Darstellung eines Kopfes mit Gehirn. In der Vergrößerung sehen wir ein Blutgefäß, durch das Blutplättchen schwimmen.© Mohammed Haneefa Nizamudeen/iStock/Getty Images Plus
Ein Schlaganfall entsteht durch ein Gerinnsel in den Blutgefäßen des Gehirns.

Entzündung

DARUM KOMMT EIN SCHLAGANFALL OFT IM DOPPELPACK

Ein Schlaganfall ist in Deutschland die zweithäufigste Todesursache und der Hauptgrund für eine Behinderung im Erwachsenenalter. Als wäre das nicht dramatisch genug, folgt auf den ersten Schlaganfall bei rund zehn Prozent der Betroffenen gleich ein weiterer. Bisher kannte man die Ursache nicht.

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Einen Schlaganfall haben hierzulande jedes Jahr rund 200000 Menschen. Der Hauptgrund für einen Schlaganfall ist Arteriosklerose, also durch hohe Blutfettwerte verursachte Ablagerungen (Plaques) an den Gefäßwänden, die reißen und Blutgerinnsel verursachen können. Dahinter steht eine komplexe Immunreaktion, die auch die Blutgerinnung betrifft. Bisher war unklar, warum es manchmal nicht nur bei einem Schlaganfall bleibt.

Ein internationales Team unter der Leitung der Ludwig-Maximilians-Universität München ist dem Grund für den doppelten Schlaganfall auf die Spur gekommen und hat herausgefunden, dass zellfreie DNA die Ursache ist. Die Erkenntnis könnte die Behandlung des Schlaganfalls in Zukunft verändern.

Behandlung eines Schlaganfalls mit Enzymen verhindert den zweiten

Professor Arthur Liesz vom Institut für Schlaganfall- und Demenzforschung der Universität München schlägt eine neue Behandlung eines Schlaganfalls vor, die verhindern soll, dass ein zweiter folgt. DNasen, also Enzyme, die freie DNA abbauen, verhindern im Mausmodell in 80 Prozent der Fälle einen zweiten Schlaganfall. Dabei bleibt die DNA in den Zellen unberührt, denn die Enzyme können die Zellmembran nicht passieren.

In Mäusen, in denen durch gezielte Genveränderung wiederholt ein Schlaganfall auftrat, fanden Liesz und sein Team eine Entzündungsreaktion, die unmittelbar nach dem ersten Schlaganfall einsetzte. Aus Zelltrümmern freigesetzte DNA aktiviert in bestimmten Immunzellen die massive Freisetzung von Interleukin 1 (IL-1).

IL-1 ist ein Entzündungsbotenstoff, der sich nach dem ersten Schlaganfall im Blut ausbreitet und besonders auf bereits entzündetes Gewebe wirkt. Dies sind in diesem Fall die durch die Plaques veränderten Gefäßwände. Dadurch bilden sich sogenannte Hochrisiko-Plaques, die einreißen und so erneute Blutgerinnsel freisetzen können. Diese lösen dann den zweiten Schlaganfall aus.

Ursache für zweiten Schlaganfall wird einfach abgebaut

Schafft man es, diesen Prozess zu unterbinden, sinkt die Gefahr für einen zweiten Schlaganfall deutlich, zumindest im Tierversuch. Gelingt es, die Ergebnisse auf Menschen zu übertragen, könnten die DNasen die Ursache für einen zweiten Schlaganfall effektiv beseitigen. Diese ist nach den Erkenntnissen von Liesz und seinem Team die durch freie DNA befeuerte Entzündung im gesamten Körper.

Ein zweiter Schlaganfall trifft etwa jeden zehnten Betroffenen trotz unmittelbarer Behandlung und bester Versorgung im Krankenhaus, und zwar innerhalb von Tagen oder Wochen. Nun kennt man die Ursache für diesen erneuten Schlaganfall.

Liesz und sein Team haben bereits eine klinische Studie für ihre Behandlung des zweiten Schlaganfalls geplant. Sie soll 2025 an mehreren deutschen Kliniken beginnen. Die Behandlung mit DNasen unmittelbar nach einem Schlaganfall könnte dann Routine werden.

Quellen:
https://idw-online.de/de/news837980
https://www.nature.com/articles/s41586-024-07803-4
https://www.lmu-klinikum.de/aktuelles/pressemitteilungen/schlaganfall-entzundung-zweite-stufe-nbsp/493930693c19fadc

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