Interview
„DAS SCHÄDLICHSTE AM RAUCHEN IST DER RAUCH SELBST.“
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Professor Dr. Fredrik Nyström strebt zusammen mit Markus Lindblad, dem Deutschlandsprecher eines Online-Anbieters von NicotinErsatzprodukten, eine rauchfreie Zukunft an. Er setzt dabei auf White Snus, die kleinen Nicotinbeutel, die auf die Mundschleimhaut unter die Oberlippe geklebt werden.
Im Interview erklären Nyström und Lindblad, was Studien zu White Snus, Tabak und Nicotin ergeben haben. Wie wirkt der Konsum sich auf die Gesundheit, insbesondere das metabolische Syndrom aus? Eine wichtige Frage für PTA, die Ihren Kund*innen helfen möchten, mit dem Rauchen aufzuhören.
DIE PTA IN DER APOTHEKE: Sehr geehrter Herr Professor Nyström, bitte stellen Sie sich und Ihre Arbeit kurz vor.
Professor Dr. Fredrik Nyström: Ich bin Chefarzt der Inneren Medizin und Endokrinologie in Schweden an der Universität Linköping und befasse mich schon einige Jahrzehnte mit dem metabolischen Syndrom, dem Zusammenspiel aus Übergewicht, Bluthochdruck, Zucker- und Fettstoffwechselstörungen. Ein Faktor, den viele Patienten gemeinsam haben, ist das Rauchen. Einige haben schon mehrere Methoden ausprobiert, um komplett mit dem Rauchen aufzuhören, teilweise mit, teilweise ohne Erfolg. Gemeinsam war allen der Leidensdruck, nicht wieder rückfällig zu werden. Auch eine Gewichtszunahme war nach dem Rauchstopp eine häufige, unerwünschte Nebenwirkung, die dann die anderen Risikofaktoren wieder erhöhte.
Dann fiel mir auf, dass diese Probleme bei einigen meiner Patienten keine Rolle zu spielen schienen. Im Gegenteil, sie waren nicht nur rauchfrei, sondern verloren gleichzeitig an Gewicht. Auf Nachfrage teilten sie mir mit, dass sie es mit einem neuen Produkt probiert hatten: Snus. Das ist ein orales Tabakprodukt aus Schweden.
Nicotinbeutel oder White Snus sind mit Nicotin gefüllte Beutel, die keinen Tabak enthalten. Das Nicotin wird über die Mundschleimhaut aufgenommen. Der Vorteil gegenüber dem traditionell in Schweden verwendeten Snus ist, dass kein Tabak, sondern reines Nicotin verwendet wird. Das Thema Snus hat über meine Patienten mein Interesse geweckt und ich habe mich auf dem Gebiet nicht nur weiter informiert, sondern auch Studien durchführen lassen.
Wäre eine Alternative ganz ohne Nicotin nicht sinnvoller?
Der Blick auf bestimmte Alltagsdrogen ist in der Gesellschaft immer im Wandel. Das hängt auch mit den neuesten Informationen und Beobachtungen zusammen, die zusammengetragen werden. Vor 30 Jahren wurde vor einem täglichen Kaffeekonsum gewarnt. Es wurde angenommen, dass dies auf Dauer zu Bluthochdruck führt und das Risiko für andere Erkrankungen erhöht. Heutzutage soll der tägliche Konsum sogar vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen. Vorausgesetzt ist natürlich, dass kein exzessiver Kaffeekonsum betrieben wird.
Aus meiner Sicht gilt das gleiche für Nicotin. Die negative Wahrnehmung dieser Substanz ist im Wandel. Nicotin kann in der richtigen Dosierung positive Eigenschaften auf den Körper ausüben, wenn es darum geht, Menschen mit metabolischem Syndrom zu behandeln. Es hilft dauerhaft beim Abnehmen, ohne maßgeblich andere Erkrankungen hervorzurufen. Dabei ist allerdings die benötigte genaue Dosierung noch nicht geklärt. Wie viel und wie häufig Snus angewendet wird, das entscheidet momentan immer noch der Patient selbst. Was bleibt, ist das Abhängigkeitspotenzial dieser Substanz. Da führt leider kein Weg dran vorbei.
Trotzdem muss man sagen, dass Snus im Vergleich zum aktiven Rauchen eine viel gesündere Variante ist. Das Schädlichste am Rauchen ist der Rauch selbst und die in ihm gelösten Substanzen. Viele der Inhaltsstoffe sind krebserzeugend und schädigen die Lunge.
Natürlich würde ich Nicotin nicht für Kinder empfehlen. Die Auswirkungen und Risiken auf das noch nicht vollständig entwickelte Gehirn sind völlig offen. Auch bei Schwangeren würde ich keine Einnahme von Nicotin empfehlen. Bei allen anderen Erwachsenen setze ich auf den gesunden Menschenverstand und drei meiner eigenen Studien zu diesem Thema.
Die Menschen sind alt genug, um selbst über ihr Leben zu entscheiden. Nichtraucher muss man nicht zum Rauchen bringen oder eine Nicotinsucht riskieren. Bei Rauchern habe ich allerdings bisher in Bezug auf die Behandlung des metabolischen Syndroms sehr gute Erfolge erzielt. Das kann Herr Lindblad bestätigen.
Herr Lindblad, können Sie uns zum Umgang mit Snus etwas mehr erzählen?
Aus der Erfahrung heraus können wir mit Snus von sehr guten Erfolgen berichten, wenn es um den dauerhaften Rauchstopp geht. Wir haben knapp eine Million Verwender vorrangig in Europa und den USA. Die besten Ergebnisse sind aus Schweden bekannt. Hier konnten wir sechs von zehn Kunden helfen, mit dem Rauchen aufzuhören, indem sie stattdessen auf weißes Snus umstiegen.
Das Beste daran ist allerdings die Tatsache, dass sich zuvor im Schnitt 2,5 Menschen pro 10 Teilnehmer noch gar nicht entschieden hatten, mit dem Rauchen aufzuhören. Diese Accidental quitters, also zufälligen oder versehentlichen Nichtraucher, sind aus meiner Sicht der beste Beweis für die Wirksamkeit von unserem Nicotinersatzprodukt Snus. Die Menschen berichten von einem besseren Kick durch die Anwendung der Nicotinbeutel anstatt der Zigarette und fühlen sich danach aktiver.
Professor Nyström, sehen Sie das auch so?
Die Aussage kann ich nur bestätigen. Viele meiner Medizinstudenten verwenden jetzt weißen Snus anstatt Tabak, obwohl sie ansonsten sehr gesundheitsbewusst sind. Was man auch bedenken muss, ist die sinkende Gefahr von Passivrauchern, wenn in ihrer Umgebung anstatt Zigaretten Nicotinersatzprodukte genutzt werden. Es entstehen keine giftigen Dämpfe und es wird weniger Müll auf die Straße geworfen, wie es der Fall war, als die Menschen rauchten.
Herr Lindblad, welche staatlichen Förderungen gibt es in anderen Ländern, die den Menschen helfen sollen, mit dem Rauchen aufzuhören?
Was sich als effektiv erwiesen hat, aber in Deutschland fehlt, sind sogenannte Quit smoking clinics wie es sie im United Kingdom gibt. Das sind spezielle Einrichtungen, die sich darauf spezialisiert haben, Menschen zu helfen, die mit dem Rauchen aufhören wollen. Das ist, unabhängig von der später gewählten Methode, der wichtigste Schritt. Der Raucher selbst muss die Entscheidung treffen und davon überzeugt sein, dass er ab sofort ein rauchfreies Leben führen möchte.
Eine Klinik, wie es sie im United Kingdom gibt, kann dann vor allem finanziell schlechter gestellten Menschen helfen, die passende Therapie zu finden. Nicht jede Therapie ist für jeden Menschen geeignet. Es kommt auf verschiedenste Parameter an.
Das Wichtigste ist allerdings, dass der Mensch sich dabei wohlfühlt. Eine Therapie kann sich als noch so effektiv erwiesen haben. Wenn der einzelne Mensch die Anwendung nicht versteht oder als unangenehm empfindet, wird er auf kurz oder lang wieder mit dem im Vergleich angenehmeren Rauchen anfangen.
Man merkt, dass der Nicotinmarkt im Wandel ist. Es bleibt abzuwarten, ob sich Snus als Nicotintherapie auch im deutschen Gesundheitssystem etablieren wird. Vielen Dank für Ihre interessanten Ansichten.
Zur Person
Der schwedische Mediziner und Forscher Professor Dr. Fredrik Nyström studierte Medizin an der Universität Uppsala. Sein Forschungsschwerpunkt sind Stoffwechselerkrankungen, beispielsweise die Auswirkungen von Überernährung und verschiedenen Ernährungsformen auf den Stoffwechsel oder der Zusammenhang zwischen Sättigungshormonen und Energieverbrauch bei unterschiedlichen Ernährungsweisen. 2008 wurde Nyström zum Professor ernannt und war damals jüngster Professor in den klinischen Wissenschaften in Schweden. Seit dieser Zeit ist er auch Chefarzt für Innere Medizin an der Universität Linköping. Nyström setzt sich für eine gesunde Ernährung ein, die auf den Erkenntnissen seiner Forschung basiert. Er ist auch als Berater für Diet Doctor tätig.
Das Interview führte Manuel Lüke,Apotheker und PTA-Lehrer für Gefahrstoffkunde.