Blutwerte
LEBENSWICHTIGE ELEKTROLYTE
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Elektrolyte sind Stoffe, die in wässriger Flüssigkeit in negativ oder positiv geladene Teilchen zerfallen. So dissoziiert etwa Kochsalz (NaCl) im Körper in positiv geladene Natrium- und negativ geladene Chlorid-Ionen. Die jeweiligen Teilchen liegen in genau definierten Konzentrationen sowohl in den Zellen selbst als auch in den Räumen dazwischen vor. Wird diese Balance gestört, drohen schwere organische und neurologische Schäden, die unter Umständen tödlich sein können. Dauerhaft verschobene Werte können frühzeitig auf eine Schädigung zum Beispiel der Nieren oder des Herzens hinweisen. Daher werden bei einem Blutbild meist die wichtigsten Elektrolyte bestimmt.
Ruhe und Erregung Damit unser Herz schlägt und wir uns bewegen und atmen können, brauchen wir insbesondere Natrium und Kalium. Dabei kommt Natrium hauptsächlich extrazellulär, Kalium intrazellulär vor. Im Zusammenspiel mit weiteren Elektrolyten wie Chlorid entsteht so eine elektrische Spannung an der Zellmembran, die man als Ruhepotenzial bezeichnet. Strömt durch einen definierten Reiz viel Natrium in die Zelle ein, kehrt sich die Spannung um und es entsteht ein elektrischer Impuls, ein Aktionspotenzial. Dieser Impuls wird über die Zellmembran weitergeleitet und löst in den Nachbarzellen ebenfalls ein Aktionspotenzial aus, sodass mit diesem Signal letztlich Nerven und Muskeln gesteuert werden können. Natrium und Kalium nimmt unser Körper über Nahrung und Flüssigkeit auf und gibt sie über Schweiß und Urin (Natrium) beziehungsweise Urin (Kalium) wieder ab. Den Nieren kommt somit eine große Rolle in der Aufrechterhaltung des Elektrolythaushaltes zu.
Geregelte Flüssigkeit Umgekehrt regulieren die Elektrolyte ihrerseits aber auch den Wasserhaushalt. Unser Organismus besteht zu 60 Prozent aus Wasser. Elektrolyte sorgen dafür, dass der osmotische Druck in den Zellen gleichbleibt, sodass sie weder schrumpfen noch anschwellen. So bekommen die Nieren über das Natrium im Blutplasma einen wichtigen Impuls zur Wasserresorption oder -ausscheidung. Ist die Natriumkonzentration zu hoch, halten sie Wasser zurück, um die Natriumkonzentration zunächst zu verdünnen und dann auszuscheiden. Ist sie zu gering, wird Natrium in den Nieren zurückgefiltert und ins Blut abgegeben.
Säure-Basen-Haushalt Elektrolyte regulieren auch unseren Säure-Basen-Haushalt. Unser Blut ist mit einem pH-Wert von etwa 7,4 leicht basisch. Bereits leichte Abweichungen von diesem Wert können schwere organische Schäden hervorrufen. Der Körper kann den Säure-Basen-Haushalt sowohl über die Nieren, als auch über Chlorid und Hydrogencarbonat regulieren, die im Wechselspiel basische oder saure Stoffe abpuffern.
Ausgleich bei Erbrechen und Durchfall Bei akuten Magen-Darm-Problemen kommt es oft zu Erbrechen und Durchfall. Hierdurch verliert der Körper rasch lebenswichtige Elek- trolyte, was sich in Symptomen wie Herzrhythmusstörungen, Schwindel, Muskel- und Kopfschmerzen bis hin zu neurologischen Ausfällen äußern kann. Betroffene sollten den Haushalt daher durch eine Elektrolytlösung wieder ausgleichen.
Krankheiten früh erkennen Sind Elektrolyte verschoben, ohne, dass man akut viel Wasser verloren hat, kann das auf schwerwiegende Störungen oder Erkrankungen hinweisen. Aus diesem Grund werden routinemäßig im Blutbild immer auch die wichtigsten Elektrolyte bestimmt. Die Richtwerte betragen dabei für Erwachsene:
- Natrium: 135 – 145 mmol/l
- Kalium: 3,8 – 5,2 mmol/l
- Chlorid: 96 – 110 mmol/l
- Hydrogencarbonat: 22 – 26 mmol/l
Natriumentgleisung Ein gesunder Erwachsener braucht am Tag etwa 1500 mg Natrium. Über die Nahrung kann dabei kaum eine zu hohe Konzentration im Blut (Hypernatriämie) erreicht werden, da die körper- eigene Regulation das verhindert. Sie kann jedoch entstehen, wenn dem Körper konstant zu wenig Wasser zugeführt wird, was vor allem bei älteren Menschen, die wenig trinken, oft der Fall ist. Umgekehrt können auch Entwässerungstabletten zu einer Hypernatriämie führen.
Diese ist mit übermäßigem Durst, Verwirrtheit oder auch Krämpfen verbunden und kann sogar zum Koma führen. Ist die Blutkonzentration zu niedrig (Hyponatriämie), wird das Natrium im Körper möglicherweise im Körper zu stark verdünnt, was auf eine Herzinsuffizienz oder Leberzirrhose hinweisen kann. Durch eine Fehlfunktion der Nebennieren kann der Körper aber auch zu viel Natrium ausscheiden. Symptome einer Hyponatriämie sind zum Beispiel niedriger Blutdruck und Muskelkrämpfe.
Eingedampft
Elektrolyte sind für alle Körper- und Organfunktionen essenziell. Sie regeln Wasserhaushalt, Herz-, Lungen-, Nerven- und Muskelfunktionen. Veränderungen im Blutbild können auf mögliche schwere Krankheiten hinweisen.
Kaliumentgleisung Für Erwachsene liegt die tägliche Kaliumzufuhr bei etwa 4000 mg. Zu hohe Kaliumspiegel führen zu Muskelzuckungen, Empfindungsstörungen in den Extremitäten bis hin zu Lähmungen und Herzrhythmusstörungen. Zu geringe Kaliumspiegel können sich in Verdauungsproblemen mit Verstopfung, Muskelschwäche und Herzstolpern äußern. Da bereits geringe Abweichungen sehr problematisch sein können, muss der Kaliumwert genau überwacht werden. Bestimmte Lebensmittel enthalten besonders viel davon, wie Bananen, Aprikosen, Nüsse, Zartbitterschokolade und viele Gemüse. Menschen mit Herz- erkrankungen müssen hier besonders aufpassen. Ein zu geringer Kaliumspiegel kann durch eine Nebennierenstörung (Conn-Syndrom) oder einen erhöhten Insulin- oder Adrenalinspiegel ausgelöst werden.
Chloridentgleisung Da Chlorid in der Regel im Kochsalz gemeinsam mit Natrium aufgenommen wird, verändern sich bei einer Störung meist beide Werte in dieselbe Richtung. Die tägliche Empfehlung für Chlorid liegt bei einem Erwachsenen bei etwa 2300 mg. Kochsalz ist jedoch in vielen Speisen enthalten, sodass die meisten Menschen eher zu viel Natriumchlorid zu sich nehmen. Zu viel Chlorid führt zu Bluthochdruck mit allen daraus resultierenden Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall. Da Chlorid wesentlicher Bestandteil der Magensäure ist, kann es bei dauerhaftem Erbrechen (z. B. Noroviruserkrankungen) zu einem starken Chloridverlust kommen. Auch Nebennierenstörungen oder der Gebrauch von Diuretika können eine Ursache für Chloridmangel sein.
Hydrogencarbonatentgleisung Bei einer gesunden Ernährung benötigt der Körper kein extra zugeführtes Hydrogencarbonat, da er es auch selbst produzieren kann. Bei übermäßiger Ernährung mit tierischen Produkten, zu wenig Obst und Gemüse können jedoch etwa 1300 mg pro Tag zugeführt werden (zum Beispiel über sogenanntes „Heilwasser“). Hydrogencarbonat wird in der Leber zur Herstellung von Harnstoff verwendet, sodass es bei Entgleisungen zu Harnsteinen kommen kann. Hydrogencarbonat ist der wichtigste Säure-Basen-Puffer des Körpers. Ist sein Wert erhöht, kann das darauf hinweisen, dass das Blut zu basisch ist. Dann hält der Körper CO2 zurück, das mit Wasser zu Hydrogencarbonat und saurem H+ reagiert. Ist sein Wert zu niedrig, ist das Blut zu sauer. Dann wird aus dem Hydrogencarbonat verstärkt CO2 freigesetzt und abgeatmet, wie zum Beispiel bei einer Diabetes-Azidose.
Diesen Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 11/2021 ab Seite 26.
Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist