Pollen in Großaufnahme dringen in den Nasen-Rachenraum ein © wildpixel / iStock / Getty Images Plus
Was bewirken Pollen im Körper, wenn sie durch Nase und Mund eindringen?

Neue Erkenntnisse

POLLENFLUG BEEINFLUSST GESUNDE IMMUNABWEHR

Viele kennen es: kaum wird es Frühling, fliegen die Pollen. Niesen, tränende Augen und Atemnot belasten Allergiker. Nun zeigt sich, dass die kleinen Körnchen wohl auch bisher nicht betroffene Menschen beeinflussen.

Seite 1/1 2 Minuten

Seite 1/1 2 Minuten

Eine Forschungsgruppe um die Umweltmedizinerin Dr. Stefanie Gilles von der Universität Augsburg konnte nachweisen, dass hohe Pollenkonzentrationen mit erhöhten Corona-Infektionszahlen gemeinsam auftreten.Am Institut für Umweltmedizin in Augsburg forscht man schon länger an einem möglichen Zusammenhang zwischen Pollenexposition und erhöhter Infektanfälligkeit.

Bereits vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie, im Jahr 2019, konnten Dr. Gilles und ihr Team zeigen, dass durch Pollenkontakt Abwehrmechanismen in der Bronchialschleimhaut verändert werden. Die Zellen bilden weniger antivirale Interferone Typ I und Typ III. Das bedeutet, dass Viren leichter in die Zellen eindringen können. Diese Veränderung fand bei Allergikern sowie Nicht-Allergikern gleichermaßen statt.

COVID-19 durch Pollen?

In einer Studie in Schweden mit über 20 000 Personen fand man bereits 2013 heraus, dass hohe Konzentrationen an Birkenpollen mit mehr Rhinovirus-Infektionen zusammenhingen. Dr. Gilles und ihr Team konnten in ihrer Arbeit nun zwischen Januar und April 2020 gewonnene Daten aus 130 Messpunkten auf der ganzen Welt auswerten. Hierbei wurden auch Luftfeuchtigkeit und Temperatur berücksichtigt.

Es zeigte sich:

  • An Orten mit hoher Pollenkonzentration lagen die Infektionszahlen über denen an Orten mit niedriger Pollenbelastung.
  • In kälterer Luft waren weniger Pollen enthalten.
  • An Orten mit insgesamt geringem Pollenflug stand die Infektionsrate nicht mit diesem in Zusammenhang.

Also lässt sich schließen, dass vor allem eine hohe Anzahl an Pollen in der Luft das Infektionsgeschehen beeinflusste. Dr. Gilles und ihr Team beschreiben weiter, dass bei Patienten mit allergischem Asthma bei Kontakt mit „ihrem“ Allergen ebenfalls die Interferonspiegel in der Bronchialschleimhaut absanken. Bei dem betreffenden Allergen handelte es sich nicht zwingend um Pollen.

Weitere Forschung nötig

Das Team um Dr. Gilles sieht die sogenannten Umweltfaktoren wie Pollenflug und klimatische Bedingungen als wichtigen Forschungsbereich im Zusammenhang mit SARS-CoV2 an.

Es scheint nach ihrer Auffassung außerdem ein Zusammenhang zu bestehen zwischen dem erhöhten Auftreten von Allergien und den Isolationsmaßnahmen in der Pandemie. Kürzlich fanden sich Hinweise, dass der fehlende Kontakt von Kindern zu Bakterien und Viren während des Lockdowns zur Entstehung von Allergien beitragen könnte. Dr. Gilles sagt: „Die Entwicklung des Immunsystems wird dadurch maßgeblich beeinträchtigt.“ Eine weitere Langzeitwirkung der Pandemie?

Noch ist nicht klar, ob eine erhöhte Pollenkonzentration tatsächlich eine Corona-Infektion begünstigt. Bisherige Tests in Mäusen mit anderen Viren deuten jedoch auf eine Schwächung der Abwehrmechanismen durch bestimmte Pollenarten hin. Hier könnten Zellkulturversuche weitere Erkenntnisse liefern.

Quellen:
https://link.springer.com/article/10.1007/s40629-021-00170-w
https://www.pnas.org/doi/full/10.1073/pnas.2019034118
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1111/all.14047
apotheke adhoc
Aponet​​​​​​​

×