun auch in Deutschland verfügbar. Vaborem®, eine Kombination aus dem bewährten Cephalosporin Meropenem und dem neuen Betalactamasehemmer Vabobactam, soll als Reserveantibiotikum eingesetzt werden.

Seite 1/1 3 Minuten

Seite 1/1 3 Minuten

Viele Bakterien weisen mittlerweile eine Resistenz gegen Antibiotika auf. Das kann dazu führen, dass Infektionen nicht mehr behandelt werden können. Jedes neue Antibiotikum wird daher dringend gebraucht, vor allem dann, wenn es Krankenhauskeime bekämpfen kann.

Diese Keime weisen oft nicht nur eine Resistenz auf, sondern können viele Antibiotika deaktivieren. Ein wichtiger Mechanismus: die Betalactamasen, deren Hemmung das neue Antibiotikum nun verbessert.

Kein neues Antibiotikum, aber wirksam gegen Krankenhauskeime

Ein wirklich neues Antibiotikum ist das Carbapenem Meropenem nicht. Sein Problem: zunehmende Resistenz der Bakterien gegen seine Wirkung. Dieser wirkt die Kombination mit dem neuen Betalactamasehemmer Vabobactam entgegen. Er verhindert, dass die resistenten Bakterien den Wirkstoff spalten können. Das Besondere: ein zentrales Bor-Atom, das auch solche Betalactamasen hemmt, gegen die es bisher kein Mittel gab.

Das neue Antibiotikum soll nur in besonderen Fällen eingesetzt werden. Es ist für Erwachsene zugelassen, die an komplizierten Harnwegs-, Nieren-, Abdominal- oder Lungeninfektionen leiden. Damit sind Infektionen durch gegen gängige Behandlungen resistenten Keimen, auch sogenannten Krankenhauskeimen, gemeint. Vaborem® kann nur als Infusion verabreicht werden. Das neue Antibiotikum liegt als Durchstechflasche mit 1 Gramm (g) Meropenem und 1g Vabobactam vor und wird vor der Anwendung verdünnt. Alle acht Stunden bekommen Behandelte eine Infusion über drei Stunden.

Hat der Patient/die Patientin bereits eine sogenannte Bakteriämie, weist also Bakterien im Blutstrom auf, kann das lebensgefährlich werden und muss unbedingt behandelt werden. In diesen Fällen wird das neue Antibiotikum länger gegeben, ohne Bakteriämie reichen meist 5 bis 14 Tage. Bei Niereninsuffizienz passt der Arzt die Dosis an. Überempfindlichkeit gegen Cephalosporine und schwere Überempfindlichkeit (Anaphylaxie) gegen andere Betalactame wie Penicilline stellen Kontraindikationen dar.

Die Behandlung mit dem neuen Antibiotikum verbessert die Heilungschancen und verringert die Sterblichkeit bei gleichzeitig verringerter Nephrotoxizität gegenüber den bisherigen Therapien. Als Nebenwirkungen traten Kopfschmerzen, Durchfall, Venenentzündung an der Infusionsstelle und Übelkeit auf.

Wichtig: Vaborem® ist ein Induktor für verschiedene CYP-Enzyme. Das neue Antibiotikum weist daher Wechselwirkungen auf mit Benzodiazepinen, Immunsuppressiva wie Tacrolimus und Ciclosporin, Simvastatin, Omeprazol und Nifedipin. Besonders wichtig ist, dass auch der Abbau von Ethinylestradiol beschleunigt stattfindet, die empfängnisverhütende Wirkung der „Pille“ ist bis zu 28 Tage nach der Behandlung mit dem neuen Antibiotikum nicht sicher.

Neues Antibiotikum muss Reserve bleiben

Das neue Antibiotikum wirkt bakterizid gegen gramnegative Bakterien wie Escherichia coli und Enterobakterien, auch gegen Krankenhauskeime. Auch die Betalactamasen von Klebsiella pneumonaria, einem besonders problematischen Krankenhauskeim, werden zuverlässig durch Vabobactam ausgeschaltet. Nicht wirksam ist das neue Antibiotikum gegen grampositive Bakterien, Pseudomonaden und Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA).

Viele, nicht nur sogenannte Krankenhauskeime, sind in der Lage, den Betalactamring, der bei Antibiotika wie Carbapenemen, Penicillinen und Cephalosporinen an den Bakterienenzymen wirkt, zu spalten. Das führt zu einer Resistenz nicht nur gegen ein Antibiotikum, sondern gegen alle mit dieser Struktur. Weil in Einrichtungen, in denen viele kranke Menschen zusammenkommen, auch viele Bakterien aufeinandertreffen und diese in der Lage sind, genetische Informationen auszutauschen, bilden sich sogenannte Krankenhauskeime. Das neue Antibiotikum soll gegen einige dieser Keime helfen.

Bakterien mit Resistenzen gegen gängige Antibiotika sind ein ernstes Problem, das täglich Menschenleben kostet. Daher muss bei jedem neuen Antibiotikum der Einsatz auf schwere Fälle begrenzt werden. Das schmälert die Absatzmöglichkeiten der Hersteller und führt dazu, dass kaum Innovationen in Sicht sind. Auch bei Vaborem® handelt es sich um keine echte Innovation. Um den zunehmenden Resistenzen zu begegnen, braucht es ein komplett neues Antibiotikum mit völlig neuartiger Wirkweise.

Quellen:

www.pharmazeutische-zeitung.de/neues-reserve-antibiotikum-im-handel-151658/

www.ec.europa.eu/health/documents/community-register/2020/20200327147644/anx_147644_de.pdf

×