Statistik | Sterblichkeit
PANDEMIE BEEINFLUSST LEBENSERWARTUNG
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Die Lebenserwartung in Deutschland ist in jüngster Zeit nahezu unverändert geblieben: Wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte, hat ein neugeborenes Mädchen derzeit eine Lebenserwartung von 83,4 Jahren, während diese bei neugeborenen Jungen laut Sterbetafel 2018/2020 nun 78,6 Jahre beträgt. Während die Pandemie einerseits zahlreiche Tode verursacht hat, wurden durch Lockdown, Abstand und Co wohl auch viele Sterbefälle verhindert, wie die Statistiker schildern.
Im Vergleich zur vorangegangenen Sterbetafel 2017/2019 ist die Lebenserwartung damit bei den Jungen um 0,01 Jahre, bei Mädchen um 0,04 Jahre gestiegen. Hauptgrund für die nahezu stagnierende Entwicklung seien die außergewöhnlich hohen Sterbefallzahlen zum Jahresende 2020 im Zuge der zweiten Welle der Corona-Pandemie: Zuvor war die Lebenserwartung Neugeborener bei beiden Geschlechtern seit der Berechnung für die Jahre 2007/2009 jeweils um durchschnittlich 0,1 Jahre angestiegen.
Generell steigt die Lebenserwartung in Deutschland. Durch die vielen Toten der zweiten Corona-Welle stagniert diese Entwicklung jedoch.
Lebenserwartung und Sterbeziffer
Nahezu unverändert ist die Lebenserwartung nach Angaben des Statistischen Bundesamts auch für ältere Menschen. Männer im Alter von 65 Jahren haben danach wie bereits bei der vorangegangenen Sterbetafel eine verbleibende Lebenserwartung von 17,9 Jahren. Bei Frauen im gleichen Alter liegt die sogenannte fernere Lebenserwartung bei 21,1 Jahren.
Erstmals sei mit 2020 ein Jahr in die Berechnung eingeflossen, in dem sich die Corona-Pandemie auf das Sterbegeschehen ausgewirkt habe, hieß es. Die sogenannte allgemeine Sterbeziffer - das ist die Zahl der Gestorbenen je 1000 Einwohnerinnen und Einwohner - ist den Angaben zufolge angestiegen. Der Blick auf einzelne Altersgruppen zeige, dass die Sterblichkeit im Jahr 2020 gegenüber 2019 insbesondere bei über 75-Jährigen anstieg.
Die Sterblichkeit im Jahr 2020 stieg bei den über 75-Jährigen an.
So lag die Differenz der Sterbeziffer der Jahren 2019 und 2020
- bei den 80- bis 84 Jahre alten Frauen bei 2
- während sich die Sterbeziffer bei den Männern dieses Alters 2020 um 0,4 erhöhte.
- Bei den 85- bis 89-Jährigen lag die Differenz bei einem Anstieg von 4,4 bei den Frauen
- und 1,2 bei den Männern.
Noch deutlicher war es bei den Hochbetagten:
- In der Altersgruppe der 90- bis 94-Jährigen erhöhte sich die Sterbeziffer bei den Frauen um 13,6 auf 243,
- bei den Männern um 6,7 auf 198,9.
Höhere Sterblichkeit in Sachsen
Im Bundesländervergleich bleibt die Lebenserwartung in Baden-Württemberg am höchsten: Dort geborene Mädchen haben mit 84,2 Jahren, Jungen mit 79,9 Jahren die höchste Lebenserwartung bei der Geburt. Die niedrigsten Werte weisen wie bisher Mädchen im Saarland mit 82,3 Jahren sowie Jungen in Sachsen-Anhalt mit 76,5 Jahren auf, so die Statistiker.
Auffällig war die Entwicklung in Sachsen: Im Vergleich zur vorangegangenen Sterbetafel 2017/2019 ist die Lebenserwartung dort im Zeitraum 2018/2020 bei beiden Geschlechtern deutlich zurückgegangen. Für neugeborene Mädchen sank sie von 84,0 auf 83,8 Jahre, für neugeborene Jungen von 78,1 auf 77,8 Jahre. Auch hier zeigt die Pandemie ihre Auswirkung auf die Zahlen: Sachsen war von der Corona-Pandemie zum Jahresende 2020 durch eine hohe Sterblichkeit besonders stark betroffen.
Demografische Veränderungen in Deutschland dürften sich den Angaben zufolge künftig noch mehr auf die Sterbetafeln auswirken: Wegen des zunehmenden Anteils älterer Menschen wird von Jahr zu Jahr mit einer steigenden Zahl der Sterbefälle in Deutschland gerechnet. Von 2019 auf 2020 sei sie um etwa 46 000 Fälle angestiegen. Allerdings zeigen die Daten, dass weniger als die Hälfte dieser Fälle, nämlich etwa 20 000, durch den höheren Anteil älterer Menschen zu erklären sind.
Maßnahmen sei Dank
Dass die Lebenserwartung trotz Pandemie leicht gestiegen ist und sich die Corona-Sterbezahlen nicht drastischer auswirken, liegt den Statistikern zufolge beispielsweise an den politischen Maßnahmen zur Eindämmung. Diese könnten etwa dafür gesorgt haben, dass nicht nur Todesfälle durch das Coronavirus vermieden wurden, sondern auch, dass weniger Menschen infolge anderer Infektionskrankheiten - wie beispielsweise die Grippe starben. Auch bei Unfällen kamen im Lockdown weniger Menschen ums Leben als in vorigen Jahren. Endgültige Ergebnisse dürfte die im August erwartete Todesursachenstatistik für das Jahr 2020 liefern.
Quelle: dpa