Rauschmittel
GEFÄHRLICHER ALKOHOL: WAS BEDEUTET ER WIRKLICH FÜR DIE GESUNDHEIT?
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Deutschland trinkt! Und hier ist nicht Wasser, Kaffee oder Tee gemeint, sondern Alkohol. Auch wenn es gesellschaftlich in so gut wie jeder Situation dazugehört: Das gesunde Glas Wein gibt es nicht. Ebenso keinen Kreislauf-Kick dank Sekt oder Champagner. Und Bier ist keine Weizenbrause, sondern schlichtweg Alkohol. So wie auch Würstchen Fleisch sind. Was gerne ausgeblendet wird.
Alkohol wird verharmlost, mit Geselligkeit, Freude und Entspannung verbunden. Und wer aufgrund einer überstandenen Alkoholkrankheit oder aus Gründen der Gesundheit auf Alkohol verzichtet, wird gesellschaftlich häufig bemitleidet. Doch im Grunde sollte der Spieß umgedreht werden.
Alkohol schadet der Gesundheit.
Die breite Masse setzt alkoholische Getränke nicht automatisch mit Drogen gleich. Bei gefährlichen Drogen denken die meisten Menschen eher an Heroin, Kokain, synthetische Drogen oder auch Cannabis. Sie sind mit Elend, Kriminalität, Leid und Tod behaftet. Aber: Das kann Alkohol auch.
Alkoholkonsum ist assoziiert mit
- fetalen Entwicklungsstörungen,
- Unfällen,
- Verletzungen,
- Gewalt,
- Armut sowie
- psychosozialen Beeinträchtigungen von Konsumenten und deren sozialem Umfeld.
Außerdem entstehen enorme volkswirtschaftliche Kosten durch Alkohol-bedingte Krankheiten und deren körperliche und gesellschaftliche Folgen. Beispielsweise durch alkoholbedingte
- Unfälle,
- Straftaten und
- Krankheitstage.
Der Weg vom gelegentlichen Konsum hin zur Sucht erfolgt meist schleichend. Beispielsweise über die Gewohnheit: täglich ein Gläschen zum Essen oder zum Runterkommen nach einem stressigen Tag zu trinken. Oder wenn ein Wochenende, Feiern oder Geschäftsessen ohne Alkohol nicht mehr möglich sind. Der Weg in die Sucht wird meistens nicht sofort als problematisch erkannt – das macht den Alkohol besonders gefährlich. Und dann nimmt die Sucht ihren Lauf.
Alkohol ist eine psychoaktive Droge. Er verursacht Schäden an Organen. Außerdem kann er Krebs fördern, beispielsweise Speiseröhren-, Leber-, Kehlkopf- oder Brustkrebs. Außerdem ist Alkohol jeglicher Art und Menge gefährlich für die Gesundheit, denn er ist ein Zell- und Nervengift. Und wer möchte seinen Körper schon unnötig mit Gift vollpumpen?
Wie gefährlich ist mein Alkohol-Trinkverhalten?
Wer seinen persönlichen Risikostatus zu Alkohol überprüfen möchte, kann das mit einem einfachen Test tun. „Alkohol? Kenn dein Limit“ ist ein Angebot der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Auf der Webseite geben sechs schnelle Fragen Auskunft darüber, wie gefährlich der eigene Alkoholkonsum ist – und es gibt Hilfsangebote.
So gefährlich ist Alkohol: Täglich sterben 2545 Erwachsene.
Laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) war Europa im Jahr 2016 Spitzenreiter, was die konsumierte Menge an Alkohol betraf. Jedes achte verlorene Lebensjahr sowie jeder zehnte Todesfall in der Europäischen Union ist auf Alkoholkonsum zurückzuführen.
Mehr noch: In Deutschland liegt die durchschnittliche Trinkmenge pro Person doppelt so hoch wie im Rest der Welt. Die Bundesrepublik ist damit eines der Alkohol-Hochkonsumländer weltweit. Wie gefährlich Alkohol für die Gesundheit ist, zeigt auch das: Im Jahr 2020 starben hierzulande 14200 Menschen (10600 Männer, 3600 Frauen) an Krankheiten, die ausschließlich durch den individuellen Alkoholkonsum entstanden. So heißt es im Alkoholatlas 2022, der vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) veröffentlicht wird.
Auch der jüngst publizierte, 15. Ernährungsbericht der Deutschen Gesellschaft für Ernährung bringt es auf den Punkt: Männer tranken aufgrund eines höheren Bierkonsums mehr alkoholhaltige Getränke als Frauen. Bei Frauen stieg der Verzehr alkoholhaltiger Getränke mit zunehmendem Einkommen an. Dies lag insbesondere am gefährlich gestiegenen Weinkonsum.
Alkohol macht Appetit
Der menschliche Organismus braucht das gefährliche Ethanol nicht, er kann komplett ohne leben. Bei seinem Abbau im Körper entstehen aus einem Gramm Alkohol sieben Kilokalorien (7 kcal/29 kJ). Demnach ist Alkohol nach Fett der energiereichste Stoff in Nahrungsmitteln. Und das sollte beim Gesundheits-Aspekt nicht unterschätzt werden: Jedes Glas Wein, sei er auch noch so trocken, jedes Mini-Schnapsglas oder Cocktails, Sekt und süße Mischgetränke ist deshalb eine ganz schöne Kalorienbombe.
Hinzu kommt, dass Alkohol die Fettverbrennung behindert und den Appetit anregt. So erklärt sich auch, dass viele Menschen beim Genuss von Alkohol auf einmal Appetit auf etwas Pikantes oder Süßes bekommen.
Berechnung des reinen Alkoholgehaltes in Getränken
Alkohol in Getränken wird in Volumenprozent (% vol) angegeben. Um gefährliche Effekte auf die Gesundheit abzuschätzen, den Energiegehalt eines Drinks zu berechnen oder um den Alkoholgehalt verschiedener Getränke zu vergleichen, brauchen wir die tatsächlich in einem Getränk enthaltene Alkoholmenge in Gramm. Um die zu ermitteln, wird wie folgt gerechnet:
Masse Alkohol=Volumen Getränk (ml)×Alkoholgehalt (% vol)100×0,8 gml
Praxisbeispiel:
1 Flasche Bier, 330 ml, hat 4,8 % vol Alkohol.
330 ml×4,8100×0,8gml=12,6 g
Eine 330-ml-Flasche Bier enthält also 12,6 Gramm reinen Alkohol.
Das Märchen von Verdauungsschnaps und gesundem Rotwein
„Alkohol ist erst in großen Mengen gefährlich für die Gesundheit. So ein Gläschen Rotwein ist doch gut fürs Cholesterin. Und ein Schnaps nach dem Essen fördert die Verdauung.“ So sagt man. Aber was ist dran an diesen Mythen, die nach wie vor gerne als Erlaubnis zum Alkoholkonsum benutzt werden?
Angeblich soll also Rotwein, der in Barrique-Fässern gelagert wurde, die menschlichen Gefäßwände schützen. Außerdem sollen sekundäre Pflanzenstoffe des Rotweins aktiv zur Gefäß-Gesundheit beitragen. Um eine tatsächliche, arterienschützende Wirkung durch Rotwein zu erreichen, müssten täglich mehrere Gläser getrunken werden. Doch wem nutzt es, wenn möglicherweise die Arterienverkalkung in Schach gehalten wird, dafür aber Leber, Bauchspeicheldrüse und das Körpergewicht leiden, um nur einige Parameter zu nennen? Viel besser ist es für die Gesundheit, sekundäre Pflanzenstoffe über Gemüse, Salat und Obst zu essen.
Auch der vermeintlich verdauungsfördernde Schnaps oder Kräuterlikör nach dem Essen ist Alkohol und damit unnötig und gefährlich. Denn statt das Völlegefühl nach einem üppigen Essen zu mindern, bewirkt er genau das Gegenteil. Alkohol verzögert die Magenentleerung. Statt Schnaps machen Bitterstoffe zur besseren Verdauung mehr Sinn. Zum Beispiel durch einen Kaffee oder Espresso. Und dank Gemüse wie Rosenkohl, Chicorée, Radicchio, Rucola, Spargel, Auberginen, Sellerie, Artischocken oder Fenchel. Auch ein kleiner Spaziergang nach dem Essen wirkt verdauungsfördernder als ein Schnaps mit reichlich gefährlichem Alkohol.
„Wer auf Wein, Bier und Co. verzichtet, lebt nicht nur fitter und gesünder, sondern verlangsamt auch den Alterungsprozess.“
Bas Kast, Biologe und Psychologe
Wie viel Alkohol ist noch vertretbar?
Mittlerweile gibt es keine Empfehlungen mehr, wie viel Alkohol unbedenklich für die Gesundheit wäre. Das haben nationale und internationale Empfehlungen verändert. Dennoch gibt es eine Alkoholmenge, deren Konsum als „risikoarm“ eingestuft wird. Hier liegt die Menge bei weniger als 27 Gramm reinem Alkohol pro Woche.
Das entspricht ein bis zwei kleinen Flaschen Bier mit 5 % vol (660 ml). Oder (nicht und!) ein bis zwei kleinen Gläsern Wein mit 12 % vol (280 ml). Oder zwei bis vier Gläschen Schnaps (38 % vol, maximal 80 ml).
Insbesondere Kinder, Teenager, junge Erwachsene, Schwangere und stillende Frauen sollten komplett auf den gefährlichen Alkohol verzichten. Ebenso gilt Alkohol bei bestimmten Erkrankungen und in Kombination mit einigen Arzneimitteln als tabu.
- Während der Einnahme von Kortison oder Psychopharmaka wird von Alkohol abgeraten.
- Ebenso bei akuter oder chronischer Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung).
- Liegt eine Leberschädigung vor, auch durch Übergewicht bedingt, gilt es auf Alkohol zu verzichten
- Frauen nach Brustkrebs und Menschen mit überstandener Krebserkrankung wird dringend empfohlen auf Alkohol zu verzichten. Denn Alkohol kann die Rezidivquote erhöhen.
Und wer auf sein Gewicht achtet oder auch ein paar Pfunde verlieren möchte, meistert dies ganz sicher ohne Alkohol besser.
Quellen:
Fachwissen der Autorin, staatlich diplomierte Diätassistentin, DKL/DGE
Aktuelle Daten aus dem 15. DGE Ernährungsbericht
Ernährungs Umschau: DGE-Position zu Alkohol. Oktober 2024, UZV
M. Smollich: Das große Praxisbuch Ernährungsmedizin. 1. Auflage 2022, GU Verlag.
Bas Kast: „Warum ich keinen Alkohol mehr trinke“, Eine Entscheidungshilfe auf Basis neuster wissenschaftlicher Entwicklungen. Erscheinungstermin 12/24, C. Bertelsmann Verlag