Neben einem Waldweg liegen mehrere Stapel aus Baumstämmen.© Reinhard Krull / iStock / Getty Images Plus
Forschungsergebnisse weisen den Weg zu neuen, nachhaltigen Wirkstoffen aus Holz.

Lignin

GRÜNE WIRKSTOFFGEWINNUNG AUS HOLZ

Die Herstellung von Arzneistoffen basiert meist auf Erdöl. Dabei entstehen schädliche Abfall- und Nebenprodukte, die umweltverträglich entsorgt werden müssen. Schon länger gibt es Bemühungen, die Wirkstoffsynthese „grüner“ zu machen. Holz könnte hier helfen.

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Forschern der Universität Graz und des Helmholtz-Instituts für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) ist es gelungen, aus Holzabfällen vielversprechende neue Wirkstoffe herzustellen.

Die pflanzliche Substanz Lignin dient dabei als Ausgangsstoff für die Arzneistoffgewinnung. Das neue Verfahren könnte zudem mehrere bestehende Probleme gleichzeitig anpacken.

Abfälle als Rohstoff für vielversprechende Wirkstoffe

Die Professorin für Bioorganische Chemie Dr. Katalin Barta von der Universität Graz forscht schon länger an Lignin. Die Substanz ist ein natürliches Biopolymer aus mehreren aromatischen Verbindungen. Sie kommt in verholzten Pflanzen vor.

Barta ist es gelungen, Lignin in seine unterschiedlichen Bausteine zu zerlegen und dabei nur nicht-schädliche und biologisch abbaubare Lösungsmittel und Reagenzien zu verwenden. Auf der Grundlage der so gewonnenen Verbindungen entwickelten die Forschungsteams von Barta und Anna Hirsch vom HIPS gemeinsam verschiedene Verfahren für die Synthese von vier unterschiedlichen Wirkstoffklassen mit je mehreren Vertretern. Einige der hergestellten Moleküle erwiesen sich als vielversprechend.

Wirkstoffe aus Holz gegen Bakterien, Viren, Schmerzen und Krebs

In einem Infektionsmodell an Larven der Großen Wachsmotte zeigte eine Substanz gute Wirksamkeit gegen Streptococcus pneumoniae. Dieser Keim löst bei Menschen teils schwere Lungenentzündungen aus und bereitet wegen seiner zunehmenden Antibiotika-Resistenz oft Probleme. Weitere Produkte des neuen Syntheseverfahrens waren wirksam gegen Viren oder menschliche Krebszellen.

Mittels modernster Bioinformatik-Methoden gelang es, auch potenzielle neue Cyclooxygenase 2 (COX2)-Hemmer zu identifizieren. Diese Substanzen wirken entzündungshemmend und schmerzstillend. Außerdem erwies sich die sonst chemisch anspruchsvolle Herstellung von Molekülen mit Dopamin-Grundstruktur mit dem entwickelten Verfahren als äußerst effizient

Mehrere Probleme gelöst?

Das neue Verfahren könnte zukünftig gleich mehrere dringende Probleme der Pharmaindustrie lösen. Zum einen ist Lignin auf der ganzen Welt als nachwachsender Rohstoff in großen Mengen verfügbar und die Abhängigkeit von Erdöl als Ausgangsstoff für die Wirkstoffsynthese reduzieren. Katalin Barta sieht das Verfahren als Möglichkeit, die in einigen Bereichen der Medikamentenproduktion bereits herrschende kritische Ressourcenknappheit zu bekämpfen.

Außerdem ist wegen strenger werdender Umweltstandards der Bedarf an umweltverträglichen Produktionsverfahren höher denn je. Der Verzicht auf das giftige Erdöl und seine umweltschädlichen Nebenprodukte könnte hier ein entscheidender Vorteil sein.

Sollte sich das Verfahren durchsetzen, könnten zukünftig also Holzabfälle die Wirkstoffsynthese revolutionieren. Die Wissenschaftlerinnen wollen weiter forschen.

Quellen:
https://idw-online.de/de/news824152
Anna Hirsch, Katalin Barta et al.: „Clean Synthetic Strategies to Biologically Active Molecules from Lignin: A Green Path to Drug Discovery”, Angewandte Chemie International Edition, 15. Oktober 2023. https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/anie.202308131 

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