Ein Pflanzenstengel mit grünen Blättern. Daran hängen knallrote, kugelrunde Früchte.© weisschr/iStock/Getty Images Plus
Forscher haben Withanolide so abgewandelt, dass sie spezifisch gegen Krebszellen wirken. Withanolide sind eine Stoffklasse aus Nachtschattengewächsen wie der Schlafbeere, auch Ashwagandha genannt.

Hoffnungsträger

NACHTSCHATTEN-MOLEKÜL WIRKT GEGEN LEUKÄMIE

Tomaten, Auberginen und Kartoffeln sind lecker, Ashwagandha gegen Stress beliebt. Die Nachtschattengewächse sind buchstäblich in aller Munde, aber Tollkirsche, Stechapfel und Engelstrompete können durchaus Menschen töten. Möglicherweise kann gerade aus den giftigen Vertretern aber ein lebensrettendes Medikament gewonnen werden.

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In der Medizin schätzt man die Pflanzenfamilie der Nachtschattengewächse für ihre Inhaltsstoffe. Denn neben giftigen Alkaloiden bilden sie eine breite Palette an Steroiden. Diese beeinflussen den menschlichen Stoffwechsel auf unterschiedliche Weise und sind Gegenstand vieler Forschungsprojekte.

Eine Forschungsgruppe aus Wien forscht an Withanoliden, einer Steroidklasse, die entzündungshemmende, antioxidative und krebsvorbeugende Wirkungen aufweist. Dabei stießen sie auf ein vielversprechendes Molekül.

Nachtschatten-Alkaloid abgewandelt gegen Leukämie

Georg Winter vom Wiener CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und Professor Dr. Herbert Waldmann vom Max-Planck-Institut für Molekulare Physiologie haben für die Studien zusammengearbeitet. Sie fanden über moderne Analyseverfahren einen möglichen Hoffnungsträger für die Krebstherapie. Die künstlich hergestellte Abwandlung eines Withanolids, das die Forscher Orpinolide getauft haben, wirkt selektiv gegen chronisch-myeloische und gegen T-Zell-Leukämie.

Hochspezifische Wirkung auf Krebszellen

Orpinolide hemmt hochspezifisch die Krebszellen, während es gesunde Zellen kaum beeinträchtigt. Das ist besonders. Denn für gewöhnlich sind Krebstherapien deshalb mit starken Nebenwirkungen behaftet, weil sie Zellbestandteile angreifen, die auch gesunde Zellen besitzen. Bei Orpinolide ist das anders.

Es bindet an den Cholesteroltransporter OSBP, den nur Krebszellen besitzen. Diese weisen gegenüber gesunden Zellen Veränderungen im Cholesterol- und Lipidstoffwechsel auf. Der Transporter OSBP sitzt an der Schnittstelle zwischen Golgi-Apparat und dem Endoplasmatischen Retikulum und sorgt für den Cholesteroltransport in der Zelle.

Cholesterol als essenzieller Baustein der Zellmembran wird gerade bei entarteten Zellen überdurchschnittlich viel gebraucht, weil sie sich viel rascher teilen als gesunde Zellen. Daher weisen Krebszellen einen veränderten Stoffwechsel auf, der sie befähigt, schneller neue Zellbausteine heranzuschaffen.

Bindungsstelle neues Target?

Durch moderne Hochdurchsatzanalysen fanden die Forscher genau heraus, an welcher Stelle des Cholesteroltransporters Orpinolide bindet. Da die Krebszellen stark von Cholesterol abhängig sind, könnte hier ein möglicher Angriffspunkt für neue Medikamente liegen. Die Forscher bezeichnen diese Abhängigkeit der Tumorzellen als ihre Achillesferse, die man therapeutisch nutzen könnte.

Weitere Forschung wird zeigen müssen, ob das vielversprechende Molekül nicht nur in Zellkulturen, sondern auch in vivo wirkt. Dann könnte die Entwicklung einer neuen Therapie gegen Leukämie bald beginnen.

Quellen:
https://idw-online.de/de/news835598
https://www.nature.com/articles/s41589-024-01614-4
https://flexikon.doccheck.com/de/Withanolid

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