Auf einer schwarzen Tischplatte bilden Salzkristalle einen durchgestrichenen Kreis als Symbol für ein Verbot oder als Stoppzeichen. Daneben liegt der umgestürzte Salzstreuer.© artmoods / iStock / Getty Images Plus
Salz wirkt auf bestimmte Immunzellen wie ein Zellgift.

Natriumchlorid

SALZ STÖRT DAS IMMUNSYSTEM

Dass eine salzreiche Ernährung nicht gesund ist, ist bekannt. Doch nun zeigen Forschungsergebnisse, dass zu viel Salz geradezu giftig für unsere Immunzellen sein kann.

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Wissenschaftler eines deutsch-belgischen Teams konnten nachweisen, dass eine zu hohe Salzkonzentration die regulatorischen T-Zellen (Treg) im Immunsystem beeinträchtigt. Das ist neu. Die Forschenden könnten einen Schlüsselmechanismus in der Entstehung von Autoimmunerkrankungen entdeckt haben.

Das Team um Professor Dominik Müller vom Max Delbrück Zentrum für molekulare Medizin in Berlin und Professor Markus Kleinewietfeld von der Universität Hasselt in Belgien arbeitet seit Jahren zusammen. Sie wissen schon länger, dass Immunzellen durch hohe Salzgehalte geschädigt werden. Nun haben sie den Mechanismus dahinter gefunden.

Salz als Zellgift

Die hohe Salzkonzentration in ihrer Umgebung stört die Energiegewinnung in den Mitochondrien der Tregs. Steigt der Natriumgehalt in der Zelle an, funktioniert die Elektronenübertragung in der Atmungskette nicht mehr richtig, die für die Zellen überlebenswichtig ist. Die Tregs können ihrer wichtigen Aufgabe nicht mehr ausreichend nachkommen.

Was machen die regulatorischen T-Zellen (Tregs) nochmal?
Oft bezeichnet man die Tregs auch als „Immunpolizei“. Sie halten das Immunsystem im Gleichgewicht und sorgen dafür, dass Reaktionen nicht überschießen. Aggressive Immunzellen werden durch Tregs kontrolliert. Fällt die Überwachung weg, gerät die empfindliche Balance schnell ins Wanken.

Weiter zeigte sich, dass bereits eine kurzzeitige Erhöhung des Salzgehaltes langfristig die Funktion der Tregs beeinträchtigt. Nicht nur werden die Mitochondrien gestört, auch die Genexpression verändert sich. Somit wirkt sich der negative Effekt des Salzes auch auf nachfolgende Generationen der Tregs aus. Bereits kurze Zeiträume mit stark gesalzener Kost könnten also schädigende Einflüsse haben.

Schon länger weiß man, dass bei Autoimmunerkrankungen wie Multipler Sklerose (MS) eine Fehlfunktion der Tregs zugrunde liegt. Die durch hohe Salzkonzentrationen geschädigten Tregs in der Studie ähnelten denen, die im Blut von Menschen mit MS zirkulieren.

Doppelschaden am Immunsystem

Die Wissenschaftler haben bereits vor einigen Jahren nachgewiesen, dass unter anderem Makrophagen, also Zellen des angeborenen Immunsystems, durch zu hohe Natriumkonzentrationen in ihrer Funktion beeinträchtigt werden. Nun zeigte sich, dass dieser Effekt auch Zellen der erworbenen Immunabwehr betrifft, zu dem die Tregs gehören. Unsere Abwehr leidet also gleich zweifach durch hohen Salzkonsum.

Mechanismen bei Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen verstehen

Da Tregs auch bei Krebs und der Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine Rolle spielen, will das Team weiterforschen. Es gilt, die Mechanismen besser zu verstehen, die zu Fehlfunktionen der Tregs bei verschiedenen Krankheiten führen. Die Erkenntnisse daraus könnten vielen Menschen helfen. Professor Kleinewietfeld und seine Kollegen wollen weitere Studien durchführen.

Quellen:
https://www.scinexx.de/news/medizin/salz-beeintraechtigt-unsere-immun-kontrollzellen/
https://www.mdc-berlin.de/de/news/press/salz-kappt-die-energiezufuhr-der-immunregulatoren
Dominik Müller, Markus Kleinewietfeld et al.: „Sodium perturbs mitochondrial respiration and induces dysfunctional Tregs“, Cell Metabolism, 7. Februar 2023. https://doi.org/10.1016/j.cmet.2023.01.009

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