DNA Strang auf dunklem Hintergrund© Shutter2U / iStock / Getty Im© Shutter2U / iStock / Getty Images Plusages Plus
Auf der menschlichen DNA sitzen chemische Schalter, die die Aktivität der Erbanlagen steuern.

Epigenetik

MÄUSEKINDER ERBEN WIDERSTANDSKRAFT VON IHREN VÄTERN

Immunsystem ist nicht gleich Immunsystem: Unser epigenetisches Erbe kann die Widerstandskraft gegen eine Infektion an unsere Nachkommen weitergeben. Jedenfalls bei Mäusen. Forscher hegen die Hoffnung, dass sich die Ergebnisse ihrer neuen Studie auch auf den Menschen übertragen lassen.

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Für diese Studie infizierten die Wissenschaftler männliche Mäuse mit einem weitverbreiteten Pilz: Candida albicans. Der Soorpilz plagt auch den Menschen immer mal wieder. Nach der überstandenen Infektion wurden dann die Mäuseriche mit gesunden Weibchen gepaart. Deren Kinder wiederum mussten eine künstliche Infektion mit Colibakterien über sich ergehen lassen.

Und siehe da: „Die Abkömmlinge der männlichen Mäuse, die zuvor Candida ausgesetzt waren, waren deutlich besser vor einer E. coli-Infektion geschützt als die Nachkommen der nichtinfizierten männlichen Mäuse“, berichtete Mihai Netea vom internationalen Forscherteam des Radbound Zentrum für Infektionskrankheiten in Nijmegen.
 

Epigenetisches Schaltersystem

Biologen finden die Epigenetik, eine Art zweite Ebene der Genetik, schon lange hochinteressant. Die verlässt nämlich die bloße DNA-Abfolge im Erbgut und setzt unter anderem auf chemische Schalter, die auf der DNA sitzen und die Aktivität der Erbanlagen steuern. Diese genetischen Regelelemente beeinflussen dann im Laufe des Lebens die Merkmale eines Lebewesens – und zwar durch Einwirkung von Faktoren wie Ernährung, Stress oder auch Erkrankungen.

Viele dieser Elemente des epigenetischen Schaltersystems werden bereits in der nächsten Generation wieder aufgehoben – manche aber eben nicht. Die neuen Verdrahtungen beeinflussen dann sogar den Stoffwechsel im Körper der Kinder. Epigenetische Infektionsresistenzen hat man bisher nur bei Pflanzen nachweisen können. Das niederländische Forscherteam schloss nun die Lücke zu den Säugetieren.
 

Wie man sich am besten verteidigt

Besonders ein bestimmter Proteinkomplex war bei den oben beschriebenen Mäusen deutlich aktiviert, und der spielt eine wichtige Rolle bei der Verteidigung gegen Erreger - zusätzlich zu den Genen, die bei der Infektionsbekämpfung im Körper eine herausragende Rolle spielen. Speziell bei den Vorläufern einer bestimmten Art der Immunzellen – den Monozyten – zeichnete sich ab, dass Entzündungs-assoziierte Gene besser ausgelesen werden als bei den Nachkommen der nichtinfizierten Väter. „Dies zeigt, dass die Monozyten-Vorläufer des Immunsystems epigenetisch umprogrammiert sind, wenn die Väter zuvor eine Infektion mit Candida albicans durchgemacht haben“, resümiert Co-Autor Andreas Schlitzer von der Uni Bonn.

Wie aber erfolgt die „Programmierung“ der Gene? Anscheinend über die Spermien-DNA der Väter. Das Ganze geschieht wohl durch eine Verschiebung bestimmter Genmarkierungen (in Form von Methylgruppen nachweisbar). Konkret: Nachkommen von Candida-infizierten männlichen Mäusen zeigten weniger Blockaden in Genregionen, die für ihre Funktion bei Entzündungsprozessen und der Heranreifung von Monozyten bekannt sind.
 

Der Vorhang ist gefallen

Nun ist man dem Geheimnis auf die Spur gekommen und sogar das ob und wie Säugetiere Anpassungen an Infektionskrankheiten an Nachkommen weitergeben, ist gelüftet. Jetzt will man sich an den Entstehungsort vieler Immunzellen wagen: nämlich an das Knochenmark. Dort werden die nagelneuen, mit dem veränderten Code ausgestatteten Zellen geboren. Und auch inwieweit sich die Erkenntnisse über die Mäuse auf den Menschen übertragen lassen, möchte man herausfinden. „Wir gehen davon aus, dass sie übertragbar sind. Denn die beteiligten Mechanismen und Zellen des Immunsystems sind bei Mäusen und Menschen sehr ähnlich“, sagt Schlitzer.

Quelle: www.wissenschaft.de
 

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